Peter Pilz
ORF/Hans Leitner
„Sommergespräche“

Pilz will Liste „rehabilitieren“

Mit Parteigründer und Noch-Parteichef Peter Pilz sind die heurigen ORF-„Sommergespräche“ eröffnet worden. Einen großen Raum nahmen dabei die turbulenten ersten Monate der Liste Pilz ein. Der ehemalige Grünen-Politiker gab aber auch kleine Einblicke, wie es mit der Partei nun weitergehen soll – etwa bei der im kommenden Jahr anstehenden EU-Wahl.

Hätten die „Sommergespräche“ eine Woche später begonnen, dann hätte womöglich nicht mehr Pilz, sondern Maria Stern gegenüber von Nadja Bernhard und Hans Bürger Platz genommen. Kommenden Montag soll Stern den Parteivorsitz von Pilz übernehmen. Der Zeitpunkt sei mit Stern gemeinsam ausgemacht worden, meinte Pilz auf die Frage, ob es fair sei, dass nun er hier sitze.

Peter Pilz
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Der Wechsel an der Parteispitze ist nur eine von vielen Veränderungen, die die Liste in den vergangenen Monaten durchgemacht hat. Bei Weitem nicht alles davon lief reibungslos ab, gestand auch Pilz ein. „Ich habe mir gedacht, wir könnten ja eine Kinderkankheit auslassen. Nein, wir haben alle durchgemacht“, zog Pilz Bilanz über die ersten Monate der Liste Pilz. Keinen unwesentlichen Anteil daran hatte auch der Parteigründer selbst.

„Ungeheurer Zwiespalt“

Das sei ein „ganz schwieriges Jahr“ für ihn gewesen, schaute Pilz auf die vergangenen Monate zurück. Er sei in einem „ungeheuren Zwiespalt“ gewesen. Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen der sexuellen Belästigung habe er von Anfang gesagt, dass sie nicht stimmten. Er habe sich aber überlegt, was er von anderen in so einer Situation verlangen würde: „Das Mandat zumindest so lange zurückzulegen, bis das Verfahren eingestellt wird.“

Dass das inzwischen passiert ist, nannte Pilz einmal mehr als Grund dafür, dass er mittlerweile wieder ins Parlament zurückgekehrt sei. Den Einwand, dass die Verfahrenseinstellung nur aufgrund von Verjährung passiert sei, wies Pilz zurück. Er kenne die Akten, so der Parteigründer. Tatsächlich hatte die mutmaßlich Belästigte der Justiz auch keine Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt – was Pilz nicht erwähnte. Dafür ließ der Parteigründer Emotionen durchscheinen. Nicht nur einmal ließ er seinen Kugelschreiber lautstark auf den Tisch fallen.

Bißmann, Leaks und Querelen

Vor allem als das Gespräch auf Martha Bißmann kam, war die Anspannung spürbar. Dass die ehemalige Mandatarin der Liste Pilz inzwischen eine Beschwerde bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft wegen Mobbings eingelegt hat, wollte Pilz nicht näher kommentieren. Er kenne die Vorwürfe noch nicht. Die Liste Pilz werde sie jedoch prüfen und darauf antworten, so Pilz.

Mit Bißmann scheint der Parteigründer jedenfalls eine Schuldige für die Querelen der vergangenen Monate ausgemacht zu haben: Seit die Mandatarin „und ein parlamentarischer Mitarbeiter“ nicht mehr Teil des Klubs sei, gebe es keine Leaks mehr und „können wir plötzlich wieder vertrauensvoll zusammenarbeiten“, so Pilz.

Dass man ihm selbst Defizite bei der Moral vorwerfe, „verstehe ich wirklich nicht“, so Pilz. Dass er nicht der beste Parteichef sei, habe er bereits in der Vergangenheit gesagt. Er habe aber gewusst, dass nur er mit ein paar anderen eine neue Liste gründen könnte – damit rechtfertigte er, warum er sich vor einem Jahr doch an die Spitze einer Partei gesetzt hatte.

Neuer Name in ein, zwei Monaten

Pilz verglich die ersten Monate seiner Partei auch mit der Anfangsphase der Grünen. Auch damals habe es Turbulenzen gegeben. „Aber wir haben uns glänzend rehabiliert. Das habe ich auch vor.“ Dazu scheint auch ein neuer Name zu gehören. Den müsse die Partei aber erst suchen, so Pilz. Ein, zwei Monate werde das wohl noch dauern. „Wir müssen einen Namen finden, der uns alle gut beschreibt und wo sich alle wiederfinden.“

Abseits der Namensfindung dürfte die Liste Pilz sich in Zukunft auch auf Themen konzentrieren, die sie bisher nur am Rande thematisiert hatte. „Zu einigen Themen – und teils lebenswichtigen Themen – hat man von uns noch nichts gehört. Weil es aus der Wahl heraus nicht unsere Gründungsthemen waren“, rechtfertigte Pilz, warum seine Partei etwa die Klimakrise bisher kaum behandelt hatte.
Grüne Forderungen zur Klimakrise

Zur Klimakrise und den damit verbundenen Fluchtbewegungen brauche es vonseiten der EU jedenfalls „große ökologische Bleibeprojekte, vor allem in Schwarzafrika“, so Pilz. Die Punkte, die er dann nannte, waren so in der Vergangenheit oft von den Grünen zu hören gewesen: Die EU-Fischerei vor der Küste Afrikas müsse eingeschränkt und die „hoch subventionierten Agrarexporte der EU nach Afrika“ eingestellt werden. Außerdem brauche es eine Unterstützung der Klimapolitik „gerade auch in diesen Regionen“, so Pilz.

Peter Pilz
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Wenn die EU in der Lage sei, 150 Mrd. Euro für den Grenzschutz aufzubringen, „dann ist das ausreichend Geld, um hier zu investieren“, sagte Pilz. Der österreichischen Regierung warf er aber vor, im Rahmen der EU-Präsidentschaft nichts in diese Richtung zu tun. „Niemand hindert die Bundesregierung, eine große Klimainitiative zu starten. Aber sie tut es nicht und will es nicht“, so Pilz.

„So viel Geld wie für Polizeipferde“

Pilz war in der jüngsten Vergangenheit auch mit eher markigen Aussagen rund um Migration und Integration aufgefallen. Dass er in der Vergangenheit einen Wandel durchgemacht habe, wollte er aber nicht gelten lassen. „Ich war in der Sicherheitspolitik und in vielen Fragen der Politik immer sehr pragmatisch“, so der Politiker. Er habe vor dem politischen Islam gewarnt, ohne jeweils ein Feind von Muslimen und Musliminnen geworden zu sein. Aber: „Viele Ängste der Menschen bei uns sind berechtigt.“

„Die alte grüne Vorstellung, alle können kommen, das geht einfach nicht“, versuchte sich Pilz wie schon im Wahlkampf von seiner ehemaligen Partei abzugrenzen. Es sei jetzt das Entscheidende, an Ort und Stelle zu helfen – und auch da lasse die Bundesregierung aus, teilte Pilz gegen die ÖVP-FPÖ-Koalition aus. „Der Herr Bundeskanzler finanziert das World Food Programme derzeit mit 600.000 Euro. Wir geben in Österreich so viel Geld für Hilfe für vor Ort aus wie für Polizeipferde“, so Pilz.

Antritt bei EU-Wahl

Pilz kündigte an, dass seine Partei bei der EU-Wahl im kommenden Jahr antreten werde. Mit welchen Kandidatinnen und Kandidaten ließ er aber offen. Dass etwa der ehemalige Grün- EU-Parlamentarier Johannes Voggenhuber eine Option sei, wollte Pilz nicht bestätigen. Das hier per TV auszurichten, „das tu ich dem Johannes nicht an“, so Pilz.

Auch die Frage, in welcher europäischen Fraktion sich die Liste Pilz dann wieder finden könnte, ließ Pilz offen. „Es gibt nicht so wirklich die passenden Fraktionen.“ Einmal mehr nutzte der Parteigründer die EU-Thematik, um Kritik an der Bundesregierung zu üben. „Zum ersten Mal ist eine österreichische Regierung an der Zerstörung der Europäischen Union beteiligt“, sagte Pilz. Die ÖVP-FPÖ-Koalition bilde eine „große antieuropäische Achse“, gegen die „müssen wir dagegenhalten“, so der Oppositionspolitiker.

Ein solcher wird Pilz wohl auch noch in absehbarer Zeit bleiben. Zwar könne er sich ein „Leben nach der Politik“ vorstellen, noch wollte der Parteigründer davon aber nichts wissen. Zurzeit schreibe er an seinem „Manifest der großen Aufgaben“ für seine Partei. Und dann stehen im Herbst ja gleich zwei U-Ausschüsse an.