EU soll „Menschenrechtskonvention ratifizieren“

Der scheidende Generalsekretär des Europarates, Thorbjörn Jagland, hat die EU dazu aufgefordert, so schnell wie möglich die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu ratifizieren. Er glaube, dass der Ratifizierungsprozess bereits hätte vollendet werden können, und sei „enttäuscht, dass es nicht so ist“, sagte der Norweger gestern bei einer Rede am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg.

Durch die fehlende Ratifizierung entstehe eine rechtliche Grauzone im Hinblick auf die europäischen Menschenrechtsbestimmungen: „Heute ist es nicht möglich, die EU (bei Menschenrechtsverstößen) zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte Jagland.

Vorwürfe gegen Frontex als Beispiel

Der Norweger nannte als Beispiel Vorwürfe, die im August gegen Beamte der EU-Grenzschutzbehörde Frontex erhoben worden waren. Medienberichten zufolge hatten Frontex-Beamte Misshandlungen von Migranten an der EU-Außengrenze durch Grenzpolizisten geduldet. Die Rede war von regelrechten Gewaltexzessen mit Hundehetzjagden auf Geflüchtete und gezielten Pfeffersprayattacken.

Dem Europarat gehören 47 Staaten an, die sich dem Schutz und der Förderung der Menschenrechte und der Gewährleistung sozialer Rechte verpflichtet haben. Das bedeutendste Organ der Institution ist der Gerichtshof für Menschenrechte, der die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) überwacht.

Die Ratifizierung dieses Textes durch die EU ist seit den 70er Jahren im Gespräch. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Sitz in Luxemburg sprach sich jedoch zweimal dagegen aus: Die EMRK und die Grundrechte-Charta der EU müssten aufeinander abgestimmt werden, um in einigen Bereichen eine mögliche Senkung der Schutzstandards der Charta durch die ältere EMRK zu verhindern. So wie derzeit vorgesehen, wäre die Ratifizierung laut EuGH nicht mit EU-Recht vereinbar.