Willibrord Joseph Mähler Porträt von Ludwig van Beethoven, erstellt in Wien, um 1804/1805
Wien Museum
250. Geburtstag

Beethovens Hadern mit seinen Porträts

Er hat „Hits“ der klassischen Musik geschrieben und mit seiner Haarmähne die Künstler fasziniert: Vor 250 Jahren kam Ludwig van Beethoven zur Welt. Aus diesem Anlass werden in seiner Geburtsstadt Bonn und seiner Wahlheimat Wien zahlreiche Ausstellungen organisiert, die nun virtuell besucht werden können – ORF.at zeigt eine Auswahl der Bilder. Beethoven hasste es, porträtiert zu werden.

Kein anderer Komponist vor Beethoven wurde so oft „nach dem Leben“ porträtiert. Das 19. Jahrhundert feierte ihn als tragischen Helden und hob den Komponisten in den Rang einer Gottheit. Aber auch in der zeitgenössischen Kunst bleibt Beethoven ein Thema.

So kennt die Welt den großen Komponisten: Auf seinem berühmtesten Ölporträt blickt Ludwig van Beethoven ernst und entschlossen am Betrachter vorbei. Das 49-jährige Genie, das damals bereits seit 20 Jahren schwerhörig war, scheint einer inneren Musik zu lauschen. Er hält den Bleistift gezückt, um die Noten seiner „Missa solemnis“ aufs Papier zu bringen. Das Gemälde zeigt den Titanen der deutschen Klassik im Hausmantel, aber er sitzt nicht etwa am Hammerklavier, sondern inmitten einer Waldlandschaft. Das Blätterwerk soll Beethovens Naturliebe betonen, die den Romantikern so sehr entsprach.

Fotostrecke mit 15 Bildern

Beethoven mit der Missa solemnis Ölgemälde, 1819
Beethoven-Haus Bonn
Beethoven mit der „Missa solemnis“, Ölgemälde, 1819
John Baldessaris „Beethoven’s Trumpet (with Ear) Opus # 133, aus dem Jahr 2007
KHM-Museumsverband/Sprüth Magers and Beyer Projects/John Baldessari
John Baldessaris „Beethoven’s Trumpet (with Ear) Opus # 133“ aus dem Jahr 2007
Großes Hörrohr Ludwig van Beethovens, 1813
Beethoven-Haus Bonn
Großes Hörrohr Ludwig van Beethovens, 1813
Anselm Kiefer: Über uns der gestirnte Himmel, in uns das moralische Gesetz
Anselm Kiefer
Anselm Kiefer: „Über uns der gestirnte Himmel, in uns das moralische Gesetz“, 1969-2010
Lithografie nach einer Zeichnung von August von Kloeber zeigt ein Porträt von Ludwig van Beethoven, um 1841
Österreichische Nationalbibliothek
Die Lithografie nach einer Zeichnung von August von Kloeber zeigt ein Porträt von Ludwig van Beethoven um 1841
Musikalische Skizzen von Ludwig van Beethoven
Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Musikalische Skizzen von Ludwig van Beethoven, 1806
Caspar David Friedrich: Abendlicher Wolkenhimmel
Belvedere, Wien Foto: Johannes Stoll
Caspar David Friedrich: „Abendlicher Wolkenhimmel“, 1824
Guido van der Werve: Nummer Acht, everything is going to be alright (Foto einer Person vor einem Eisbrecher)
Guido van der Werve; Courtesy of the artist and Luhring Augustine, New York
Guido van der Werve: „Nummer Acht, everything is going to be alright“ (Filmstill), 2007
Joseph Mallord William Turner: Fire at the Grand Storehouse of the Tower of London
© Tate/Tate Images
William Turner: „Fire at the Grand Storehouse of the Tower of London“, 1841
Jorinde Voigt: Ludwig van Beethoven Sonate 14
Jorinde Voigt/Bildrecht, Wien 2020
Jorinde Voigt: „Ludwig van Beethoven Sonate 14“, 2012
Bildcombo aus Josef MAria Auchentallers „Elfenreigen“ (nach Beethovens Pastorale- Symphonie, 1. Satz) entstanden um 1898/99 und einer Fotomontage des Beethoven-Musikzimmers der Villa Scheid, in dem der „Elfenreigen“ hinter dem Flügel zu sehen ist
Andreas Maleta/Galerie punkt12/Victor & Martha Thonet Sammlung;
Josef Maria Auchentallers „Elfenreigen“ (nach Beethovens Pastorale-Symphonie, 1. Satz), entstanden um 1898/99, und das Beethoven-Musikzimmer der Villa Scheid, in dem der „Elfenreigen“ hinter dem Flügel zu sehen ist
Rebecca Horn: Concert for Anarchy (ein verkehrt von der Decke hängendes Klavier)
Rebecca Horn/Bildrecht, Wien 2020; Foto: Attilio Maranzano
Rebecca Horn: „Concert for Anarchy“ (ein verkehrt von der Decke hängendes Klavier), 1990
Teil von Gustav Klimts „Beethovenfries“
Secession
Teil von Gustav Klimts „Beethovenfries“ (1901)
Gustav Klimts „Beethovenfries“ in der Wiener Secession
Secession/Jorit Aust
Gustav Klimts „Beethovenfries“ in der Wiener Secession
Besucher von „Raum- und Klangerlebnis Beethoven“ tragen in einem Ausstellungsraum der Wiener Secession Audioguides, dahinter ist ein Teil von Gustav Klimts „Beethovenfries“ zu sehen
Secession/Zsolt Marton
Besucher von „Raum- und Klangerlebnis Beethoven“ in der Secession vor dem „Beethovenfries“

Verewigte Gesichtszüge

So berühmt das Gemälde, so unbekannt sein Schöpfer: Der Münchner Porträtist Joseph Karl Stieler ist heute kein großer Name, dabei verewigte er nicht nur Beethoven, sondern auch Johann Wolfgang von Goethe auf ikonische Weise. Der Maler hatte im Jahr 1820 großes Glück, dass ihm der Visionär mit dem zerzausten Schopf viermal Modell saß, denn der Komponist hasste das Stillhalten für die Künstler. Das musste auch Biedermeier-Maler Ferdinand Georg Waldmüller erfahren, der Beethoven für sein Bildnis nur ein einziges Mal treffen durfte. Aber schließlich hatte Beethovens Busenfreundin Antonie Brentano den Auftrag zu Stielers Porträt gegeben und dafür bezahlt.

Das Gemälde hängt derzeit in der Schau „Beethoven – Welt.Bürger.Musik“ in der Bundeskunsthalle Bonn. Mehr als 20 gezeichnete und gemalte Bildnisse des Weltkomponisten sind überliefert. Der Wunsch nach Ähnlichkeit ging so weit, dass der Bildhauer Franz Klein 1812 einen Gipsabdruck von Beethovens Gesicht abnahm. Erst der zweite Anlauf glückte, beim ersten Versuch fürchtete der Komponist zu ersticken. Kleins Lebendmaske wurde zum Vorbild für Beethoven-Skulpturen bis ins 20. Jahrhundert: Das 1880 errichtete Denkmal am Wiener Beethovenplatz von Caspar Clemens von Zumbusch hat dieselben Gesichtszüge wie Henry Baerers Bronzebüste im New Yorker Central Park oder Theodore Baurs Beethoven-Statue in der Library of Congress in Washington.

Beethoven wird Pop

Aber der Freimaurer und Napoleon-Fan wurde nicht immer so heroisch dargestellt. Die Meißner Porzellanmanufaktur produzierte etwa einen Pfeifenkopf mit dem aufgemalten Porträt des jungen Klaviervirtuosen. Darauf sieht Beethoven ebenso wenig düster aus, wie auf August von Kloebers Porträtzeichnung von 1818.

Die Österreichische Nationalbibliothek zeigt in ihrer aktuellen Ausstellung „Beethoven. Menschenwelt und Götterfunken“ eine Lithografie dieses Beethoven-Konterfeis, das nach seinem Tod 1827 zum Bestseller wurde. Erst durch die bessere Reproduzierbarkeit farbiger Bilder im 20. Jahrhundert lief Stielers Ölgemälde mit dem existenzialistischen Ausdruck Kloebers Schwarz-Weiß-Druck den Rang ab. Sogar Andy Warhol verwendete es 1987 für eine poppige Siebdruckserie.

Beethoven scherte sich nicht drum

Aber was für eine Beziehung hatte der Komponist selbst zur bildenden Kunst? Diese Frage ist schnell beantwortet. So starke Gefühle Beethoven bei den Künstlern ausgelöst hat, so schwache Resonanz fanden deren Schöpfungen bei ihm. Seine häufig gewechselten Wohnungen schmückte er mit Objekten aus seiner persönlichen Geschichte. Als der 22-jährige Klaviervirtuose etwa 1792 in Wien sesshaft wurde, ließ er sich ein Bildnis seines Großvaters nachschicken. Diesem namensgleichen Vorfahren verdankte Beethoven nicht zuletzt das adelige „van“, ein Relikt der flämischen Herkunft.

Wie der Schöpfer weltberühmter Klaviersonaten wie der „Mondscheinsonate“ oder „Für Elise“ wohnte, kann im Beethoven Museum in Heiligenstadt und im Pasqualatihaus auf der Mölkerbastei besichtigt werden. Nach Heiligenstadt kam Beethoven wegen der Heilquelle, von der er sich Linderung seiner Darmkoliken und dem „Dämon“ in seinen Ohren erhoffte. Der „Beethovengang“ entlang des dortigen Schreiberbachs erinnert an den Lieblingsspazierweg des Komponisten, der im Gehen die besten Ideen hatte.

Nackt und muskelbepackt

Als Kind des Humanismus begeisterte sich der Deutsche vor allem für die Antike. Diese Vorliebe setzte auch Willibrord J. Mähler in Szene, als er Beethoven mit einer Lyra – einem altgriechischen Saiteninstrument – vor dem Hintergrund eines Tempels malte. Damit stellte Mähler auch eine Nähe zum musischen Apollo-Kult und zum Mythos von Orpheus her. Noch weiter ging der Künstler Max Klinger 80 Jahre später. Beim Klavierspiel hatte der deutsche Bildhauer die Eingebung, den Komponisten als olympische Gottheit auf einem Thron darzustellen. Mit nackt-muskulösem Oberkörper und einem Adler zu seinen Füßen krönte er Beethoven zum Zeus der Musikwelt.

Klingers Statue bildete 1902 das Highlight der großen Beethoven-Ausstellung, die in der Wiener Secession zum 75. Todestag stattfand. Gustav Klimt schuf zu diesem Anlass seinen „Beethovenfries“, ein gewaltiges Bildprogramm, das von Richard Wagners Interpretation der 9. Symphonie inspiriert war. Die vielen Figuren des 34 mal zwei Meter großen Bilderzyklus stellen Allegorien auf Glück, Liebe, Ehrgeiz ebenso wie auf Krankheit, Wollust und Tod dar. Im Jubiläumsjahr bietet die Secession dem Publikum ein zusätzliches Klangerlebnis: Über Kopfhörer können sich die Besucherinnen und Besucher vor Klimts Fries die „Ode an die Freude“ anhören.

Musikzimmer mit Elfen

Auch der Künstler Josef Maria Auchentaller schuf für die Schau 1902 ein großes Wandbild, aber im Gegensatz zu Klimts Opus Magnum wurde sein „Freude, schöner Götterfunken“ betitelter Fries übermalt. Der heute vergessene Secessionist hatte sich aber schon Jahre früher von Beethovens 6. Symphonie „Pastorale“ zu einer Bildkomposition anregen lassen. Damals schuf er für die Villa seines Schwiegervaters im noblen Wiener Cottage einen besonderen Wandschmuck.

Das Musikzimmer der einstigen Villa Scheid, in der sich heute die Südkoreanische Botschaft befindet, erhielt durch Gemälde tanzender Elfen in Blautönen eine besondere Note. Auchentallers Werk wird für die Schau „Inspiration Beethoven“ rekonstruiert, die das Leopold Museum Ende Mai eröffnen möchte.

KHM-Hommage an den Meister

Wäre nicht das Coronavirus dazwischengekommen, hätte das Kunsthistorische Museum dieser Tage seine Ausstellung „Beethoven bewegt“ eröffnet. Diese besondere Hommage will weniger das historische Phänomen Beethoven als eine moderne Rezeption aufzeigen. Der Bogen der Exponate reicht vom Romantiker Caspar David Friedrich über den britischen Maler William Turner bis zu Zeitgenossen wie Anselm Kiefer und dem Performancekünstler Tino Seghal.

Bereits im Stiegenaufgang hätte die große Skulptur „Beethoven’s Trumpet (With Ear)“ das Publikum empfangen sollen. Dieses X-Large-Ohr samt Hörrohr stammt vom US-Künstler John Baldessari, dessen Oeuvre sich vor allem um Kommunikation dreht. In seiner Skulptur wartet eine Überraschung: Wer in den Trichter hineinspricht, wird mit Beethovens letztem Musikstück, dem Streichquartett Nr. 13, belohnt. Das kann man sich ja jetzt stattdessen auf dem Streamingdienst seines Vertrauens anhören.