Kamerafrau Halyna Hutchins
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Kamerafrau Hutchins erschossen

Das tragische Opfer auf Baldwins Filmset

Bei der Arbeit an einem Western hat Hauptdarsteller Alec Baldwin die Kamerafrau Halyna Hutchins mit einer Requisitenwaffe am Donnerstag offenbar versehentlich erschossen. Der 42-Jährigen wurde eine große Zukunft in einer männerdominierten Branche vorausgesagt.

Wie die Polizei der Stadt Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico in der Nacht auf Freitag mitteilte, wurde der Regisseur und Drehbuchautor Joel Souza bei den Dreharbeiten zu dem Film „Rust“ ebenfalls angeschossen und verletzt. „Mein Herz ist gebrochen“, schrieb Baldwin am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, er werde mit den Ermittlern kooperieren, um herauszufinden, wie es zu dem Vorfall kam.

„Es gibt keine Worte, um meinen Schock und meine Trauer über den tragischen Unfall auszudrücken, bei dem Halyna Hutchins, eine Ehefrau, Mutter und von uns sehr geschätzte Kollegin, ums Leben kam", schrieb Baldwin."Ich stehe in Kontakt mit ihrem Ehemann und biete ihm und seiner Familie meine Unterstützung an.“

Hutchins wurde laut Polizei ins Krankenhaus geflogen, erlag jedoch ihren Verletzungen. Der 48-jährige Souza sei zu einem anderen Krankenhaus gebracht worden, wo er auf der Intensivstation behandelt wurde. Die „Rust“-Darstellerin Frances Fisher schrieb später auf Twitter, Souza sei aus dem Krankenhaus entlassen worden. Sie bezog sich dabei auf eine SMS des Regisseurs.

Kamerafrau bei Dreharbeiten erschossen

Bei den Dreharbeiten für einen Western hat Hauptdarsteller Alec Baldwin eine Kamerafrau tödlich und den Regisseur schwer verletzt. Halyna Hutchins und Joel Souza „wurden angeschossen und verwundet, als Baldwin eine Schusswaffe abfeuerte, die bei den Dreharbeiten zu dem Film ‚Rust‘ verwendet wurde“, erklärte die Polizei der Stadt Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico.

Keine Anklage erhoben

Offenbar gibt es derzeit keine Hinweise auf eine absichtliche Tat. „Herr Baldwin wurde von den Ermittlern befragt“, sagte der Sprecher des Sheriffs von Santa Fe, Juan Rios, der Nachrichtenagentur AFP. Er habe die Fragen der Polizisten beantwortet. „Er kam freiwillig und verließ das Gebäude, nachdem er seine Befragung beendet hatte“, sagte der Sprecher weiter. „Es wurde keine Anklage erhoben, und es gab keine Verhaftungen.“

US-Schauspieler Alec Baldwin
AP/Seth Wenig
Bittere Ironie: Der Film „Rust“ mit Hauptdarsteller Baldwin handelt davon, dass ein Bub versehentlich einen Mann tötet

Der „Santa Fe New Mexican“ veröffentlichte Bilder eines verstört wirkenden Baldwin, die nach der Tragödie auf dem Parkplatz des Drehorts aufgenommen worden sein sollen. Die Zeitung berichtete, ihr Reporter habe den Schauspieler in Tränen aufgelöst gesehen, nachdem er von den Ermittlern befragt worden war. Der Vorfall ereignete sich auf der Bonanza Creek Ranch nahe Santa Fe, auf der schon zahlreiche Western gedreht wurden.

Trauer um „Rising Star“

Die Filmindustrie reagierte geschockt und trauert um den Verlust der Kamerafrau. Die in der Ukraine geborene Hutchins lebte in Los Angeles und machte 2015 ihren Abschluss am American Film Institute. Laut Internet Movie Database (IMDb) war sie im Laufe ihrer Karriere an der Produktion von 49 Film-, Fernseh- und Videotiteln beteiligt. Sie arbeitete an Filmen wie „Archenemy“ mit Joe Manganiello in der Hauptrolle, der letztes Jahr in die Kinos kam, und wurde 2019 von der Zeitschrift „American Cinematographer“ zum „Rising Star“ ernannt.

Laut ihrer Website wuchs Hutchins auf einem sowjetischen Militärstützpunkt am Polarkreis, „umgeben von Rentieren und Atom-U-Booten“, auf und absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Journalistin, die sie an der Nationalen Universität Kiew mit einem Abschluss in internationalem Journalismus abschloss, bevor sie an Dokumentarfilmproduktionen in ganz Europa mitarbeitete und zum Film wechselte.

Auf ihrer Instagram-Seite beschreibt sie sich selbst als „Rastlose Träumerin. Adrenalin-Junkie. Cinematographer“ und teilte Fotos vom Set von „Rust“. Ihr letzter Beitrag am Mittwoch zeigte ein Video von ihr beim Reiten in New Mexico.

Der Western „Rust“ über einen 13-jährigen Buben im Kansas der 1880er Jahre, der mit seinem lange entfremdeten Großvater (gespielt von Baldwin) auf der Flucht ist, nachdem er für die versehentliche Ermordung eines örtlichen Ranchers zum Tode verurteilt wurde, schien ihre Karriere auf ein neues Niveau zu heben.

„So wütend, dass so etwas am Set passieren konnte“

Kamerafrau Elle Schneider, eine Freundin von Hutchins, schrieb nach ihrem Tod auf Twitter: „Kamerafrauen wurden historisch vom Genrefilm ferngehalten, und es scheint besonders grausam, dass einer der aufstrebenden Stars, die den Durchbruch schafften, ihr Leben bei der Art von Projekt, für das wir gekämpft haben, verkürzt wurde.“

„Archenemy“-Regisseur Adam Egypt Mortimer sagte: „Ich bin so traurig über den Verlust von Halyna. Und so wütend, dass so etwas am Set passieren konnte. Sie war ein brillantes Talent, das sich absolut der Kunst und dem Film verschrieben hat.“ In einem weiteren Tweet sagte er, sie habe „einen brillanten Verstand“.

Das AFI Conservatory, eine Filmschule, die zum American Film Institute gehört, twitterte am Freitag: „Wie es in der Filmkunst zutreffend ist, können Worte allein den Verlust einer Person, die der AFI-Gemeinschaft so sehr am Herzen liegt, nicht erfassen. Wir vom AFI versprechen, dass Halyna Hutchins im Geiste all derer weiterleben wird, die danach streben, ihre Träume in gut erzählten Geschichten verwirklicht zu sehen.“

„Es ist schwer hier draußen für weibliche Kameraleute“

Hutchins Leistungen als Kamerafrau waren in einer von Männern dominierten Branche bemerkenswert. Die Casting-Direktorin, Produzentin und Autorin Sidra Smith schrieb auf Instagram, sie sei „am Boden zerstört“ über die Nachricht von Hutchins, mit der sie an der TV-Miniserie „A Luv Tale“ gearbeitet hat. „Es ist schwer hier draußen für weibliche Kameraleute, und dies war eine riesige Chance für sie. Sie war so jung und so talentiert. Halyna und ich haben so viel Zeit miteinander verbracht. Sie war so wunderbar liebenswürdig, und Worte können nicht ausdrücken, wie sehr sie mich unterstützt hat“, schrieb Smith. „Gott segne ihr schönes Herz und ihre Seele.“

Halyna Hutchins
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Hutchins wurde eine große Zukunft prophezeit

Wie es zu dem tragischen Vorfall kommen konnte, ist nun Gegenstand von Ermittlungen. Normalerweise ist ein Requisiteur oder ein lizenzierter Waffenmeister für die am Set benutzten Waffen zuständig. Zu dessen Aufgabe gehört es auch, diese mit Platzpatronen zu laden und den Schauspielern und Regieassistenten den Umgang damit zu erklären. Scharfe Munition ist am Set verboten.

„Requisitenwaffen sind Waffen“

Es gibt eine breite Palette von Requisitenwaffen, von nicht funktionierenden Waffen bis hin zu Schreckschusspistolen. Oft handelt es sich jedoch um eine echte Waffe, die für Platzpatronen angepasst wurde. Sie werden für Szenen verwendet, die einen glaubwürdigen Mündungsblitz und einen lauten Knall erfordern. Um die optische Wirkung noch zu verstärken, wird an manchen Filmsets zusätzliches Pulver verwendet – was ihre Gefährlichkeit noch erhöht. Viele in der Branche fragen sich nun, warum in einer Zeit, in der Schusswaffeneffekte einfach per Computer hinzugefügt werden können, überhaupt noch Platzpatronen verwendet werden.

„Requisitenwaffen sind Waffen“, twitterte der TV-Autor David Slack. „Platzpatronen haben echtes Schießpulver in sich. Sie können verletzen oder töten – und das haben sie auch. Keine Show oder Aufnahme ist es wert, das Leben von Menschen zu riskieren.“