Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein
ORF
Ausgangsbeschränkung für alle?

Weitere CoV-Maßnahmen „auf dem Tisch“

Mit dem um Mitternacht in Kraft getretenen Lockdown für Ungeimpfte reagiert die Regierung auf die sich zuletzt wieder dramatisch zugespitzte Coronavirus-Lage – weitere Schritte könnten in wenigen Tagen folgen. Laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) liegt ein entsprechendes Maßnahmenpaket bereits auf dem Tisch. Im Raum stehe auch eine für alle und damit auch Geimpfte geltende nächtliche Ausgangsbeschränkung, wie Mückstein in der ZIB2 bestätigte.

Mückstein zufolge gebe es eine klare Empfehlung von Expertinnen- und Expertenseite, wonach weiter Maßnahmen notwendig seien, und diese seien auch mit Regierung und Ländern bereits besprochen worden. Eine Entscheidung könnte Mückstein zufolge bereits am Mittwoch fallen. „Wir sitzen alle im gleichen Boot“, sagte Mückstein. Wenn ein allgemeiner Lockdown verhindert werden solle, sei eine Verringerung der Kontakte zwischen den Menschen zwingend erforderlich, so der Minister weiter.

Mückstein zu neuen CoV-Maßnahmen

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zu den ab Mitternacht verschärften Maßnahmen im Kampf gegen CoV, unter anderem ein Lockdown für Ungeimpfte.

Nächtliche Ausgangsbeschränkungen würden ab 22.00 Uhr gelten und auch eine erneute Schließung der Nachtgastronomie bedeuten. Als weitere zur Debatte stehenden Maßnahmen nannte Mückstein eine Verschärfung der FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen, eine Ausweitung der PCR-Tests und Einschränkungen bei Veranstaltungen. Zunächst stünden aber noch die Auswirkungen der am Sonntag fixierten Maßnahmen unter Beobachtung.

Einmal mehr verteidigte Mückstein damit den ab Mitternacht geltenden Lockdown für Ungeimpfte mit der „dramatischen Situation auf den Intensivstationen“. Warum die Regierung der vierten Infektionswelle nicht schon früher mit strengeren Maßnahmen gegengesteuert hat, ließ der Minister unbeantwortet und verwies auf die seit letztem Montag geltende 2-G-Regel und die zuletzt gestiegene Impfbereitschaft der Bevölkerung.

„Erwarte mir eine Entscheidung am Mittwoch“

Am Mittwoch will Mückstein – zehn Tage nach ihrem Inkrafttreten – Bilanz über die 2-G-Regel ziehen und mit den Ländern über weitere Maßnahmen verhandeln. Dabei möchte er das am Freitag von Expertinnen und Experten vorgelegte Maßnahmenpaket vorschlagen. „Hier erwarte ich mir eine Entscheidung am Mittwoch“, so Mückstein, demzufolge noch abzuwarten bleibt, ob es dafür eine Mehrheit gibt. Die ÖVP hatte Einschränkungen für Geimpfte zuletzt vehement abgelehnt.

So wie Mückstein stellte zu Mittag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auch Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) bereits weitere Verschärfungen in den Raum. Die verkündeten Maßnahmen seien „einschneidend“ – sie könnten aber bei Bedarf nachgeschärft werden, wie Schallenberg auf Nachfrage sagte.

Hauptausschuss fixiert Lockdown für Ungeimpfte

Ab Montag gilt in Österreich ein Lockdown für Ungeimpfte. Die von der Regierung Sonntagmittag angekündigte Verschärfung der Coronavirus-Maßnahmen wurde am Sonntagabend im Hauptausschuss des Nationalrates mit den Stimmen von ÖVP und Grünen abgesegnet. Das teilte die Parlamentskorrespondenz am Abend via Twitter mit.

„Die Coronasituation in Österreich ist ernst“, appellierte Schallenberg nach der Unterredung mit den Ländern an die Bevölkerung, die Maßnahmen einzuhalten und vor allem sich impfen zu lassen. Mit dem Lockdown für Ungeimpfte beschleunige man nun den bereits entwickelten Stufenplan der Regierung. „Wir setzen diesen Schritt nicht leichten Herzens, aber leider ist er notwendig“, so Schallenberg, der Österreich eine „beschämend niedrige Impfquote“ attestierte.

Kontrollen durch „engmaschiges Netz“

Nach der Einigung zwischen Bund und Ländern stimmte am Abend auch der Hauptausschuss des Parlaments dem Lockdown zu. Die neuen Restriktionen sollen zunächst für zehn Tage und für Menschen ab zwölf Jahren gelten, die weder über einen Impfnachweis noch über den Nachweis einer in den vergangenen 180 Tagen überstandenen Coronavirus-Infektion verfügen. Die Betroffenen dürfen ihre Wohnung nur noch für Lebensmitteleinkäufe, Arbeit und Ausbildung, Arztbesuche sowie zur körperlichen Erholung verlassen.

Bereits zuvor waren Ungeimpfte von Besuchen der Gastronomie, von Sportanlagen und Friseurbesuchen ausgeschlossen worden. Neu ist nun, dass sie beim Einkaufen auf die Versorgung mit dem Grundbedarf des täglichen Lebens beschränkt werden. Kontrolliert werden soll der Lockdown durch ein „engmaschiges Netz“, wie Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ankündigte.

„Geimpft, genesen oder gestorben“

Der Lockdown für Ungeimpfte sei „ein Experiment. Wir wissen nicht, wie es ausgeht“, sagte am Sonntagabend in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ die Virologin Dorothee von Laer. Die an der MedUni Innsbruck tätige Expertin sieht zwar die Möglichkeit, dass er wirkt. „Aber groß rumexperimentieren können wir eigentlich nicht mehr“, gab sie zu bedenken. Auch sie forderte angesichts der hohen Infektionszahlen alle Menschen auf, sich impfen zu lassen: „Es wird 3-G geben in sechs Monaten – dann ist man entweder geimpft, genesen oder gestorben.“

Von Lockdown bis Impfpflicht: wie die vierte Welle brechen?

Die Rekordzahlen bei den Coronavirus-Neuinfektionen zwingen die Politik zum Handeln. In Österreich gilt seit Montag ein Lockdown für Ungeimpfte. „Im Zentrum“ diskutierten Pamela Rendi-Wagner (Bundesparteivorsitzende und Klubobfrau, SPÖ), Maria Rauch-Kallat (ehemalige Gesundheitsminsiterin, ÖVP), Hellmut Samonigg (Rektor der Med-Uni Graz), Dorothee von Laer (Virologin der MedUni Innsbruck), Peter Klimek (Komplexitätsforscher).

Der Rektor der Med-Uni Graz, Hellmut Samonigg, plädierte für 1.000 Euro Bonus für alle, die sich vollständig gegen das Coronavirus impfen lassen. Sollte das nicht wirken, wäre er für eine zeitlich befristete Impfpflicht, um eine fünfte und sechste Infektionswelle zu verhindern: Schließlich habe man mit der Impfpflicht auch die Pocken besiegt. Geht es nach dem Komplexitätsforscher Peter Klimek von der MedUni Wien, brauche es jetzt "konsequente Maßnahmen zur Kontaktreduktion und eine klare, langfristige Strategie“.

Laut der ehemaligen Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) kann ein Kraftakt der Vernunft aller Menschen, die in Österreich leben oder das Land besuchen, diese vierte Welle brechen. Scharfe Kritik an der Regierung kam von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie fordert weitere Maßnahmen wie FFP2-Masken-Pflicht in Innenräumen und Verschärfungen in der Nachtgastronomie bis hin zu deren Sperre in Hochrisikogebieten. Wenn die Regierung so weitermache, werde sie um „Voll- oder Komplettlockdowns“ nicht herumkommen.