Experte: Impfpflicht vorrangig politische Frage

Die Einführung der CoV-Impfpflicht sei vorrangig eine politische Frage und menschenrechtlich gar nicht so sehr problematisch, sagt Michael Lysander Fremuth, Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für Grund- und Menschenrechte. Sie sei ein taugliches Mittel. Der Schutz der Allgemeinheit könne über die persönlichen Interessen des Individuums gestellt werden. Einschränkend müssten medizinische Kontraindikationen beachtet werden.

Mit einer allgemeinen Impfpflicht gibt es für die Bevölkerung eine gesetzliche Verpflichtung, die Impfung mit einem zugelassenen Impfstoff „zu erdulden“ und auf Nachfrage einen Nachweis dafür zu erbringen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe eine solche Möglichkeit bereits 2012 grundsätzlich bejaht und im vergangenen April bestätigt.

Konkret ging es um eine Impfpflicht für Kinder gegen eine Reihe klassischer Kinderkrankheiten in Tschechien – außerhalb einer Pandemie –, wobei der EGMR mit dem Kindeswohl, medizinischen Erkenntnissen und dem staatlichen Ermessensspielraum argumentierte, innerhalb dessen der Solidaritätsgedanke über die individuelle Entscheidung gestellt werden dürfe, erläuterte der Menschenrechtsprofessor an der Universität Wien im APA-Gespräch.

„Gibt auch Solidaritätspflichten“

„Wie sehr ich mich selbst schützen möchte, ist meine eigene Entscheidung. Es gibt aber auch Solidaritätspflichten“, die der Gesetzgeber höher werten könne, so der Experte. Im Zusammenhang mit der ab Februar 2022 in Aussicht gestellten Verpflichtung zur CoV-Schutzimpfung von einer Diktatur zu sprechen, sei hingegen eine „völlig falsche Einschätzung“: „Das verhöhnt Menschen, die wirklich in einer Diktatur leben.“