„Leopard 2“-Panzer bei einer Übung des deutschen Bundesheeres
Reuters/ Fabian Bimmer
Leopard, Abrams, Challenger

Panzerallianz für Ukraine zeichnet sich ab

Nach langem Hin und Her dürfte nun feststehen: Nicht nur Deutschland, auch die USA und Großbritannien werden der Ukraine Kampfpanzer liefern. Der Kreml zürnt, in Kiew ist man erleichtert. Doch gebraucht würden viele Panzer, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj: „Es geht nicht um fünf oder zehn oder 15 Panzer. Der Bedarf ist größer.“

Am Dienstagabend gab es erste Berichte über die Berliner Zusage, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Am Mittwochnachmittag soll der deutsche Kanzler Olaf Scholz die Ankündigung im Bundestag offiziell machen. Am Dienstag hatte auch Polen in Berlin die Erlaubnis, Leopard-Panzer zu liefern, beantragt. Norwegen erwägt selbiges, Großbritannien hat 14 seiner Challenger-Panzer bereits zugesagt. Nun wolle auch das Weiße Haus US-Kampfpanzer vom Typ M1 Abrams schicken, wie Medien berichteten.

„All diese Leoparden und Abrams sind ein ziemlich gutes Geburtstagsgeschenk für Wolodymyr Selenskyj“, schrieb das Magazin „Politico“ (Onlineausgabe). Der ukrainische Staatschef wird am Mittwoch 45 Jahre alt. „Unnötig zu betonen, dass das Team Ukraine überglücklich ist“.

amerikanische Soldaten in einem „M1 Abrams“-Panzer
IMAGO/ZUMA Wire
Der M1 Abrams ist knapp 67 Tonnen schwer

Selenskyj fordert Taten

Selenskyj aber will sich nicht auf „Bemühungen, Worte, Versprechen“ verlassen, wie er am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache sagte. Wichtiger sei, die Realität zu sehen. „Es geht nicht um fünf oder zehn oder 15 Panzer. Der Bedarf ist größer.“ Die Diskussionen über die Lieferung von Panzern müssten jetzt in Entscheidungen münden, forderte Selenskyj, „Entscheidungen, die unsere Verteidigung gegen die (russischen, Anm.) Terroristen wirklich stärken.“ Die Verbündeten der Ukraine verfügten über die erforderliche Anzahl von Panzern.

Grafik zum Kampfpanzer Leopard 2 A4
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: dpa

Dutzende Panzer im Gespräch

Deutschland plant nach „Spiegel“-Informationen, mindestens eine Kompanie mit der Version Leopard 2A6 aus Beständen der Bundeswehr auszustatten. Dafür wären 14 Panzer nötig. Im Falle Norwegens gehe es um vier oder acht Kampfpanzer, berichtete die Zeitung „Dagens Naeringsliv“. Eine Entscheidung zur Lieferung sei aber noch nicht gefallen.

Bei der geplanten US-Lieferung soll es sich um 30 Abrams-Panzer handeln. Auch hier ist die Lieferung noch nicht offiziell bestätigt, doch auch in Washington soll laut „New York Times“ die Ankündigung bald erfolgen. Der nach dem US-General Creighton Abrams benannte Panzer wurde in den 1970er Jahren entwickelt und 1980 in Dienst gestellt.

Er geht ebenso wie der Leopard 2 auf ein gescheitertes deutsch-amerikanisches Projekt zur Entwicklung eines gemeinsamen Kampfpanzers in den 1960er Jahren zurück. Der vom Rüstungskonzern General Dynamics produzierte Abrams gilt in seiner neuesten Ausführung als einer der modernsten Panzer weltweit.

Deutschland liefert Panzer

Nach langem Zögern liefert Deutschland Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine. Auch wird anderen Ländern gestattet, solche Panzer an Kiew abzugeben. Das erfuhr die dpa am Dienstag in Berlin aus Koalitionskreisen. Zuvor hatten „Spiegel“ und ntv darüber berichtet. Aus den USA kamen zuvor Berichte, dass US-Präsident Joe Biden nun doch die Lieferung von Abrams-Panzern erwägt.

Die Sorgen der US-Verantwortlichen scheinen verflogen. Bisher war stets betont worden, die Bereitstellung des Abrams-Panzers sei aus praktischen Gründen nicht sinnvoll. Die US-Panzer müssten über den Atlantik transportiert werden, die Instandhaltung sei aufwendiger, und sie verbrauchten zu viel Treibstoff, hieß es bisher aus dem Pentagon. Die Panzer benötigen außerdem einen anderen Treibstoff als der Leopard und viele Fahrzeuge, die in der Ukrainer im Einsatz sind.

Könnte Monate oder Jahre dauern

Der „Washington Post“ zufolge dürfte es jedoch Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis die Abrams-Panzer in dem Krieg zum Einsatz kommen. Es sei unwahrscheinlich, dass die Fahrzeuge zum Frühjahr in der Ukraine ankommen, wenn mit der Offensive Russlands beziehungsweise einer Gegenoffensive der Ukraine zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete gerechnet wird, so die Zeitung.

Die Ukraine bittet seit Monaten um Kampfpanzer westlicher Bauart für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Die erste offizielle Anfrage erfolgte schon eine Woche nach Kriegsbeginn Anfang März vergangenen Jahres. Die Front in der Ostukraine hat sich seit Wochen kaum noch bewegt. Mit den Kampfpanzern hofft die Ukraine, wieder in die Offensive gehen zu können und weiteres Gelände zurückzuerobern.

Druck auf oder durch Scholz

Doch die Absicht der USA, nun auch Panzer zu senden, dürfte zum Teil auf den deutschen Kanzler zurückgehen. Scholz hatte immer betont, nur abgestimmt mit den USA vorgehen zu wollen und Panzer nur zu liefern, wenn auch Washington welche schicke. Scholz stand bereits schwer in der Kritik und wurde für seine Zögerlichkeit gescholten. Offenbar nutzte er entweder die Zeit, die Allianz mit den USA zu besiegeln – oder er ließ sich ob des zunehmenden Drucks umstimmen.

Der ukrainische Vizeaußenminister und ehemalige Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sprach von einem „ein Panzer-Doppelwumms“. Auch wenn die deutsche Entscheidung mit Verspätung erfolge, sei sie „ohne jeden Zweifel ein wahrer Durchbruch sowie ein Gamechanger für die Ukraine auf dem Schlachtfeld“, sagte er der dpa. „Das wird in die Geschichte eingehen.“

Russland erbost

Moskau zeigte sich erzürnt über die anstehenden Panzerlieferungen. Panzer aus den USA in der Ukraine seien eine „weitere eklatante Provokation“, so der russische Botschafter in den Vereinigten Staaten, Anatoli Antonow, auf Telegram. „Wenn die Vereinigten Staaten beschließen, Panzer zu liefern, dann kann man einen solchen Schritt definitiv nicht mit dem Argument der ‚Verteidigungswaffen‘ rechtfertigen.“

Bei einem Pressbriefing sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, dass die möglichen Abrams-Lieferungen Geldverschwendung seien. „Ich bin sicher, dass viele Experten die Absurdität dieser Idee verstehen. Der Plan ist technisch desaströs“, so Peskow. „Aber vor allem wird das Potenzial überschätzt, das die Panzer für die ukrainische Armee bedeuten. Diese Panzer brennen genau wie alle anderen.“