Blog, 21.9. Stefan Kappacher, Ö1-Innenpolitik

Grande Finale

Stell dir vor, morgen ist Bundestagswahl und 20 Millionen Deutsche wissen angeblich noch nicht, was sie wählen sollen. Vielleicht warten die deutschen Wähler ja auch nur die letzte Umfrage ab, die quasi am Wahlsonntag zum Frühstück serviert wird. Auch ein interessanter Trend. Erdrutsch nach Kipferl und Eierspeis? Bei uns schaut es ja nicht so dramatisch aus, nach Woche zwei vor der Wahl.

Die Fernsehduelle sind großteils abgespult und gehen mit den Kanzlerduellen am Sonntag auf ATV und am Dienstag im ORF ins Grande Finale. Dass die TV-Studios zur zentralen Wahlkampfarena geworden sind, ist noch nie so deutlich geworden wie vor dieser Wahl.

Der Doyen der Wahlforschung, Fritz Plasser, spricht in der Tiroler Tageszeitung von einem neuen Höhepunkt der Mediendemokratie. Auch über die Bande der Boulevardzeitungen, die jeden zweiten Österreicher mit ihrer Politikberichterstattung erreichen. Und die sich die TV-Duelle so zurechtbiegen, wie sie es brauchen. Siehe die Bewertung der Duelle vom Donnerstag in der Kronenzeitung und in Österreich.

Adieu, Großparteien

Plasser konstatiert in der TT das Grande Finale der Großparteien. Sozialdemokraten und Volkspartei hätten resigniert, sich auf den Stammwählerwahlkampf zurückgezogen und den Raum weit gemacht für Stronach & Co. Zwei Schlaglichter der abgelaufenen Woche vor diesem Hintergrund: SPÖ-Vorsitzender Faymann wird von FPÖ-Chef Strache mit einem nicht offiziellen Faymann-Plakat in türkischer Sprache provoziert - und der Kanzler lässt sich provozieren. Erklärt mit sich überschlagender Stimme, dass seine Partei nur auf Deutsch plakatiere.

Die reine Panik, dass die sozialdemokratischen Stammwähler etwas in die falsche Kehle bekommen könnten und zu Hause bleiben. Oder gar zu Strache...

Good Morning, Kopf

Eine ähnliche Kategorie ist ÖVP-Klubobmann Kopf, der eine Satire-Einlage in der FM4 Morning Show - die Hörer wurden aufgefordert, einer nicht wahlberechtigten britischen Kollegin einen Stimmzettel zu spendieren - zur Staatsaffäre zu machen versuchte. Aufruf zum Ungehorsam gegen Gesetze! Skandal! Das müsse Folgen haben, tönte Kopf. Er sieht Maulwürfe der Aktion Wahlwexel-Jetzt, die von den Grünen unterstützt wird und auf die eine Million Nicht-Staatsbürger hinweisen will, die dauerhaft in Österreich leben, aber kein Wahlrecht haben. Auch die ÖVP buhlt vor allem um ihre Stammwähler, und mit der Konkurrenz von Grünen, NEOS und BZÖ kann es vielleicht eng werden.

Regieren, Regierung

Rot und Schwarz haben allen Grund, nervös zu sein. Stell dir vor, es ist Nationalratswahl und ihre Kernwähler gehen nicht alle hin. Der Erhalt der Mehrheit von SPÖ und ÖVP ist nicht ausgemacht. Wir warten gespannt auf die Kanzlerduelle. Dass beide Nummer eins werden wollen, das wissen wir. Vielleicht sagen sie uns jetzt endlich, was sie anders machen werden. Wie sie regieren werden statt lavieren. Das würde helfen.