Bericht: Kreml will links-rechtes Antikriegsbündnis in Deutschland

Russland versucht auch in Deutschland, die Unterstützung für die Ukraine zu untergraben. Das legt ein Bericht der „Washington Post“ von heute nahe. Die Zeitung hatte Einblick in vertrauliche russische Dokumente, die von „einem europäischen Geheimdienst“ abgefangen worden seien. Details seien von Vertretern westlicher Regierungen bestätigt worden, so die Zeitung. So sei es ein ausdrückliches Ziel des Kreml, „die deutschen Extreme zu verheiraten“, wie es heißt. Im Fokus sollen das Lager um Sahra Wagenknecht (Die Linke) und die AfD stehen. Sie sollen nach dem Willen Russlands eine gemeinsame Querfront von Kriegsgegnern bilden.

Zu diesem Zweck sei im vergangenen September eine Strategie in Russland geschmiedet worden, bei Treffen zwischen Vertretern des Kreml und russischen Politstrategen seien konkrete Pläne formuliert worden, um die Öffentlichkeit zu beeinflussen.

Stimmungsmache gegen Sanktionen

Unter Federführung von Sergej Kirijenko, dem stellvertretenden Chef der Präsidialverwaltung, solle die Gruppe ihren Fokus darauf legen, die Unterstützung für die Ukraine innerhalb Europas zu unterminieren. In Deutschland sollte zudem das Narrativ verbreitet werden, dass die Russland-Sanktionen der eigenen Wirtschaft schadeten. Kirijenko habe auch strenge Zielvorgaben vorgegeben: Der Anteil der Deutschen, die sich ein besseres Verhältnis zu Russland wünschen, solle in wenigen Monaten um zehn Prozent steigen. Dafür habe man Politikerinnen und Politiker nützen wollen, die sich schon zuvor russlandkritisch geäußert hatten. Belege für direkte Kontakte mit dem Wagenknecht-Lager oder AfD gibt es aber nicht.

Die Zeitung zählte Beispiele für die Taktik auf: So seien Slogans für soziale Netzwerke und Protestkundgebungen vorbereitet worden. Diese seien etwa bei Demos in Leipzig und Neustrelitz verwendet worden. Darunter seien etwa Forderungen nach einer Aufhebung der Sanktionen oder einer Inbetriebnahme der Pipeline „Nord Stream 2“ gewesen. Die Politstrategen sollen dem Kreml regelmäßig Bericht erstattet haben, etwa über ihre Reichweite im Netz.

Manifest vorgeschlagen

Ein Dokument vom 9. September zeige das Ziel der Unternehmung. Eine neue politische Formation solle in Deutschland „eine Mehrheit bei Wahlen auf allen Ebenen“ gewinnen. Die AfD solle als „Partei der Deutschen Einheit“ neu aufgestellt werden.

„Unzureichende Politiker, die die Folgen ihrer Entscheidungen nicht abschätzen können, haben Deutschland in einen Konflikt mit Russland gezogen – einem natürlichen Verbündeten unseres Landes und unseres Volkes“, heißt es in einem Manifest, das der AfD von den Russen vorgeschlagen worden sei. „Unsere Interessen verlangen die Wiederherstellung normaler partnerschaftlicher Beziehungen zu Russland. … Heute gibt es in Deutschland nur noch zwei Parteien: die Partei der Feinde Deutschlands und die Partei seiner Freunde.“ Ob das Manifest in der AfD Niederschlag fand, blieb unklar.

Wagenknecht dementiert Kontakte

Wagenknecht dementierte gegenüber der „Washington Post“ jegliche Kontakte mit russischen Vertretern. Eine Kooperation mit der AfD werde es nicht geben, sagte Wagenknecht, die seit Längerem über die Gründung einer neuen Partei nachdenkt.

Linken-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank hob hervor, dass seine Partei den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg stets in aller Schärfe verurteilt habe. „Und wir haben immer gesagt, dass ‚Nie wieder Krieg‘ und ‚Nie wieder Faschismus‘ für uns zusammengehören“, sagte Bank den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Allerdings gehört Bank in seiner Partei nicht zum Lager um Wagenknecht.

Die AfD-Führung wollte sich zunächst nicht gegenüber der Zeitung äußern. Einige in der Partei hätten die russischen Bemühungen als vorhersehbar beschrieben, aber nutzlos. Sie würden keine Rolle bei der Festlegung der Richtung der Partei spielen, zumal die beiden deutschen Lager diametral entgegengesetzte Ansichten haben. Später sagte AfD-Chef Tino Chrupalla dem Portal t-online, von derartigen angeblichen Plänen habe er „noch nie etwas gehört“. Er sprach von einer „Räuberpistole, die der Diskreditierung der Friedensbewegung dient“.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bestritt einmal mehr, dass Russland sich in die Politik anderer Staaten einmische. „Das ist zu 100 Prozent gefälscht“, so Peskow gegenüber dem Blatt. „Wir haben uns vorher nie eingemischt, und jetzt haben wir wirklich keine Zeit dafür.“