Das „Ibiza-Video“ sei Ausdruck dessen, wofür Österreich nicht stehe, stellte Van der Bellen am Mittwoch erneut klar. Während der Regierungskrise habe er dafür den Ausspruch benutzt: „So sind wir nicht“ – seither „kiefle“ er mit dem Satz. „Es war mir wichtig klarzustellen, dass das nicht die österreichische Normalität ist“, so Van der Bellen in seiner Rede.
Macht mache anfällig für Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung. Wenn man einmal an die Macht gekommen sei, habe man schnell das Gefühl, dass „Gesetze für alle gelten außer für einen selbst“. Dabei sei es die Pflicht jedes demokratisch gewählten Politikers, „mit dieser auf Zeit geliehenen Macht entsprechend umzugehen“. Aufgabe der Politik sei es, das Gemeinwohl im Blick zu haben.
Klima: „Aus Komfortzone herausbewegen“
Als größte Herausforderung der Politik sah Van der Bellen die drohende Klimakatastrophe. Dafür brauche es entschlossenes Handeln: „Wir werden uns alle aus unserer Komfortzone herausbewegen müssen. Das gilt nicht nur für die nationalen und transnationalen Regierungen, sondern für uns alle.“ Der Bundespräsident plädierte dafür, nicht vor dem Problem zu erstarren, sondern die Gelegenheit zu nutzen, die die Klimakrise biete.
Die Jugend gehe mit der „Fridays for Future“-Bewegung voran, indem sie sage: „Ihr riskiert unsere Zukunft.“ Das Bewusstsein, dass dieser Wandel notwendig ist, sei in den vergangenen Monaten bei vielen Menschen gewachsen, so Van der Bellen. Er hoffe, dass die jüngste Person im Saal einmal zurückblicken könne und sagen könne: „Wir haben es geschafft.“
Schallenberg: „Blick auf das Verbindende“
Kulturminister Alexander Schallenberg nahm in seiner Rede Bezug auf die Hausoper „Don Quichotte“ von Jules Massenet. Diese soll auch daran erinnern, dass nicht „alle unsere Kämpfe gleichermaßen sinnvoll sind“. Das sei heute aktueller denn je und könne jeden Tag im öffentlichen Diskurs, in programmierten Aufregern und in steigenden Aggressionen erlebt werden. Die sprichwörtlichen Windmühlen des Don Quichotte seien heute auch die allzu oft hasserfüllten Debatten im öffentlichen Raum, in Sozialen Netzwerken, sagte Schallenberg.
„Am Ende droht das auf der Strecke zu bleiben, was uns allen gemeinsam am Teuersten sein sollte: der Blick für das Gemeinsame, für die Toleranz und vor allem der Blick und der Respekt vor unserem Nächsten“, so der Kulturminister. Dabei sei es gleichgültig, ob das online oder offline passiere oder ob man gleicher Meinung sei. „Es wäre schön, wenn uns Don Quichotte auf seine Art und Weise daran erinnern würde. Hier in Bregenz“, schloss Schallenberg seine Rede.
Metzler fordert finanziellen Einsatz
Festspielpräsident Hans-Peter Metzler griff in seiner Rede ein Zitat Giuseppe Verdis auf, in dem sich der Komponist des heurigen Spiels auf dem See, „Rigoletto“, über den Verfall des Kunstbegriffs echauffierte. „Verdis elitärem Kunstbegriff setzen wir die kreative und professionelle Partizipation des einzelnen Menschen und die freie Entwicklung des wirtschaftlichen Potenzials entgegen. Mit und über Kunst ein volkswirtschaftlicher Faktor sein zu wollen ist nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig.“ Und das gelinge den Festspielen auch.
Einmal mehr forderte Metzler eine „wesentliche Förderung von Bildung und von Wirtschaft über den Kulturbereich“. Es brauche dringend den entsprechenden finanziellen Einsatz. „Bund, Land, Stadt sind wie wir selbst gefordert, kulturpolitische Vernunft walten zu lassen. Und dazu gehört in den nächsten Jahren die Ertüchtigung des Skeletts, sprich in unserem Fall: bauliche Maßnahmen am Festspielhaus, an Bühne und Tribüne.“ Erfolg belaste nämlich auch die Bausubstanz, so Metzler.
Kostproben aus allen Opern
Während der Eröffnungsfeier vor rund 2.000 anwesenden Gästen wurden Kostenproben aus allen diesjährigen Opernproduktionen gezeigt. Anfang und Schluss machte Verdis „Rigoletto“ unter Dirigent Enrique Mazzola. Dazwischen traten die Dirigenten der Hausoper „Don Quichotte“ und des Opernstudios am Kornmarkt „Eugen Onegin“ ans Pult. Durch das Programm führte wieder Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan.