Szene aus „Das dunkle Paradies“
ORF/Epo Film

Sex, Drogen und Politik im „Landkrimi“

Stefanie Reinsperger und Manuel Rubey klären in „Das dunkle Paradies“ ihren zweiten Fall in der Region Salzburg. Regie führte wieder Catalina Molina, die diesmal die ländliche Idylle von Zell am See durch einen brutalen Mord an einer Prostituierten erschüttern lässt. Im Rahmen der Diagonale feiert der „Landkrimi“ seine Österreich-Premiere.

Bereits 2016 ließ die österreichisch-argentinische Regisseurin Molina Rubey als Kommissar Martin Merana und Reinsperger als Postenkommandantin Franziska Heilmayr als ungleiches Duo im Salzburger „Landkrimi“ ermitteln. Während es damals neben dem Mordfall hauptsächlich um die familiären Verstrickungen des Kommissars ging, gerät diesmal Franziskas Privatleben in den Fokus der Ermittlungen.

Verschwörung auf höchster Ebene

Als in Zell am See ein Edel-Callgirl ermordet wird, fällt der erste Verdacht auf Roland Teichtner (Wolfgang Rauh), den Bruder ihrer Lebensgefährtin Anni (Andrea Wenzl). Auf deren Bitten hin mischt sich Franziska immer wieder auf eigene Faust in die Polizeiarbeit ein. Ex-Kollege Merana, der die Ermittlungen leitet, will die unnachgiebige Postenkommandantin loswerden, Franziska gelingt es jedoch, ihn nach und nach auf ihre Seite zu ziehen. Die beiden beginnen, gemeinsam in der Kleinstadt unbequeme Fragen zu stellen. Sie machen sich zunehmend Feinde und ahnen nicht, dass sie einer Verschwörung auf der Spur sind, die bis in Regierungskreise reicht.

Martin Merana (Manuel Rubey), Franziska Heilmayr (Stefanie Reinsperger)
ORF/Epo Film
Franziska Heilmayr (Stefanie Reinsperger) und Martin Merana (Manuel Rubey)

Von Anfang an – also seit 2012 – wurden renommierte Regisseurinnen und Regisseure wie Barbara Eder, Wolfgang Murnberger, Andreas Prochaska, Michael Glawogger und David Schalko für die Reihe „Landkrimi“ engagiert und inszenierten jeweils ein Bundesland als Schauplatz eines Verbrechens.

Die 34-jährige Filmemacherin Molina hat 2004 mit ihrem Studium an der Filmakademie bei Michael Haneke begonnen und bereits deutlich aufgezeigt, was ihr Talent betrifft. 2010 war ihr Kurzfilm „Talleres Clandestinos“ für den europäischen Filmpreis nominiert, und „Unser Lied“ – ebenfalls ein Kurzfilm – wurde 2013 mit dem österreichischen Filmpreis für den besten Kurzfilm ausgezeichnet. 2018 führte sie Regie bei der in Wien gedrehten „Tatort“-Folge „Glück allein“.

Filmhinweis

„Das dunkle Paradies“ wird im Rahmen der Diagonale als Österreich-Premiere gezeigt. Im ORF wird der Film voraussichtlich Ende 2019 ausgestrahlt.

Paradiesische Abgründe

In „Das dunkle Paradies“ lotet sie nun die Abgründe der Provinz aus, indem sie die vermeintliche Idylle mit Einsprengseln aus dem Großstadtleben versetzt. Während es in „Drachenjungfrau“ noch um Marketenderinnen und Wasserfälle ging, stehen jetzt Edelprostitution, Drogen, Luxushotels und internationale politische Machenschaften auf dem Programm.

Neben dem spannenden Drehbuch und der Bilderbuchkulisse sind es vor allem die Schauspieler, die diesen „Landkrimi“ zu TV-Unterhaltung auf höchstem Niveau machen. Rubey spielt den abgebrühten Ermittler facettenreich, denn er ist gleichzeitig verschlossen und empathisch, unbestechlich und sensibel – und trotz aller Dramatik: Der trockene Schmäh rennt.

Martin Merana (Manuel Rubey), Franziska Heilmayr (Stefanie Reinsperger)
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Reinsperger überzeugt – egal, ob als Buhlschaft oder Polizistin

Reinsperger forever

Eine Klasse für sich ist freilich die 31-jährige Reinsperger, die ihre Rollen – egal ob Buhlschaft oder Polizistin – stets mit gleicher Wucht und Intensität ausfüllt. Die Figur der Franziska befindet sich in einer privaten Krise, aus der sie keinen Ausweg sieht. Ihre erzkonservativen Eltern (großartig als kleingeistige Mutter: Ulrike Beimpold) wünschen sich Enkelkinder und einen Ehemann für ihre Tochter, Franziska dagegen schafft es nicht, sich vor ihrer Familie als bisexuell zu outen und öffentlich zu ihrer Freundin zu stehen.

Endlos könnte man Reinsperger dabei zuschauen, wie sie Zerrissenheit und Verletzlichkeit mit gleichzeitiger Stärke so überzeugend auf die Leinwand bringt. Und man vergisst, dass man gerade „nur“ einen „Landkrimi“ sieht. Einmal mehr zeigt sich bei dieser Diagonale jedenfalls: Was das Grazer Festival im Großen ist, sind die ORF-„Landkrimis“ im Kleinen – eine beeindruckende Leistungsschau des österreichischen Films.