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Wie geht es weiter bis zur Neuwahl? (debatte.ORF.at)
Auch der Dienstag war ein ereignisreicher Tag für Österreichs Innenpolitik: Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat heute die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorgeschlagene Entlassung von Innenminister Herbert Kickl und die von FPÖ-Regierungsmitgliedern erbetene Entlassung angenommen. Nach der gemeinsamen Ankündigung, eine Expertenregierung auf die Beine zu stellen, wurde am Abend bereits über potenzielle Nachfolger spekuliert. Im ORF.at-Liveticker gibt es die wichtigsten Ereignisse und Statements zum Nachlesen und Nachsehen.
„Es hat eine solche Situation (…) seit 1945 noch nicht gegeben“, sagt Altbundespräsident Heinz Fischer. „Auf der anderen Seite bin ich mit dem Wort Staatskrise vorsichtig“, so Fischer, der heute auch in der ZIB2 zu Gast ist.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist am Abend mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zusammengetroffen. Das Gespräch hat nur rund 30 Minuten gedauert. Vor Journalisten pocht Rendi-Wagner im Anschluss erneut auf die Einsetzung einer Expertenregierung. Nun liege der Ball bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen, für eine Regierung zu sorgen, die eine stabile Mehrheit im Nationalrat hat, so Rendi-Wagner.
Ob sie dann der Entscheidung des Staatsoberhauptes folgen wird, lässt Rendi-Wagner offen. Das komme darauf an, was Van der Bellen vorschlage.
Nach seinem Rücktritt infolge des „Ibiza-Videos“ sieht der zurückgetretene Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) die Schuld für einen Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition nicht bei sich.
In der ZIB stellt Kickl neuerlich FPÖ-Unterstützung für ein Misstrauensvotum gegen Kurz im Nationalrat in den Raum.
Die ÖVP will erste nächste Woche und damit nach der EU-Wahl die von der Opposition geforderte Sondersitzung des Nationalrats abhalten. Das ist aus Sicht von NEOS nicht tragbar, wie Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bereits am Montag klar macht.
Der „Kurier“ berichtet, im BVT werde nun gemutmaßt, die illegale Hausdurchsuchung im Februar 2018 könnte mit dem „Ibiza-Video“ und der Russland-Verbindungen der FPÖ in Zusammenhang gestanden sein. Es sei „haufenweise Material (darunter DVDs) mitgenommen (worden), das nicht vom Hausdurchsuchungsbefehl umfasst war“, so der „Kurier“-Bericht.
Der ehemalige ÖVP-Klubdirektor und Chef des Instituts für Parlamentarismus, Werner Zögernitz, spricht sich im Ö1-Morgenjournal klar für eine politisch besetzte Übergangsregierung aus – Audio dazu in oe1.ORF.at.
Das Außenministerium und das Verteidigungsministerium haben gestern überraschend ihre Beteiligung an einer für heute in Wien angesetzten Konferenz des staatsnahen russischen Waldaj-Diskussionsclubs abgesagt. Acht von neun ursprünglich angekündigten Konferenzteilnehmern aus Österreich scheinen nun nicht mehr in der letzten Programmversion der Veranstaltung auf.
Die Konferenz ist vom FPÖ-nahen Institut für Sicherheitspolitik (ISP) gemeinsam mit der Landesverteidigungsakademie und einem kremlnahen Thinktank organisiert worden. Nach dem Platzen der Regierung lehnt die Landesverteidigungsakademie kurzfristig ab, Räumlichkeiten für die Veranstaltung zur Verfügung zu stellen.
Die aktuelle Regierungskrise lässt den Auslöser, den „Ibiza-Skandal“, derzeit in den Hintergrund rücken. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat bereits gestern ein Video veröffentlicht, in dem die Redaktion ihr Vorgehen erklärt – unter anderem, warum sie nicht das gesamte Material veröffentlicht.
Die Neuwahl auf Bundesebene im Herbst löst auch eine Diskussion über eine vorgezogene Landtagswahl in der Steiermark aus. Die steirischen Grünen fordern, die Landtagswahl mit der Nationalratswahl zusammenzulegen. Steirische Politikexperten tun sich mit Prognosen für einen Wahltermin schwer – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Die FPÖ macht ihre Ankündigung wahr und will dem geplanten Misstrauensantrag gegen die ÖVP-Rumpfregierung zustimmen. Darauf legt sich zumindest Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) laut Tageszeitung „Österreich“ fest.
FPÖ-Chef Norbert Hofer hat das gestern noch offengelassen. Mit den Stimmen der SPÖ droht Kurz damit die Abwahl durch das Parlament.
Die Rechtfertigung von Bundeskanzler Kurz, die Entlassung von Kickl mit dem Argument der lückenlosen Aufklärung vorzuschlagen, ist für Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek nur ein Vorwand, um die Regierung platzen zu lassen: „Unter Strasser beispielsweise waren sowohl das Justiz- als auch das Innenministerium unter schwarzer Hand. Damals war es offensichtlich überhaupt kein Problem, aber jetzt möchte man den Herbert Kickl, der doch ab und an unangenehm für die ÖVP war, im selben Zuge los werden“ – mehr dazu in salzburg.ORF.at.
„Wann immer die Sondersitzung stattfindet: Wer Vertrauen gibt, erhält Vertrauen. Wer Misstrauen gibt, kriegt Misstrauen“, zitiert „Österreich“ Kickl. Er schließe nicht aus, dass nicht Hofer, sondern er selbst für die FPÖ als Spitzenkandidat antritt.
Der designierte geschäftsführende Landesparteiobmann der Wiener FPÖ, Vizebürgermeister Dominik Nepp, gibt gemeinsam mit der Stellvertreterin Veronika Matiasek um 11.00 Uhr eine Pressekonferenz
Aufgrund der aktuellen Ereignisse verschiebt Jetzt seinen für heute geplanten Wahlkampfabschluss für die EU-Wahl auf Donnerstag.
FPÖ und Jetzt wollen Kurz und seiner ÖVP-Rumpfregierung das Misstrauen aussprechen. NEOS nicht. Die SPÖ hat sich noch nicht festgelegt – ohne sie gibt es aber keine Mehrheit für einen Misstrauensantrag. Die Sozialdemokratie ist damit das Zünglein an der Waage.
Via Facebook meldet sich Strache heute zu Wort. Er will die „Hintermänner des kriminellen Videos und Dirty Campaignings aus dem Ausland (…) ausfindig machen“.
Der EU-Rat in Brüssel findet heute ohne Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) statt. Er hat aufgrund der innenpolitischen Krise kurzfristig abgesagt. Noch gestern war Blümels Teilnahme trotz der geplatzten Koalition angekündigt.
In wenigen Minuten wird NEOS-Chefin Meinl-Reisinger bei Van der Bellen in der Hofburg erwartet. Sie ist gegen einen Misstrauensantrag, fordert andererseits aber eine Sondersitzung noch diese Woche. Beides lehnt die ÖVP ab.
Laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“ ist Straches Ehefrau Philippa gestern mit dem gemeinsamen Kind zu ihren Eltern gezogen.
Die Tierschutzorganisation Pfotenhilfe sorgt sich angesichts der Regierungskrise um die Polizeipferde. Sie bietet an, die Tiere auf ihrem Hof in Lochen im Innviertel aufzunehmen.
Man befürchte nämlich, dass die Tiere nun „nach Ungarn oder in die anderen Herkunftsländer zurückgebracht werden“, wo man erfahrungsgemäß Angst haben müsse, dass sie getötet werden – mehr dazu in ooe.ORF.at.
Die NEOS-Chefin berät derzeit mit dem Bundespräsidenten, wie es in der innenpolitischen Krise weitergehen soll.
Van der Bellen wird heute erneut Kurz empfangen. Das Treffen ist für 12.30 Uhr in der Präsidentschaftskanzlei angesetzt. Dabei könnten bereits die Namen besprochen werden, mit denen Kurz die nach dem Abgang der FPÖ-Ministerriege vakanten Posten besetzen will.
Was der „Ibiza-Skandal“ ebenfalls zeigt: Es fehlt an Überwachung und Transparenz bei den Parteienfinanzen. Großspender können die Politik beeinflussen – Kontrolle gibt es kaum. Dabei haben sich alle Parteien vor der Wahl 2017 für strengere Regeln ausgesprochen. Taten folgten nicht.
Die FPÖ dementiert mittlerweile, dass in Sachen Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz bereit seine Entscheidung gefallen ist. „Das ist falsch. Es gibt noch keine Entscheidung“, sagt ein FPÖ-Sprecher der APA.
Die FPÖ sieht Kickl in „Österreich“ missinterpretiert, wie es von mehreren Seiten gegenüber der APA heißt. Kickl habe lediglich gesagt, dass derjenige, der der FPÖ misstraut, auch das Misstrauen der FPÖ habe. Das heiße aber nicht, „dass das Abstimmungsverhalten am Montag definitiv entschieden ist“.
Der burgenländische Landtag kommt morgen zu einer Sondersitzung zusammen. Beantragt wurde diese Sitzung von der ÖVP. Auf der Tagesordnung steht eine Dringliche Anfrage der Volkspartei an Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz (FPÖ) – mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Laut einem Bericht von „Österreich“ hat Strache in den vergangenen Tagen mehr als 100.000 Facebook-Fans verloren. Derzeit „gefällt“ der Facebook-Auftritt rund 799.000 Nutzern und Nutzerinnen. Kurz hält bei knapp 798.000 Fans auf Facebook.
Die Regierungskrise überschattet auch den Europäischen Gewerkschaftskongress in Wien. Als „sehr gute Nachricht“ bezeichnet EGB-Präsident Rudy de Leeuw zu Beginn das „Ende der rechtsgerichteten Koalitionsregierung“ in Österreich.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird heute nach der um 11.00 Uhr beginnenden Sonderpräsidiale eine Presseerklärung abgeben.
Als erster FPÖ-Politiker hat Strache den amtlichen Weg beschritten und um Enthebung angesucht. Sein Schreiben ist gestern bei Van der Bellen eingegangen.
Bei allen anderen ist zunächst Kurz am Zug. Kurz hat Van der Bellen bisher nicht um die angekündigte Entlassung Kickls ersucht. Es wäre die erste Entlassung eines Ministers in der Geschichte der Zweiten Republik.
Die aktuelle Regierungskrise wirkt sich auf den auch heute laufenden BVT-Ausschuss aus. Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ) sagt, dass die Untersuchungen trotz der Situation „fortgesetzt und beendet“ werden sollen.
Sie verweist auf den Konsens aller Fraktionen. „Alle sind sich einig, zusätzliche Tage zu finden, an denen Befragungen stattfinden können“, so Bures. Ziel sei es, alle Auskunftspersonen, die für Juni bzw. Juli geladen sind, vorzuziehen.
Das Treffen der Europaminister heute in Brüssel wird ebenfalls von dem Skandal überschattet. Dieser habe „gesamteuropäische Bedeutung“, sagt der deutsche Europaminister Michael Roth (SPD) in Brüssel. Der „Ibiza-Skandal“ habe gezeigt, dass Populisten durch Regierungsverantwortung nicht entzaubert werden könnten.
Für Populisten seien Demokratie und Anstand „nur Lippenbekenntnisse, nur hohle Phrasen“. Roth hofft darauf, dass die Krise ein Weckruf für andere Staaten sei, dass man Regierungsverantwortung nicht in die Hände von Populisten geben sollte. Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) ist heute nicht in Brüssel.
Ludwig Adamovich, der langjährige Chef des Verfassungsgerichts und Berater mehrerer Bundespräsidenten, ist sich mit Ex-Bundespräsident Heinz Fischer einig: „Das ist keine Staatskrise.“ Denn die Institutionen funktionierten noch. Freilich sei es eine „massive politische Krise“, wie er sie selbst noch nicht erlebt habe, so der 86-Jährige laut „Kurier“-Bericht.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bezeichnet die Regierungskrise ausgehend von dem Strache-Video als „Horrorshow“. Damit seien „die schlimmsten Vorurteile gegen eine schlechte Politik noch übertroffen“ worden. Es sei auch entlarvend, weil der Welt gezeigt werden konnte, was hinter der rechten Fassade stecke.
FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl wird „angesichts der aktuellen innenpolitischen Entwicklungen“ morgen und am Donnerstag nicht an der OECD-Ministerkonferenz teilnehmen.
Als Letzte im Konsultationsreigen ist nun Jetzt-Chefin Maria Stern bei Van der Bellen. Danach folgt ein neuerliches Treffen des Bundespräsidenten mit Kurz.
Die von der ÖVP-FPÖ-Regierung nach außen betonte Harmonie ist nun vorbei. Beide Parteien versuchen einander das Scheitern der Koalition zuzuschieben.
Die ÖVP hat eine E-Mail an ihre Unterstützer und Unterstützerinnen geschickt, um Werbung für die von Kurz getroffene Entscheidung zu machen. Die FPÖ postet heute auf Facebook ein Sujet mit „FPÖ & Herbert Kickl: Der Reformmotor in der Zuwanderungspolitik – ÖVP: Machtpolitik“.
Tausende Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme für die EU-Wahl am Sonntag bereits per Briefwahl abgegeben, also bevor die Regierungskoalition zerbrochen ist. Rückgängig machen können sie ihre Stimme nicht – mehr dazu in salzburg.ORF.at.
In wenigen Minuten treffen einander im Parlament die Chefs und Chefinnen der Parlamentsklubs. Es geht um einen Termin für die Sondersitzung – und darum, ob die Parteien einen gemeinsamen Weg durch die von ÖVP und FPÖ ausgelöste Krise finden.
Die globale Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) sieht in der durch das „Ibiza-Video“ ausgelösten Krise eine Chance für die Überarbeitung des Parteiengesetzes. Dieses müsse in „Richtung mehr Offenlegung von Spenden“ geändert werden, so die Forderung.
NEOS will den Misstrauensantrag gegen Kurz nicht unterstützen, bestätigt Meinl-Reisinger nach ihrem Gespräch mit Van der Bellen: „Aus Verantwortung für das Land müssen wir verhindern, dass aus der Regierungskrise eine volle Staatskrise wird.“
Die Zeit der „Machtspielchen, des Trotzes oder der Parteitaktik sind vorbei“. Kurz dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Er müsse nun das Land stabilisieren.
Für die NEOS-Chefin soll es für die Übergangszeit bis zur Nationalratswahl eine „Verwaltungsregierung“ mit Personen frei von Parteiinteressen geben – als Ersatz für die bisherigen FPÖ-Minister und -Ministerinnen. Die Krise könne auch eine Chance sein.
Wolfgang Klinger wird wie erwartet neuer FPÖ-Landesrat in Oberösterreich. FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner hat ihn heute in einer Pressekonferenz offiziell präsentiert. Er folgt dem gestern zurückgetretenen Elmar Podgorschek nach. Dessen Rücktritt war laut Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) eine Bedingung für die Fortführung der schwarz-blauen Zusammenarbeit in der Landesregierung – mehr dazu in ooe.ORF.at.
Die SPÖ hält weiterhin einen freiwilligen Abgang von Kurz mit einer „geordneten Übergabe“ für die beste Lösung. Nur eine Übergangsregierung, die ausschließlich aus Experten bestehe, könne „Vertrauen und Stabilität bringen“, heißt es in der SPÖ.
Ein Misstrauensantrag ist für die SPÖ derzeit kein „vorrangiges Thema“. Es liege ja auch noch gar nichts auf dem Tisch. Die Jetzt-Fraktion hat gestern einen Misstrauensantrag angekündigt.
SJ-Chefin und SPÖ-EU-Kandidatin Julia Herr fordert in einer Aktion vor dem Kanzleramt Klarheit darüber, wer Kurz’ Wahlkampf 2017 finanziert hat. „Jetzt, wo die Korruption des Systems Schwarz-Blau offengelegt ist, haben sich die ÖsterreicherInnen einige Antworten verdient“, so Herr.
Die FPÖ legt sich zur Frage des Misstrauensantrags nicht fest. Es gebe Gespräche, bestätigt der designierte FPÖ-Chef Hofer. Der Parlamentsklub wolle aber in enger Abstimmung mit der Parteiführung „nach Einbringen eines Misstrauensantrages durch die bestehende Opposition entscheiden“.
Hofer: „Die Argumentation der NEOS, dass man kein Vertrauen in die Regierung habe, ihr aber trotzdem das Vertrauen aussprechen wolle, erscheint mir nicht richtig.“
Laut einer Aussendung der FPÖ ist davon auszugehen, dass der Bundesparteivorstand den designierten Bundesparteiobmann Hofer als Spitzenkandidat nominieren wird.
Innenminister Kickl, der entlassen werden soll, hat noch rasch die umstrittene Verordnung zum 1,50-Euro-Stundenlohn erlassen. Diese legt fest, dass Kommunen für freiwillige Arbeit von Asylwerberinnen und Asylwerbern nicht mehr als 1,50 Euro pro Stunde zahlen dürfen. Das wurde von der Opposition und mehreren Landeshauptleuten heftig kritisiert.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will sich nicht zur Regierungskrise äußern. Juncker hält sich heute in Wien auf und tritt dort beim Europäischen Gewerkschaftskongress auf. „Ich bin gerne nach Wien gekommen. Nicht um mich aktiv gestaltend in die sich anbahnende Regierungskrise einzumischen, obwohl ich Lust dazu hätte. Sondern weil ich gerne am Parlament der Arbeit heute teilnehme.“
Kickl verweist darauf, er habe sich mit Kurz bereits auf die Verordnung geeinigt gehabt. Kurz habe sich gegen den Widerstand von ÖVP-Landeshauptleuten nicht durchsetzen können, so die Darstellung des Noch-Innenministers.
Die Verordnung tritt mit Ablauf des Tages in Kraft. Mitten in der Regierungskrise ist dieser Akt – neben den Folgen für die davon Betroffenen – auch eine Provokation für die ÖVP.
Der für seinen Separatismus bekannte bosnisch-serbische Politiker Milorad Dodik, Vertreter der Serben in der dreiköpfigen Staatsführung Bosniens, ist überzeugt, dass es sich bei der „Ibiza-Affäre“ um ein „abgekartetes Spiel“ gehandelt hat. Die gute Zusammenarbeit mit der FPÖ wolle er jedenfalls fortsetzen.
Bei der offiziellen Präsentation von Dominik Nepp als neuer Wiener Landesparteiobmann stellt sich dieser hinter Strache. Laut einem Bericht des „Standard“ sieht er keine Notwendigkeit, dass Strache aus der Partei austrete. Er sei nur einfaches Parteimitglied. Auf die Frage nach einem Comeback Straches sagt er: „Man kann im Leben nie etwas ausschließen.“
Nationalratspräsident Sobotka setzt für Montag, den Tag nach der EU-Wahl, die Sondersitzung des Nationalrats an. Die Opposition hat bereits für morgen einen Termin gefordert.
Sobotka begründet die Entscheidung für den Zeitpunkt der Sondersitzung des Nationalrats mit „staatspolitischer Verantwortung“. Er wolle „dem EU-Wahlkampf Raum geben“.
Kritik kommt von der Opposition, die eine frühere NR-Sondersitzung zur innenpolitischen Krise gefordert hatte. „Kurz traut sich vor der EU-Wahl nicht in das Parlament. Und der Nationalratspräsident hat sich für diese Machtspiele missbrauchen lassen“, bemängelt Leichtfried (SPÖ).
„Gerade aufgrund der staatspolitischen Verantwortung wäre es nötig, dass sich Bundeskanzler Kurz dem Parlament stellt“, meint auch NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak.
Der Präsident des deutschen Bundestags, Wolfgang Schäuble, glaubt, dass beim „Ibiza-Video“ ein Geheimdienst am Werk war. „Irgendwie riecht’s nach irgendwas wie ein Geheimdienst“, sagt der CDU-Politiker laut einer Audioaufnahme, die das deutsche Magazin „stern“ heute veröffentlicht hat.
Eine kurze Pause von der innenpolitischen Krise hat Kurz heute bei seinem Treffen mit dem chinesischen Parlamentspräsidenten Li Zhansu gemacht. Es sei eine „große Freude“, so Kurz. Dabei sei es um die „exzellenten bilateralen Beziehungen zwischen den Staaten und die Aussichten für die weitere Kooperation“ gegangen.
Jetzt hat heute den anderen Parteien ihren Entwurf für den Misstrauensantrag gegen Kurz übermittelt. Laut diesem Entwurf für einen Entschließungsantrag soll der Nationalrat beschließen: „Dem Bundeskanzler wird (…) durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“
Ob dieser Antrag in der für Montag angekündigten Sondersitzung eine Mehrheit finden wird, ist noch offen. Die FPÖ und die SPÖ haben sich noch nicht festgelegt, ob sie dem zustimmen werden.
Abseits aller inhaltlichen und taktischen Überlegungen hat der Montag-Termin für die Sondersitzung aus Sicht von ÖVP und FPÖ einen klaren Vorteil: Die Opposition bekommt keine Bühne, um vor der EU-Wahl mit der gescheiterten Koalition abzurechnen.
Nun hat auch Jetzt-Chefin Stern ihren Besuch bei Van der Bellen beendet. Sie hat für den Misstrauensantrag gegen Kurz geworben. Sie unterstütze den Vorschlag der SPÖ für eine vorübergehende Expertenregierung. Das Gespräch mit Van der Bellen sei konstruktiv und besonnen gewesen.
Während Kickl noch zumindest eine Verordnung erlässt, haben andere bei der FPÖ offenbar bereits eingepackt. Hofers Sprecher Volker Höferl hat eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen, berichtet das Ö1-Mittagsjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at: „Bin unter dieser Nummer nicht mehr erreichbar, warum, fragen Sie Sebastian Kurz.“
Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger tendiert in Sachen Misstrauensantrag zu einer Zustimmung der FPÖ. „Meiner Ansicht nach sollten wir das schon eher machen“, sagt Abwerzger der APA. Die Entscheidung liege aber bei der Spitze der Bundespartei bzw. beim designierten Parteiobmann Hofer.
In Kürze ist Kurz bei Van der Bellen, und schon sprießen die Personalspekulationen, welche Experten und Expertinnen anstelle der FPÖ-Ministerriege zum Einsatz kommen könnten.
APA-Informationen zufolge könnte der langjährige burgenländische Militärkommandant Johann Luif als Beamtenminister im Verteidigungsministerium eingesetzt werden. Der Generalleutnant ist Leiter der Generalstabsdirektion und gilt als ÖVP-nahe.
Auch von der Opposition werden Wunschkandidaten für eine Übergangsregierung genannt. Werner Kogler (Grüne) kann sich etwa den ehemaligen EU-Kommissar Franz Fischler als Übergangskanzler vorstellen. Andreas Schieder (SPÖ) bringt Ex-Bundespräsident Heinz Fischer in die Diskussion ein.
Die SPÖ stelle sich „keiner sinnvollen Lösung“ in den Weg. Zu den „besten Köpfen“ Österreichs zählen laut Schieder auch der frühere Raiffeisen-General und Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, der Diplomat Wolfgang Petritsch und Ex-LIF-Chefin Heide Schmidt.
Nach dem für rund eine Stunde geplanten Gespräch von Van der Bellen mit Kurz sollen diese gemeinsam auftreten. Neben Statements sollen dabei auch Fragen von Journalistinnen und Journalisten beantwortet werden.
Kurz hat zu Van der Bellen einen schneeweißen Folder mit goldgeprägtem Bundesadler mitgebracht. Möglicherweise handelt es sich dabei um das Gesuch, FPÖ-Innenminister Herbert Kickl zu entlassen.
Die Turbulenzen der Regierung haben dazu geführt, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) die für Freitag vorgesehene Vorlage des vorläufigen Länderberichts zu Österreich verschoben hat.
Das ist eine Art wirtschaftspolitisches „Zeugnis“ mit Handlungsempfehlungen an die Politik. Da aber nun die Ansprechpartner für die Empfehlungen abhandengekommen sind, hat auch die Vorlage wenig Sinn.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft derzeit zahlreiche Anzeigen in Zusammenhang mit den „Ibiza-Video“. Es werde das „Vorliegen eines Anfangsverdachts“ geprüft, heißt es in einer Mitteilung. Details zum Verfahren und Namen von Beteiligten werden keine genannt.
Der oberösterreichische FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner ist sich „zu 100 Prozent“ sicher, dass die FPÖ mit Norbert Hofer als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl gehen werde.
Gefragt, ob Strache je wieder eine Funktion in der FPÖ bekleiden solle, antwortet er klar: „Nein.“ Was einen etwaigen Parteiausschluss angeht, hält er sich noch bedeckt. Das könne er nun nicht beantworten, man müsse einfach die nächste Zeit abwarten – mehr dazu in ooe.ORF.at.
Die Vorarlberger SPÖ stellt bereits die Weichen für die Neuwahl und nominiert Nationalrat Reinhold Einwallner als Vorarlberger Spitzenkandidaten – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
Die Satireshow „Neo Magazin Royale“ von Jan Böhmermann stellt laut ZDF-Angaben in ihrer nächsten Ausgabe nicht Österreichs Regierungskrise in den Mittelpunkt. Böhmermann hat für Donnerstag ein „kleines Special“ angekündigt.
Rendi-Wagner wirft Kurz angesichts der andauernden Regierungskrise „Dialoglosigkeit“ vor. Diese herrsche zwischen den politischen Parteien, im Parlament, zwischen den Regierenden und der Gewerkschaftsbewegung sowie den Sozialpartnern im Allgemeinen.
Die Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und Parlamentsredakteure protestiert in einer Aussendung gegen „Message-Control“. Aktueller Anlass sind die zahlreichen Politikerauftritte, insbesondere der Regierungsseite, bei denen keine Fragen zugelassen werden. „Medienleute sind nicht dazu da, Staffage für die Regierung oder politische Parteien zu sein.“
Bereits gestern hat es Empörung über das Frageverbot gegeben – am Abend des vierten Tages der Regierungskrise hat Kurz dann erstmals ein paar wenige Fragen gestattet. Helmut Brandstätter hat Journalisten zum Boykott aufgerufen.
Der designierte Landesparteiobmann der Wiener FPÖ, Dominik Nepp, sieht die Partei bestens gerüstet für die Urnengänge in Europa und im Bund – und ist überzeugt, dass die FPÖ bei der Nationalratswahl „ausgezeichnet“ abschneiden wird – mehr dazu in wien.ORF.at.
Kurz stand bereits am anderen Ende der berüchtigt langen Zimmerflucht der Präsidentschaftskanzlei, bog dann aber unerwartet ab. Live heißt es da: lange plaudern.
Die Vorarlberger Landtagswahl und die vorgezogene Nationalratswahl werden entgegen den Wünschen von SPÖ und NEOS nicht am selben Sonntag durchgeführt werden. Darauf hat sich die Landesregierung heute geeinigt. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) begründet diese Entscheidung mit klaren Empfehlungen der Wahlexperten des Innenministeriums und aus dem Landhaus.
Wann die vorgezogene Nationalratswahl stattfinden wird, ist noch ungewiss. Wallner vermutet den 15. September. Sobald dieses Datum fixiert sei, werde das Land festlegen, ob die Landtagswahl davor oder danach stattfindet. Ursprünglich wäre sie am 22. September vorgesehen gewesen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
Auch die Kabarettgruppe Maschek taucht heute Abend in der ORF-Sendung „Willkommen Österreich“ mit Stermann und Grisseman in die „Ibiza-Affäre“ ein.
Der Chef der SPÖ Steiermark, Michael Schickhofer, spricht sich für eine Expertenregierung ohne Sebastian Kurz aus – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Bei seinem Wien-Besuch sagt Kommissionspräsident Juncker, dass nicht das Video ausschlaggebend sei, sondern das, was gesagt wird. Seine Reaktion auf einen möglichen Misstrauensantrag gegen Kurz: „Wir haben eine Fülle von Minderheitsregierungen in Europa, dauernd treten Regierungschefs zurück und andere an.“
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will Regierungschefs keine öffentlichen Ratschläge erteilen.
Empfehlungen wolle er keine geben. Er mache Regierungschefs nie öffentlich Ratschläge, so Juncker: „Aber ein Ratschlag wäre, er soll mir immer genau zuhören.“ Die EU-Wahl sei jedenfalls „der Tag, den man gut nutzen kann, um der Gefahr von rechts den Rücken zu kehren“.
Die Regierungskrise mit ihren Unsicherheiten auf Bundesebene habe auf die Arbeit in der Kärntner Landesregierung keine Auswirkung, sagen Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und Landesrat Martin Gruber (ÖVP) nach einer Sitzung der Landesregierung – mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Jetzt hat den Entwurf für den Misstrauensantrag fertig. Man wolle damit verhindern, dass Kurz die Regierungskrise für ein „ÖVP-Wahlkabinett missbraucht“, so Jetzt-Gründer Peter Pilz.
Für die Regierungsbeteiligung hat sich die FPÖ zur historischen Aufarbeitung der eigenen Geschichte, die eng mit ehemaligen Nationalsozialisten und den Burschenschaften verknüpft ist, verpflichtet.
Eigentlich sollte der Bericht der Kommission bereits letzten Herbst fertig werden. Offen ist, ob die Kommission ihre Arbeit nun überhaupt abschließt. Bereits die Zusammensetzung der Kommission ist heftig kritisiert worden.
Informationen der ZIB zufolge gibt es derzeit bei den Überlegungen zur Expertenregierung die Tendenz zu Experten etwa von Universitäten und Institutionen wie dem Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO). Ehemalige Politiker und Politikerinnen seien derzeit nicht hoch im Kurs.
Die Neuwahl stellt die Grünen und deren Abspaltung Jetzt vor eine existenzielle Frage – und das früher als erwartet. Sie müssen entscheiden, ob sie die Spaltung rückgängig machen oder als getrennte Parteien ins Rennen gehen.
Äußerungen des früheren deutschen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen zur „Ibiza-Affäre“ in Österreich stoßen in Deutschland auf enorme Kritik. Maaßen hat die Veröffentlichung der Videoaufnahmen verurteilt. Die SPD bezeichnet die Aussagen von Maaßen als eine Überschreitung von Grenzen.
Nachdem Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) angekündigt hat, eine Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unterstützen zu wollen, zeigt sich der designierte Parteichef Norbert Hofer zurückhaltender.
Bezogen auf die politische Lage im Bund hat Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) heute von „turbulenten Zeiten“ gesprochen. Umso wichtiger seien Besonnenheit und Zusammenarbeit auf Landesebene, so Mikl-Leitner.
Zum angekündigten Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Kurz sagt Mikl-Leitner: „Das ist natürlich das Recht jeder politischen Partei. Ich bin aber überzeugt, dass Sebastian Kurz das einzig Richtige in dieser Situation getan hat, nämlich Neuwahlen auszurufen“ – mehr dazu in noe.ORF.at.
Das Treffen zieht sich mittlerweile deutlich in die Länge. Anschließend sollen Kanzler und Bundespräsident Stellung nehmen.
Noch ist nicht entschieden, ob die SPÖ den Misstrauensantrag gegen Kurz unterstützt. Dennoch ist eine Liste mit Personen durchgesickert, von denen sich die Partei eine Übergangskanzlerschaft vorstellen kann. Neben schon genannten Namen wie Ex-LIF-Chefin Schmidt und Ex-EU-Kommissar Fischler sind auch Ex-Verwaltungsgerichtshof-Präsident Clemens Jabloner, Notenbankchef Ewald Nowotny und sein Vorgänger Klaus Liebscher genannt worden. Bestätigen will die SPÖ keinen dieser Namen.
Auf die Frage, wie sich die SPÖ auf Bundesebene verhalten werde, sagt der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), es sei alles zu berücksichtigen: „Ein Ja oder Nein kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss in das eingebettet werden, was an möglichen Folgen zu erwarten ist. Ich gehe davon aus, dass das abgewogen wird“ – mehr dazu in kaernten.ORF.at.
Kritik am Termin der Sondersitzung des Nationalrats zur „Ibiza-Affäre“ übt auch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Sie fordert Kurz auf, das Parlament unverzüglich zu informieren.
Der SPÖ-Antrag zur Sondersitzung liege seit vergangener Woche da. Sie zeigt sich „irritiert“, dass nun Nationalratspräsident Sobotka „im Alleingang und ausschließlich auf Wunsch der ÖVP“ die Sitzung für Montag festgelegt habe.
Mit einer Analogie zum Wahlspruch der SS, „Unsere Ehre heißt Treue“, hat der FPÖ-Abgeordnete Martin Graf Strache mit einem Facebook-Post den Rücken gestärkt: „Wer heute den Stab über unseren Heinz Christian Strache bricht, hat weder Ehre noch Treue und gar nicht politisches Gespür im Leib.“
In einer Aussendung kritisiert die SPÖ-Abgeordnete für Gedenkkultur, Sabine Schatz, diesen „nächsten FPÖ-Einzelfall“. Es sei ein „inakzeptables Schielen nach rechts“.
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, sieht in den innenpolitischen Turbulenzen keine Staatskrise, sondern im Gegenteil eine Bestätigung für das Funktionieren der liberalen Demokratie. „Die Medienfreiheit ist gegeben, die Bundesverfassung und der Bundespräsident regeln den weiteren Weg, Österreich funktioniert.“
„Es sind unübersichtliche Tage. Wir betreten Neuland, aber es gibt keinen Grund, besorgt zu sein. Es zeigt sich die Eleganz und Schönheit unserer Verfassung“, so Van der Bellen nach seiner Unterredung mit Kurz. Jeder Schritt sei darin verankert, und er werde in der Übergangszeit auf die Einhaltung jedes Details achten.
FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl will in der Übergangszeit im Amt bleiben.
Innenminister Kickl ist vom Bundespräsidenten entlassen worden – ein Novum in der Zweiten Republik.
Laut Van der Bellen hat Strache gestern schriftlich um die Enthebung von seinen Ämtern gebeten. Er sei nun von Kurz darüber informiert worden, dass die FPÖ-Minister- und -Ministerinnen sowie Staatssekretäre um Entlassung aus ihrem Amt gebeten haben. Kneissl wolle Außenministerin bleiben. Diese Wünsche wolle er allen erfüllen, so der Bundespräsident.
Die Enthüllungen der letzten Tage hätten eine instabile Situation in Österreich und Schaden für das Ansehen Österreichs gebracht, so Kurz nach dem Treffen mit Van der Bellen. Er sei nun vom Bundespräsidenten beauftragt worden, eine Expertenregierung für den Übergang einzusetzen. Noch heute will Kurz die entsprechenden Vorschläge an den Bundespräsidenten übermitteln.
„Ich appelliere an alle Fraktionen im Parlament, die Übergangsregierung ernst zu nehmen und keine Beschlüsse zu fällen, die viel Geld kosten“, sagt Van der Bellen. Er gehe davon aus, dass die Übergangsregierung bis zur Neuwahl halten werde.
Anders als in vorangegangenen Statements von Politikern und Politikerinnen sind diesmal Fragen zugelassen.
Bis spätestens heute Abend will Kurz Namen als Ersatz für die entlassenen FPÖ-Minister nennen. Er sucht nun „fachlich qualifizierte Personen aus der Verwaltung und Experten mit hoher Integrität und hoher Unabhängigkeit“.
Da gehe es vor allem um Spitzenbeamte, die auch fachliche Qualifikationen mitbringen. Das sei eine lösbare Aufgabe, die er in Absprache mit dem Bundespräsidenten erfüllen wolle. Er werde aber auch mit den Oppositionsparteien über die Personalvorschläge sprechen.
Van der Bellen beruhigt: Man betrete mit der Entlassung Kickls Neuland. Das Vorgehen sei aber durch die Verfassung klar abgesichert.
Einem Bericht des Magazins „profil“ zufolge soll es im Umfeld von Strache einen weiteren Verein geben. Ein Manager soll dem Verein Wirtschaft für Österreich mehrere tausend Euro gespendet haben – auf Vermittlung von Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus.
Trotz eines möglicherweise von SPÖ und FPÖ unterstützten Misstrauensantrags gegen Kurz setzt Van der Bellen auf die Übergangsregierung: „Ich denke heute an keinen Plan B.“ Er glaube, dass die Parlamentsparteien ihr Vorgehen sehr sorgsam abwägen werden. So gehe er heute davon aus, dass die Übergangsregierung im Amt bleibe.
Bundespräsident Van der Bellen hat „keinen Plan B“ zur Übergangsregierung. Er gehe davon aus, dass diese bis zur Wahl im Amt bleibe.
FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl meldet sich nach dem Statement von Van der Bellen zu Wort. „Als unabhängige Expertin fühle ich mich verpflichtet, meinen eingeschlagenen Kurs beizubehalten und unserem Land gerade jetzt weiterhin zur Verfügung zu stehen“, so Kneissl in einer Presseaussendung.
Noch nicht bekannt ist, wann die neue Regierung angelobt wird. Vermutlich wird es bereits morgen sein. Dann verlieren auch die freiheitlichen Regierungsmitglieder Kickl, Hofer, Kunasek, Hartinger-Klein und Strache tatsächlich ihre Posten.
STRABAG-Chef Hans Peter Haselsteiner hat im „Ibiza-Video“ ebenfalls eine Rolle gespielt – wenn auch ungewollt. Strache hat der vermeintlichen Oligarchennichte Staatsaufträge zulasten der STRABAG in Aussicht gestellt. Haselsteiner verzichtet auf eine Klage: „Strache ist mir eine Ehrenbeleidigungsklage nicht wert“, sagt er im Ö1-Mittagsjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at.
„Ich war erstaunt, dass man so naiv sein kann und so etwas passiert“, sagt Haselsteiner. Der Inhalt habe ihn weniger überrascht. Aber es sei „eine Schweinerei, den Eindruck zu erwecken, dass da ein Durchgriffsrecht möglich wäre“.
Der Staats- und Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sieht ein etwaiges Expertenkabinett infolge eines erfolgreichen Misstrauensvotums gegen die amtierende Regierung zwar nicht als Krise, aber als eine „schwere Belastung des Systems“.
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Müller gibt einer Expertenregierung durchaus Chancen, die nach der „Ibiza-Affäre“ geforderten politischen Reformen anzustoßen. Diese könne vor allem Druck auf die Parteien aufbauen, sodass „sie sinnvollen Reformen zustimmen“, so Müller im APA-Interview.
Kurz wird nach Einschätzung des früheren bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber gestärkt aus der nächsten Wahl hervorgehen. „Ich glaube, dass er völlig richtig gehandelt hat“, sagt Stoiber in einem Telefoninterview mit der APA. Die „Ibiza-Affäre“ sei „nicht nur ein Problem für Österreich“, so Stoiber mit Blick auf andere rechtspopulistische Parteien.
Die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) sagt eine Literaturveranstaltung im Palais Epstein ab, die sich heiter mit der Kriminalgeschichte der Zweiten Republik auseinandersetzen sollte.
„Ein ernster – aber auch heiterer Streifzug durch die Kriminalgeschichte der II. Republik“ hat der Titel des für kommende anberaumten Events gelautet. Neben Kitzmüller hätte als Redner Max Edelbacher, heute Autor, früher Vorstand des Sicherheitsbüros, das Publikum unterhalten sollen.
Am Samstag, kurz nachdem der Kanzler offiziell das Aus der Koalition und den Wunsch nach Neuwahlen verkündet hat, hat er in einer Mail an Unterstützer und Unterstützerinnen um Unterstützung geworben und darin ebenfalls erklärt: „Genug ist genug.“ Das berichtet der „Standard“ heute.
Mit einem „Servus“ habe sich gestern auch Blümel an vermeintliche Sympathisanten gewandt und Kurz’ Arbeit gelobt. Versehentlich ist diese Mail auch an den Journalistenverteiler geschickt worden.
Herbert Kickl (FPÖ) verabschiedet sich via Facebook von seiner Tätigkeit als Innenminister. Er habe mit seiner „ganzen Kraft und Leidenschaft“ dafür gearbeitet, „unsere Heimat Österreich zu schützen und dieses Land für unsere Kinder und Enkelkinder zu bewahren“.
Der nach der „Ibiza-Affäre“ aus allen Funktionen zurückgetretene Gudenus „befürchtet weiteres Material, das mich in kompromittierenden Situationen zeigt“. Das sei neben dem bekannten Video ein weiterer Grund für den vollständigen Rückzug aus der Politik gewesen.
„Benebelt, naiv und vertrauensselig – in dieser Kombination ein echtes Desaster“, kommentiert Gudenus die bereits veröffentlichten Aufnahmen. Es tue ihm aufrichtig leid. Er sei zur Zeit des Treffens in einer Ausnahmesituation gewesen. Gudenus sieht sich damit als „willkommenes und willfähriges Opfer“, das man „womöglich zusätzlich mit K.-o.-Tropfen oder ähnlichen Substanzen und Drogen“ gefügig gemacht habe. Damit wolle er aber die Schuld nicht von sich weisen.
Kurz hat offengelassen, ob er am kommenden Dienstag an einem EU-Gipfel in Brüssel teilnimmt. „Das ist nicht allein unsere Entscheidung“, sagt Kurz heute. Die Handlungsfähigkeit der Republik auf europäischer Ebene sei jedenfalls gegeben.
„Ich glaube nicht, dass es schwierig sein wird, im Europäischen Rat handlungsfähig zu sein, wenn ich dort anwesend bin. Wenn die Entscheidung am Montag eine andere ist, na ja, dann wird auch die Situation für den Europäischen Rat eine gänzlich andere sein“, so Kurz.
Selbst im Falle eines Misstrauensvotums am Montag könnte Kurz noch geschäftsführend als Kanzler zum EU-Gipfel reisen.
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner kritisiert die Vorgangsweise von Kanzler Kurz zur Bildung einer Übergangsregierung mit Experten statt der bisherigen FPÖ-Minister. „Er (Kurz, Anm.) hat sich nicht ernsthaft um eine gesicherte parlamentarische Mehrheit für seinen Vorschlag bemüht“, so Rendi-Wagner.
Sie hätte sich erwartet, dass Kurz im Interesse der Stabilität Österreichs einen anderen Weg wählt. Sie beharrt auf einer reinen Expertenregierung. Ein Misstrauensvotum schließt die SPÖ-Chefin weiterhin nicht aus.
Auch in Brüssel ist die „Ibiza-Affäre“ Thema. Die Angelegenheit sei zwar im Rat der Europaminister nicht besprochen worden, „weil das nicht der richtige Ort dafür ist“, aber „wir verfolgen das aufmerksam“, sagt der rumänische Europaminister George Ciamba im Anschluss an das Treffen der Ressortchefs am Nachmittag.
EU-Budgetkommissar Günther Oettinger sagt: „Wenn man das siebenstündige Video ernst nimmt, dann wäre die Bereitschaft zu Korruption, die Bereitschaft, Interessen Europas, eines Mitgliedsstaates einzubringen mit einem Deal, nicht mit der Werteordnung Europas vereinbar.“ Der betreffende Politiker sei inzwischen aber zurückgetreten, die Frage stelle sich nun nicht mehr.
Van der Bellen wird sich um 19.45 Uhr in einer Rede zur aktuellen politischen Lage direkt an die österreichische Bevölkerung wenden. Nach Informationen aus der Hofburg wird der Präsident dabei aber noch keine Namen zur Übergangsregierung nennen.
Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „profil“ hat ein Wiener Manager nach eigener Aussage mehrere tausend Euro an den FPÖ-nahen Verein „Wirtschaft für Österreich“ gespendet – angeblich auf Vermittlung von Johann Gudenus – mehr dazu in wien.ORF.at.
Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) befürchtet wegen des Skandals Auswirkungen auf die EU-Wahl. „Das ist ein menschliches Totalversagen“, sagt AfD-Landeschef Helmut Seifen in Düsseldorf über Strache.
„Das ist traurig für ihn selbst, aber auch schade für uns, weil unsere politischen Gegner die Situation jetzt ausnutzen“, so Seifen.
Strache entschuldigt sich bei den im „Ibiza-Video“ als angebliche Spender genannten Unternehmen. „Meine in dem besagten Video-Mitschnitt dargestellte Nennung dieser prominenten Unternehmerpersönlichkeiten war ein Ausdruck schlichter Prahlerei, nicht mehr“, sagt er gegenüber der APA.
Strache hat in dem Treffen auf Ibiza behauptet, die österreichischen Unternehmer Rene Benko, Gaston Glock, Heidi Goëss-Horten sowie der Glücksspielkonzern Novomatic hätten Geldzuwendungen zugunsten von Vereinen getätigt. „Hierbei wird der Eindruck erweckt, diese Zuwendungen seien der FPÖ zu Gute gekommen“, so Strache. Dass es tatsächlich dazu gekommen ist, bestreitet Strache abermals.
Kritik an einem möglichen Misstrauensvotum äußert Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gegenüber dem „Kurier“. Es könne zur Lage kommen, dass Österreich kurz nach der EU-Wahl ohne Regierungschef dastehe und „keinen Regierungschef nach Brüssel“ entsenden könne, so Platter weiter. Für die bevorstehenden Wahlen wünscht er sich „keine Schlammschlacht“.
Im Interview mit der „Presse“ sagt Gudenus, dass er sich Sendungen wie die „Romy“-Preisverleihung nicht ansieht: „Ich sehe mir solche Sendungen und Auftritte für gewöhnlich nicht an. Bis dato war mir Herr Böhmermann auch kein Begriff.“ Bei der „Romy“ im April hat der deutsche Satiriker Jan Böhmermann Anspielungen auf das „Ibiza-Video“ gemacht.
Der Jurist Eckart Ratz soll Berichten der Tageszeitungen „Österreich“ und „Vorarlberger Nachrichten“ zufolge Kickls Nachfolger werden. „Österreich“ bezieht sich dabei auf Insider. Ratz war von 2012 bis 2018 Präsident des Obersten Gerichtshofs.
Der Song „We’re Going to Ibiza“ von Vengaboys führt derzeit die iTunes-Charts in Österreich an. Am Freitag – nach Bekanntwerden des „Ibiza-Skandals“ – postete der deutsche Satiriker Jan Böhmermann auf seinem Twitter-Channel kommentarlos das YouTube-Video zum Lied. „Hey, ist das dein Verdienst?“, fragte die Band Böhmermann via Twitter.
Kickl erließ kurz vor seinem unfreiwilligen Abgang die Verordnung zur Senkung des Stundenlohns für Asylwerberinnen und Asylwerber für gemeinnützige Tätigkeiten auf 1,50 Euro. „Ich fordere die zukünftig Verantwortlichen im Innenministerium auf, diese Verordnung sofort zurückzunehmen“, so der neu gewählte Präsident der Volkshilfe Österreich, Ewald Sacher.
Nach Ansicht der Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle dürfte die FPÖ bei einem Misstrauensvotum gegen den Kanzler stimmen. „Die haben Rachegelüste“, sagt die Forscherin der dpa.
Über den Urheber des „Ibiza-Videos“ wird derzeit viel spekuliert. Der „Kurier“ berichtet mit Verweis auf mehrere Insider, dass es „eine Spur in das parteipolitische Umfeld von Gudenus & Co. geben soll“. Dieser könne sich das zwar nicht vorstellen, sei „an diesem Hinweis jedoch sehr interessiert“, heißt es in dem Bericht weiter.
„Ein gutes Vorbild zeigt Anstand nicht nur, wenn Kameras im Raum sind, sondern handelt aus einer inneren Überzeugung heraus“, sagt Van der Bellen bei seiner Ansprache. Er entschuldigt sich zudem für das Bild, das die Politik derzeit abgebe: „So sind wir nicht. So ist Österreich einfach nicht.“
„Wenden Sie sich nicht von der Politik ab“, sagt Van der Bellen weiter. „Nur Mut und etwas Zuversicht, wir kriegen das schon hin. Wir haben das in der Vergangenheit auch schon geschafft, das ist etwas typisch Österreichisches.“
Es sei nun außerdem nicht die Zeit für Wahlkampfreden, sagt Van der Bellen mit Anspielung auf die Neuwahl Anfang September. Er ruft auch dazu auf, bei der EU-Wahl am Sonntag seine Stimme abzugeben.
Der Bundespräsident hat sich an die Bevölkerung gewandt. „Wir kriegen das hin“, so Van der Bellen.
Der politische Rückzug von Strache in Folge des „Ibiza-Videos“ dürfte für dessen Ehefrau Philippa kein Grund sein, sich nicht weiter für die Partei zu engagieren. In einem YouTube-Video wirbt die Tierschutzbeauftragte der Partei für EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky, der laut Videobotschaft ihr „ganzes Vertrauen“ hat.
Namen für die Übergangsregierung hat Van der Bellen im Zuge seiner Ansprache nicht bekanntgegeben. In den Medien wird allerdings heftig spekuliert. Laut Informationen von „Standard“ und „Kleine Zeitung“ ist für die Kickl-Nachfolge neben dem Juristen Eckart Ratz auch die Richterin am Verfassungsgerichtshof, Eleonore Berchtold-Ostermann, im Gespräch.
Auch für das Verkehrsministerium werden mit Austro-Control-Geschäftsführerin Valerie Hackl und Sektionschef Gerhard Gürtlich weitere potenzielle Nachfolger genannt. Kunasek soll Johann Luif als Verteidigungsminister nachfolgen. Luif ist aktuell der Leiter der Generalstabsdirektion im Verteidiungsministerium. Sozialminister soll der Pensionsexperte im Sozialministerium, Walter Pöltner, werden.
Rund um den angekündigten Misstrauensantrag ist offen, wie sich FPÖ und SPÖ verhalten werden. Der niederösterreichische SPÖ-Landesparteichef Franz Schnabl sieht keinen Grund, der ÖVP weiter zu vertrauen.
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Als „eine Option unter mehreren“ bezeichnet Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) einen Misstrauensantrag. Er erwartet jedoch, dass die ÖVP inhaltlich auf die SPÖ zugeht.
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Die neuen Minister der Übergangsregierung sollen erst morgen offiziell bekanntgegeben werden. Dann dürfte auch der Bundespräsident das neue Kabinett sofort angeloben, berichtet die APA. Ein genauer Termin dafür steht noch nicht fest.