Der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft zufolge gibt es in Borodjanka die meisten Opfer in der Region Kiew. Diese Angaben konnten noch nicht überprüft werden. Die Bilder aus einem anderen Kiewer Vorort, Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen von Bewohnerinnen und Bewohnern auf den Straßen gefunden worden waren, hatten international Entsetzen ausgelöst. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, Moskau bestreitet das.
Neue US-Sanktionen treffen auch Kinder von Putin und Lawrow
Angesichts des Krieges und der berichteten Gräueltaten verhängen die USA neue Sanktionen gegen Russland. Die Strafmaßnahmen richten sich unter anderem gegen zwei große russische Banken sowie die erwachsenen Kinder des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des Außenministers Sergej Lawrow, wie das Weiße Haus in Washington am Mittwoch ankündigte.
Betroffen sind die Sberbank und die von mehreren Oligarchen gegründete Alfa Bank. Die Sberbank hält nach Angaben des Weißen Hauses fast ein Drittel der Vermögenswerte des gesamten russischen Bankensektors und ist für die russische Wirtschaft systemrelevant. Die Alfa Bank sei Russlands größtes Finanzinstitut in Privatbesitz. Die US-Regierung verbietet außerdem neue Investitionen in Russland durch US-Personen, wo auch immer sich diese befinden. So solle Russland weiter von der Weltwirtschaft isoliert werden.
Strafmaßnahmen werden außerdem gegen russische Eliten und deren Verwandte verhängt. Dazu zählen unter anderen die beiden Töchter Putins, Maria Worontsowa und Katerina Tichonowa, die Frau und die Tochter von Außenminister Lawrow, der frühere russische Staatschef Dmitri Medwedew sowie Premierminister Michail Mischustin. „Mit dieser Maßnahme werden sie vom US-Finanzsystem abgeschnitten und ihre Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten eingefroren“, so das Weiße Haus.
NATO: Krieg könnte noch Jahre dauern
Indessen rechnet die NATO mit einem noch lange anhaltenden Krieg. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seine Ambitionen aufgegeben habe, die komplette Ukraine zu kontrollieren, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einem Treffen der 30 Außenminister der Bündnisstaaten in Brüssel. Man müsse sich bewusst darüber werden, dass der Krieg noch „viele Monate oder sogar Jahre“ andauern könne.
Den Rückzug russischer Truppen aus dem Norden der Ukraine erklärt Stoltenberg mit einer nach NATO-Erkenntnissen geplanten Großoffensive im Osten. Die Streitkräfte sollen demnach verstärkt und neu bewaffnet werden, um den gesamten Donbas einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen.
EU erwägt Sanktionen im Energiebereich
Die EU berät angesichts der fortschreitenden Aggression über weitere Strafmaßnahmen. EU-Ratspräsident Charles Michel rechnet damit, dass auch Sanktionen bei Öl und Gas aus Russland „früher oder später“ notwendig sein werden.
Zuletzt hatte die EU-Kommission einen Importstopp für Kohle aus Russland vorgeschlagen, worüber die Mitgliedsstaaten nun entscheiden müssen. Dieser sei aber nicht genug, so auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Man müsse sich nun auch dem Thema Öl widmen, um Russland die finanzielle Grundlage für den Krieg zu entziehen. Vor allem gegen einen Gasboykott gibt es in den EU-Staaten heftigen Widerstand, auch aus Österreich.
Debatte: Welche Rolle spielt der Westen?
Mit den offensichtlichen russischen Verbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung hat der Ukraine-Krieg eine neue Dimension des Terrors erreicht. Wie könnte eine politische Lösung aussehen? Welche Folgen haben mutmaßliche Verbrechen an Zivilisten? Welche Rolle spielt der Westen?
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