„Die Evakuierung von Zivilisten von Asow-Stahl hat begonnen“, schrieb Selenskyj. Die erste Gruppe von etwa hundert Menschen werde am Montag im 220 Kilometer entfernten Saporischschja empfangen. Koordiniert wurde die Evakuierungsaktion demnach vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das sich dazu mit beiden Kriegsparteien abstimmte.
Das Verteidigungsministerium in Moskau stellte die Aktion freilich anders dar als die ukrainische Seite. Dank der Initiative des russischen Präsidenten Wladimir Putin seien 80 Zivilisten, die „von ukrainischen Nationalisten festgehalten“ worden seien, aus dem Werk evakuiert und in das unter russischer Kontrolle stehende Dorf Besimenne in der Region Donezk gebracht worden. Dort hätten die Menschen Verpflegung und medizinische Versorgung erhalten.
Kiew: „Russland sammelt Kräfte im Osten“
Die Situation bleibt nicht nur in Mariupol schwierig. Laut Selenskyj verstärkt Russland seine Streitkräfte im Osten. „Russland sammelt zusätzliche Kräfte für neue Angriffe gegen unser Militär im Osten des Landes“, so Selenskyj gestern in seiner Videoansprache. Damit versuche Russland den Druck im Donbas zu erhöhen. Die Ukraine meldete weitere russische Raketenangriffe auf Ziele im Süden und Osten der Ukraine. Gleichzeitig wurde seitens Kiews verkündet, Russland habe bisher 23.000 Soldaten und 1.000 Panzer verloren. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Die tatsächlichen militärischen Verluste sind schwer abzuschätzen. Moskau gesteht bisher mehr als tausend eigene Gefallene ein und beziffert seinerseits die Zahl der getöteten ukrainischen Kämpfer auf mehr als 23.000.
Umstieg auf westliche Waffen
Kiew betonte zuletzt weiters, man wolle so schnell wie möglich von russischen auf westliche Waffen umsatteln. Hierfür stimme man sich streng mit dem US-Militär ab, hieß es nach einem Telefonat zwischen dem Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj und US-Generalstabschef Mark Milley. Saluschnyj betonte, dass die ukrainische Armee von sowjetischer Ausrüstung auf NATO-Modelle umsteigen müsse. „Und je früher wir diesen Prozess beginnen, desto eher werden wir ihn abschließen“, hieß es.
Die USA hatten zuvor ihre anhaltende Unterstützung für die Ukraine betont, ebenso Großbritannien. Von China forderte die Ukraine indes eine Schutzgarantie. Das sei ein Zeichen unseres Respekts und Vertrauens in die Volksrepublik China, so Außenminister Dmytro Kuleba. Peking hatte der Ukraine bereits 2013 zugesagt, ihr beizustehen, sollte sie angegriffen oder mit Atomwaffen bedroht werden. Seit Russlands Invasion zeigte sich die chinesische Führung in der Frage aber ausweichend.
Debatte: Welche Mittel hat der Westen?
Seit mehreren Wochen führt der russische Präsident Wladimir Putin Krieg in der Ukraine, und ein Ende ist nicht abzusehen. Die Solidarität mit der Ukraine schweißt Europa und die USA zusammen. Welche Mittel hat der Westen, um den Krieg zu beenden? Welche Folgen haben mutmaßliche Verbrechen an Zivilisten? Wie könnte eine politische Lösung aussehen?
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