Der Angriff auf den russischen Truppenzug erfolgte laut ukrainischen Angaben in Melitopol in der Region Saporischschja. Zum Ausmaß der Schäden werden keine Angaben gemacht. Der dortige Sabotageakt dürfte kein Zufall sein: Russland will nach eigenen Angaben das teilweise eroberte Gebiet Saporischschja künftig fest an sich binden. „Ich denke, die Perspektive der Region liegt darin, in unserer einträchtigen russischen Familie zu arbeiten“, so der russische Vizeregierungschef Chusnullin laut der Nachrichtenagentur RBK bei einem Besuch in der von Russland besetzten Kleinstadt Melitopol. Die Gebietshauptstadt Saporischschja selbst wird nach wie vor von ukrainischen Truppen kontrolliert.
Er sei gekommen, um bei der Integration des Gebiets „maximale Hilfe“ zu leisten, meint Chusnullin. Das Gebiet könne bei der Versorgung Russlands mit Baumaterialien helfen, da diese im Land fehlten, so der Regierungsbeamte. Zugleich sagt er, das Anfang März von russischen Truppen eroberte Atomkraftwerk von Saporischschja – das leistungsstärkste in ganz Europa – solle die Ukraine künftig nur mit Strom versorgen, wenn diese dafür bezahle.
Türkei bremst bei NATO-Erweiterung
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine stellt die Türkei die NATO mit ihrem Widerstand gegen die Aufnahme Schwedens und Finnlands in die Militärallianz auf die Probe. Die beiden nördlichen EU-Staaten beantragten am Mittwoch offiziell die Mitgliedschaft in dem transatlantischen Bündnis, doch die Türkei blockierte im NATO-Rat zunächst einen schnellen Beginn der Beitrittsgespräche. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte deutlich gemacht, dass er eine Zustimmung von einem Zugehen auf sein Land in Sicherheitsfragen abhängig macht.
959 Kämpfer aus Asow-Stahl-Werk in russischer Hand
In der ukrainischen Hafenstadt Mariupol haben sich russischen Angaben zufolge seit Wochenbeginn 959 ukrainische Kämpfer aus dem belagerten Asow-Stahl-Werk ergeben. Unter ihnen seien 80 Verletzte, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau heute mit. 694 ukrainische Kämpfer hätten sich allein in den vergangenen 24 Stunden ergeben, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Die Ukraine hat die Angaben noch nicht bestätigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in der Nacht gesagt, in die Anstrengungen zur Rettung der Soldaten seien einflussreiche internationale Vermittler eingeschaltet. Die über 260 Soldaten, die den Industriekomplex in der Nacht auf gestern verließen, befinden sich in russischer Gefangenschaft.
Russland sieht sich mit breiten Vorwürfen konfrontiert, dass seine Armee nach dem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar in zahlreichen Orten Kriegsverbrechen begangen habe. Der erste Prozess wegen Kriegsverbechen startete mittlerweile in Kiew. Der angeklagte russische Soldat bekannte sich bereits schuldig, einen Zivilisten ermordet zu haben. Das Verfahren dürfte den Auftakt zu zahlreichen weiteren Kriegsverbrechensprozessen markieren – und steht deshalb unter besonderer Beobachtung.
Angesichts des russischen Angriffskrieges haben die USA eine Konfliktbeobachtungsstelle gestartet. Sie soll sicherstellen, „dass von Russlands Truppen begangene Verbrechen dokumentiert und die Täter zur Verantwortung gezogen werden“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums.
Ukraine: Russland will „Landkorridor“
Der ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow warnte unterdessen davor, dass Moskau „einen Landkorridor zwischen Russland und der Krim“ schaffen und „den gesamten Süden der Ukraine“ besetzen wolle. Russland hatte die Krim-Halbinsel 2014 annektiert. Resnikow forderte die westlichen Verbündeten zu mehr Koordination bei den Waffenlieferungen an Kiew auf, „um unsere Gebiete so schnell wie möglich zu befreien“.
Russland zeigt sich entschlossen, das besetzte Gebiet Cherson in der Südukraine an sich zu binden. Die Region um die Hafenstadt werde einen „würdigen Platz in unserer russischen Familie“ einnehmen, sagte Russlands Vizeregierungschef Marat Chusnullin. Russland führte in der Region am 1. Mai den russischen Rubel als offizielles Zahlungsmittel ein.
Debatte: Wie Frieden erreichen?
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine nimmt kein Ende – eine Lösung ist nicht in Sicht. Wie kann Russlands Präsident Wladimir Putin an den Verhandlungstisch geholt werden? Wie lässt sich Frieden besser durchsetzen: mit militärischer Stärke oder Diplomatie? Wiederholen sich jetzt die Debatten des Kalten Krieges?
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