Eine Einigung könnte von den Botschaftern der EU-Staaten bis Sonntag in Brüssel erzielt werden. Endgültig grünes Licht für das Sanktionspaket könnte somit auf dem Sondergipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs am 30. und 31. Mai folgen. Ungarns Widerstand gegen die Ölsanktionen – und die Zurückhaltung einer Handvoll anderer Länder – hat bisher die Umsetzung eines sechsten Sanktionspakets der 27 EU-Mitglieder gegen Russland wegen dessen Invasion in der Ukraine verzögert.
Ungarn hatte erklärt, dass rund 750 Millionen Euro an kurzfristigen Investitionen benötigt würden, um Raffinerien zu modernisieren und eine Pipeline zu erweitern, die Öl aus Kroatien transportiert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte unterdessen die EU dafür, dass sie zu lange brauche, um russische Energieimporte zu verbieten. Jeden Tag zahlten die EU-Staaten eine Milliarde Euro für Gas und Öl, mit denen die Kriegsanstrengungen des Kreml finanziert würden. „Der Druck auf Russland ist buchstäblich eine Frage der Rettung von Leben. Jeder Tag des Zögerns, der Schwäche, der verschiedenen Streitigkeiten oder der Vorschläge zur ‚Befriedung‘ des Aggressors auf Kosten des Opfers bedeutet lediglich, dass noch mehr Ukrainer getötet werden.“
Ukrainer verlieren offenbar Lyman
Nachdem die russischen Streitkräfte im März aus der Hauptstadt Kiew und Anfang des Monats aus den Außenbezirken der zweitgrößten Stadt Charkiw zurückgedrängt wurden, haben sie in der östlichen Donbas-Region zuletzt den stärksten Vorstoß seit Wochen unternommen. Prorussische Separatisten haben eigenen Angaben zufolge zuletzt die Kontrolle über die strategisch wichtige Stadt Lyman übernommen. Der Eisenbahnknotenpunkt sei in ihrer Hand, teilten die Separatisten der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“ heute mit.
Olexiy Arestovych, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, sprach davon, dass die Schlacht an dem Eisenbahnknotenpunkt Lyman zeige, dass Moskau seine Taktik verbessert habe. „Unbestätigten Angaben zufolge haben wir die Stadt Lyman verloren. Die russische Armee – das muss verifiziert werden – hat sie erobert.“ Westliche Militärexperten sehen in der Eroberung eine Vorentscheidung darüber, ob Russland seine Offensive fortsetzen kann oder nicht.
USA wollen Mehrfachraketenwerfer liefern
Unterdessen geht die Debatte über westliche Waffenlieferungen an die Ukraine weiter. Die ukrainische Regierung forderte Bodenwaffen mit größerer Reichweite, insbesondere Raketenwerfer, die ihr helfen könnten, eine Artillerieschlacht gegen Russland im Osten zu gewinnen. Nach US-Angaben erwägt die Regierung von Präsident Joe Biden nun, Kiew mit Mehrfachraketenwerfern vom Typ MLRS und HIMARS zu beliefern, die eine Reichweite von Hunderten Kilometern haben können.
Russische Truppen waren am 24. Februar in das Nachbarland einmarschiert. In dem Konflikt sollen bereits Zehntausende Soldaten und Zivilisten getötet worden seien. Selenskyj sprach davon, dass durch den Krieg rund zwölf Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben worden seien. Rund 5,5 Millionen Menschen hätten das Land verlassen.
Debatte: Wie Frieden erreichen?
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine nimmt kein Ende – eine Lösung ist nicht in Sicht. Wie kann Russlands Präsident Wladimir Putin an den Verhandlungstisch geholt werden? Wie lässt sich Frieden besser durchsetzen: mit militärischer Stärke oder Diplomatie? Wiederholen sich jetzt die Debatten des Kalten Krieges?
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