Von russischen Truppen eroberte Gebiete werden so weit wie möglich an Russland angebunden. Im Gebiet Cherson wurde bereits der Rubel eingeführt, die neue Verwaltung forderte russische Pässe. Nun wurde für Flüchtlinge die Grenze Richtung Norden in ukrainisch kontrolliertes Gebiet geschlossen. Ausreisen seien über die Krim und den russisch kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja möglich, erklärte der Vizechef der prorussischen Militärverwaltung, Kirill Stremoussow.
Der Grenzübergang in Richtung der Gebiete Mykolajiw und Dnipropetrowsk sei „angesichts des systematischen Beschusses vonseiten ukrainischer Kämpfer sehr gefährlich“. Vom ukrainischen Gouverneur der Region, Hennadiy Laguta, hieß es hingegen, dass die russischen Truppen ihre Verteidigungsanlagen verstärkten und die von der Ukraine kontrollierten Gebiete beschossen. Laut Laguta ist die humanitäre Lage in einigen Gebieten kritisch und die Menschen haben große Schwierigkeiten, die Region zu verlassen.
Ein Grund für die Schließung der Grenze vonseiten der prorussischen Verwaltung könnte sein, den Weg von Flüchtlingen in ukrainisch kontrolliertes Gebiet zu unterbinden. Nach Schätzungen der ukrainischen Gebietsverwaltung hat die Stadt Cherson seit ihrer Besatzung rund die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren. Aus dem gleichnamigen Gebiet sei ein Fünftel der Bevölkerung geflohen, hatte Anfang Mai die ukrainische Gebietsverwaltung erklärt.
„Werden genug Kräfte haben“
Die Kämpfe im Donbas gehen mit unverminderter Heftigkeit weiter. Moskau meldete die Einnahme der Stadt Lyman, die einen wichtigen strategischen Knotenpunkt für weitere Fortschritte in der Region darstellt. Die prorussischen Separatisten meldeten die Einnahme bereits am Freitag. Das könnte für Sjewjerodonezk, die größte noch von der Ukraine gehaltene Stadt im Donbas, schwierig werden. Schon jetzt steht die Stadt in der Region Luhansk unter Beschuss. Nach Angaben des Gouverneurs dieser Region, Serhij Gajdaj, sind russische Truppen bereits in die Stadt eingedrungen.
Er rechne zwar nicht damit, dass die russischen Truppen die Region in den kommenden Tagen einnehmen: „Wir werden genug Kräfte und Mittel haben, um uns zu verteidigen.“ Es sei jedoch möglich, „dass wir uns zurückziehen müssen, um nicht umzingelt zu werden“. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht weiterhin eine schwierige Situation im Donbas. Er zeigte sich aber kämpferisch: „Der Donbas wird ukrainisch sein.“ Es werde dort nur die ukrainische Fahne wehen und keine andere.
Debatte: Wie Frieden erreichen?
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine nimmt kein Ende – eine Lösung ist nicht in Sicht. Wie kann Russlands Präsident Wladimir Putin an den Verhandlungstisch geholt werden? Wie lässt sich Frieden besser durchsetzen: mit militärischer Stärke oder Diplomatie? Wiederholen sich jetzt die Debatten des Kalten Krieges?
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