In der Region Charkiw sind immer noch über 30 Prozent des Territoriums unter russischer Kontrolle. Die russischen Truppen wurden in den vergangenen zwei Wochen aber rund um die Millionenstadt Charkiw wieder zurückgedrängt. Neben Kiew ist es den russischen Streitkräften somit auch nicht gelungen, die zweitgrößte Stadt des Landes einzunehmen – im Donbas wird die Lage für die ukrainischen Verteidiger indes immer prekärer.
„Die Lage ist extrem eskaliert“, so Serhij Gaidai, der Gouverneur der Region Luhansk, in der die Stadt liegt. Der Beschuss sei am Samstag so intensiv gewesen, dass es nicht möglich sei, die Zahl der Opfer und die Schäden abzuschätzen. Bereits am Freitag hatte Gaidai erklärt, russische Soldaten seien in Sjewjerodonezk eingedrungen.
„Die Kämpfe gehen weiter“
Möglicherweise müssten sich die ukrainischen Truppen zurückziehen, um nicht eingekesselt zu werden. Ob sie damit bereits begonnen haben, war heute nicht klar. „Die Kämpfe gehen weiter“, teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte in der Früh auf Facebook mit. Russische Einheiten hätten auch am Samstag ihre Angriffe auf das Gebiet von Sjewjerodonezk fortgesetzt. Es ist die größte Stadt im Donbas, die von der Ukraine gehalten wird.
Die Lage im Donbas sei unbeschreiblich schwierig, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft am späten Samstagabend. Die Verteidiger hielten an mehreren Orten die Stellungen, darunter Sjewjerodonezk und Lyssytschansk. „Ich bin allen dankbar, die diesem Ansturm standgehalten haben.“
Selenskyj warf Russland in einer Videoansprache eine Politik des Terrors vor: „Ich werde die Welt immer wieder daran erinnern, dass Russland endlich offiziell als Terrorstaat, als Förderer des Terrorismus, anerkannt werden muss.“ Er wolle sich zu Wochenbeginn an die Teilnehmer des EU-Sondergipfels in Brüssel wenden und auch darüber sprechen. Nur gemeinsam könnten die Europäer die Politik eines solchen Staates stoppen.
Serbien verlängert Gasdeal mit Russland
Auf EU-Ebene wird indes als nächster Sanktionsschritt gegen Russland noch eine Einigung für ein Ölembargo gesucht – ob auch der von Kiew geforderte Lieferstopp für Gas folgt, erscheint derzeit aber nicht absehbar. Sollte Russland den Gashahn abdrehen, stünde laut WIFO-Chef Gabriel Felbermayr auch Österreich vor chaotischen Zeiten. Für den Fall des Falles sei jedenfalls dringendst ein Plan notwendig, wie Gas rationiert und verteilt werden soll.
Serbien setzt indes weiter auf russisches Gas. Darauf haben sich laut heutigen Kreml-Angaben der russische Präsident Wladimir Putin und sein serbischer Amtskollege Aleksandar Vucic in einem Telefonat verständigt. Das in die EU strebende Serbien unterhält traditionell enge Beziehungen zu Russland – und daran hat auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine nichts geändert.
Debatte: Wie Frieden erreichen?
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine nimmt kein Ende – eine Lösung ist nicht in Sicht. Wie kann Russlands Präsident Wladimir Putin an den Verhandlungstisch geholt werden? Wie lässt sich Frieden besser durchsetzen: mit militärischer Stärke oder Diplomatie? Wiederholen sich jetzt die Debatten des Kalten Krieges?
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