In der Chemiefabrik von Sjewjerodonezk befinden sich offenbar noch Hunderte Zivilistinnen und Zivilisten. „Während die russischen Truppen ihre Angriffe auf die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk verstärken, haben rund 800 Zivilisten Zuflucht in Bunkern unter der Chemiefabrik Asot gesucht“, teilte heute ein Unternehmenssprecher mit. Darunter seien auch 200 Beschäftigte des Werks.
Diese seien in der Anlage geblieben, „um die Reste der dort lagernden hochexplosiven Chemikalien bestmöglich zu sichern und professionell zu schützen“. Ein Großteil des in der Anlage gelagerten Stickstoffs sei jedoch rechtzeitig aus dem Konfliktgebiet gebracht worden. Mittlerweile sei das Werk aber nicht mehr erreichbar – und das betreffe auch die Versorgung der dort verschanzten Menschen mit Lebensmitteln und Wasser.
Kiew: Russland stockt Truppen auf
Russland verstärke seine Truppen rund um die Industriestadt Sjewjerodonezk, teilte der ukrainische Generalstab mit. Der Versuch der russischen Soldaten, ins nahe gelegene Bachmut vorzudringen und Sjewjerodonezk abzuriegeln, sei allerdings gescheitert. Daraufhin hätten sich die russischen Einheiten zurückgezogen.
Auch in Sjewjerodonezk haben die Verteidiger laut eigenen Angaben die russischen Streitkräfte zuletzt etwas zurückgedrängt. Hätten die russischen Soldaten zuvor „etwa 70 Prozent“ der Stadt kontrolliert, „so sind sie jetzt um 20 Prozent zurückgedrängt worden“, sagte Gouverneur Gajdaj.
„Noch zwei bis sechs Monate“
Die ukrainische Präsidialverwaltung prognostiziert, dass der russische Angriffskrieg noch bis zu ein halbes Jahr dauern kann. „Das kann sich noch zwei bis sechs Monate hinziehen“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Am Ende hänge es davon ab, wie sich die Stimmung in den Gesellschaften Europas, der Ukraine und Russlands verändere.
Der Kreml kündigte am gestrigen 100. Kriegstag eine Fortsetzung seiner „militärischen Spezialoperation“ bis zum Erreichen aller Ziele an. Russlands Militär meldete weitere Angriffe und die Tötung von Hunderten ukrainischen Soldaten. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am 24. Februar den Angriff auf das Nachbarland befohlen.
Debatte: Was könnte Russland zum Frieden bewegen?
Mehr als drei Monate dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine bereits. Anfängliche Friedensverhandlungen sind eingefroren. Wie sind die bisherigen Reaktionen des Westens zu bewerten? Welche Chancen hat die Diplomatie derzeit? Was könnte Russland zum Frieden bewegen?
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