Das traditionelle Wirtschaftsforum in St. Petersburg geriet zur Plattform für Putins Abrechnung mit dem Westen. Die USA agierten, als seien sie von Gott auf die Erde mit heiligen Interessen geschickt worden. Andere westliche Staaten behandelten manche Länder wie Kolonien, so Putin.
Für Russland eröffne sich hingegen gerade eine neue Ära als mächtiger und moderner Staat. Auch trotz der Sanktionen sei es robust, das Bankensystem stabilisiert. Auch bei der Inflation sei der Höhepunkt mittlerweile überschritten.
Putin sagte zudem, Russland behindere keine Getreidelieferungen aus der Ukraine: „Nicht wir haben die Häfen vermint.“ Sollte Kiew sich entscheiden, die Minen zu räumen, werde Moskau die Sicherheit der Ausfuhren gewährleisten, sagte Putin. Nach Darstellung des russischen Präsidenten sind die ukrainischen Getreidelieferungen für den Weltmarkt allerdings ohnehin unbedeutend.
London: Russland hat „strategisch verloren“
Nach Einschätzung des britischen Generalstabschefs Tony Radakin hat Russland den Krieg gegen die Ukraine bereits jetzt „strategisch verloren“. Der Angriff auf das Nachbarland sei ein „entsetzlicher Fehler Russlands“ gewesen, sagte Radakin in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Press Association (PA). Mit seinem Krieg gegen die Ukraine habe Russland die NATO gestärkt und Finnland und Schweden dazu gebracht, einen Aufnahmeantrag bei dem Militärbündnis zu stellen. Wenig später eröffnete die EU-Kommission der Ukraine zudem den Weg zum Status eines Beitrittskandidaten.
Fabrik in Sjewjerodonezk praktisch zerstört
Derzeit wüten die Kämpfe aber weiter, vor allem im Osten. Die Chemiefabrik Asot im schwer umkämpften Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk ist nach ukrainischen Angaben durch den russischen Artillerie- und Raketenbeschuss fast vollständig zerstört. „Es gibt insgesamt auf dem Territorium des Chemiegiganten keine erhalten gebliebenen Verwaltungsgebäude mehr“, schrieb der Militärgouverneur der ostukrainischen Region Luhansk, Serhij Hajdaj, auf seinem Telegram-Kanal. Die Kämpfe um die Stadt würden aber weitergehen.
Die russischen Truppen haben inzwischen alle Wohnviertel in Sjewjerodonezk eingenommen, die ukrainischen Verteidiger haben sich in der Industriezone rund um das Chemiewerk verschanzt. Versuche, Zivilisten in Sicherheit zu bringen, die ebenfalls in der Anlage ausharren sollen, sind bisher gescheitert.
Russische Luftangriffe gibt es in Richtung Awdijiwka im Gebiet Donezk, heftigen Artilleriebeschuss im Süden der Ukraine an der Grenze zwischen den Gebieten Cherson und Mykolajiw, während die Ukrainer dort eigenen Aussagen zufolge mehrere Luftangriffe auf russische Stellungen flogen. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen.
Debatte: Was könnte Russland zum Frieden bewegen?
Mehr als drei Monate dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine bereits. Anfängliche Friedensverhandlungen sind eingefroren. Wie sind die bisherigen Reaktionen des Westens zu bewerten? Welche Chancen hat die Diplomatie derzeit? Was könnte Russland zum Frieden bewegen?
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