Ukrainische Soldaten gehen auf Straße
AP/Efrem Lukatsky
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London: Kampfmoral auf beiden Seiten leidet

Nach fast vier Monaten Krieg leidet laut Einschätzung britischer Geheimdienste die Kampfmoral auf beiden Seiten. Es gebe Desertionen und Widerstand gegen Befehle von Vorgesetzten, so die aktuelle Lageeinschätzung Londons. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mahnt unterdessen die westlichen Alliierten, man müsse sich darauf einstellen, dass der Krieg „Jahre“ dauern kann.

Online seit 19. Juni 2022, 7.34 Uhr
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Scholz verteidigt Kurs bei Waffenlieferungen

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigt seinen Kurs bei Waffenlieferungen an die Ukraine erneut gegen Kritik. „Wir liefern das, was gebraucht wird und hilft“, sagte Scholz dem „Münchner Merkur“ (Montag-Ausgabe). „Und wir bewegen uns damit auf einer Linie mit unseren wichtigsten und engsten Verbündeten.“

Rumänien mit ukrainischem Getreideexport überfordert

Rumänien sieht sich als Nachbarland der Ukraine derzeit mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, als Ausweichroute für den Export von ukrainischem Getreide zu dienen. Wegen der mangelhaften Transportinfrastruktur hat Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis jüngst dieses Problem als „logistische Herausforderung von epischem Ausmaß“ bezeichnet.

Florin Goidea, Generaldirektor des größten rumänischen Schwarzmeer-Hafens Constanta, sieht keine schnelle Lösung. Denn der Transport ist sowohl mit den kleinen Frachtschiffen als auch per Lastwagen oder Zug schwierig, da die Infrastruktur großteils veraltet ist.

Frachtschiff in Constanta
Reuters/Inquam Photos/Daniel Stoenciu

Britischer Armeechef: Krieg unterstreicht „Kernaufgabe“

Großbritanniens Militär muss nach Angaben des neuen Generalstabschefs Patrick Sanders in der Lage sein, in Europa zu kämpfen und Russland zu besiegen. „Ich bin der erste Generalstabschef seit 1941, der das Kommando über die Armee im Schatten eines Landkriegs in Europa übernimmt, an dem eine Kontinentalmacht beteiligt ist“, so Sanders laut BBC in einer internen Botschaft an die gesamten Streitkräfte.

„Russlands Invasion der Ukraine unterstreicht unsere Kernaufgabe – das Vereinigte Königreich zu schützen, indem wir bereit sind, Kriege zu Lande zu führen und zu gewinnen“, betont der Armeechef.

Ungarn: Keine Kürzungen bei Gaslieferungen

Ungarn sieht im Gegensatz zu einigen anderen EU-Staaten keine Einschränkungen seiner Gasversorgung aus Russland. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto betont in einem Radiointerview, der russische Vizeministerpräsident Alexander Nowak und Gasprom-Chef Alexej Miller hätten ihm in einem Telefonat zugesichert, dass der russische Staatskonzern seinen Liefervertrag mit Ungarn einhalten werde. Szijjarto sagte nicht, wann dieses Telefonat stattgefunden habe.

Kiew verbietet russische Musik und Bücher

Das ukrainische Parlament verbietet die Musik von Künstlern mit russischer Staatsbürgerschaft in der Öffentlichkeit. Es hat mit einer Zweidrittelmehrheit für den Gesetzesentwurf gestimmt, teilt der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak mit.

Russische Musik ziele auf eine Schwächung des ukrainischen Staates ab, heißt es im Text. Ausnahmen gelten nur für Künstlerinnen und Künstler, welche den russischen Einmarsch in die Ukraine öffentlich verurteilen.

Parallel dazu ist der Import und die Verbreitung von Büchern und anderen Printprodukten aus Russland, Belarus und den russisch besetzten Gebieten komplett verboten worden. Seit 2016 unterliegen Bücher aus Russland bereits einer Zensur.

Moskau: Dutzende ukrainische Offiziere getötet

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben mit einem Raketenangriff einen Führungsgefechtsstand der ukrainischen Streitkräfte mit hochrangigen Offizieren zerstört. „Durch den Schlag wurden mehr als 50 Generäle und Offiziere der ukrainischen Streitkräfte, darunter auch Generalstabsoffiziere und der Kommandostab des Truppenverbandes Kachowka, der Luftlandetruppen und der Verbände vernichtet, die im Gebiet Mykolajiw und Saporischschja agieren“, so ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums.

Demnach lag der ukrainische Führungsgefechtsstand im Gebiet Dnipropetrowsk nahe der Siedlung Schyroka Datscha, südlich der Großstadt Krywyj Rih und wurde von seebasierten Marschflugkörpern des Typs Kalibr getroffen. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Evakuierung von Lyssytschansk

Immer mehr Einwohner von Lyssytschansk werden in andere Regionen der Ukraine gebracht, da das Leben in der Stadt aufgrund schwerer Bombardierungen immer gefährlicher wird.

Papst ruft erneut zu Hilfe auf

Papst Franziskus hat abermals zur Hilfe für die notleidende Bevölkerung in der Ukraine aufgerufen. Das ukrainische Volk dürfe nicht vergessen werden, sagt er beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz in Rom. Gläubige aus aller Welt fordert er auf, sich selbst zu fragen: „Was kann ich heute für das Volk in der Ukraine tun?“ Jeder sei angehalten, sich diese Frage im Herzen zu beantworten.

Papst winkt während Predigt
APA/AFP/Tiziana Fabi

Bereits zum Abschluss der Generalaudienz am Mittwoch hat Franziskus gemahnt, den Krieg in der Ukraine nicht aus dem Blick zu verlieren. Das dortige Volk erlebe „ein wahres Martyrium“, so der 85-Jährige. „Gewöhnen wir uns nicht daran, als ob der Krieg etwas Fernes wäre.“

London: Fahnenflucht auch Problem aufseiten der Ukraine

Die intensiven Gefechte im Donbas setzen nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten der Kampfmoral der Truppen beider Seiten im Krieg zu. „Ukrainische Kräfte haben wahrscheinlich in den vergangenen Wochen unter Desertionen gelitten, allerdings ist höchstwahrscheinlich insbesondere die russische Moral weiterhin mit Problemen belastet“, heißt es aus dem Verteidigungsministerium in London.

Seit Beginn des Krieges vor rund vier Monaten hat es immer wieder Berichte über russische Soldaten gegeben, die Fahnenflucht begangen haben. „Es gibt weiterhin Fälle, in denen gesamte russische Einheiten Befehle verweigern, und es kommt weiterhin zu bewaffneten Konfrontationen zwischen Offizieren und Soldaten“, heißt es in der Mitteilung.

Neue Luftangriffe auf Kiew

Die Hauptstadt Kiew ist erneut aus der Luft angegriffen worden, Luftalarmsirenen und Explosionen sind zu hören gewesen. Nach offiziellen Angaben hat die ukrainische Luftabwehr russische Raketen über der Stadt jedoch abgeschossen. „Im Stadtbezirk Wyschhorod waren heute Morgen Explosionen zu hören. Die Luftabwehr hat feindliche Flugziele beschossen“, teilt der Militärgouverneur des Gebietes Kiew, Olexij Kuleba, auf Telegram mit.

Seinen Angaben zufolge hat es keine Schäden und Verletzten in der Stadt gegeben. Er bittet die Bevölkerung allerdings darum, nach dem Luftalarm weiterhin die Schutzkeller aufzusuchen.

Miami sammelt Waffen für die Ukraine

Um „die Ukraine zu unterstützen und Waffen von den Straßen zu nehmen“, hat die Stadt Miami eine Rückkaufaktion für Waffen gestartet, wie der Kommissar Ken Russell betont. Unter dem Motto „Keine Fragen werden gestellt" könnten Privatpersonen der Stadt jegliche Waffen zurückgeben, die sie nicht mehr besitzen wollen. Nach einer genauen Überprüfung sollen diese in die Ukraine gebracht werden. „Es werden keine Waffen in die Ukraine geschickt, die für die Verteidigung gegen Russland nicht geeignet, nicht erwünscht oder nicht nützlich sind“, so Russell.

Russische Truppen rücken auf Charkiw vor

Russische Truppen versuchen nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums, auf Charkiw vorzurücken und die Stadt erneut zu bombardieren. Die Lage nördlich von Charkiw sei ziemlich schwierig, sagt Wadym Denysenko, ein Berater des Ministeriums, im ukrainischen Fernsehen. „Russland versucht, Charkiw zu einer Stadt an vorderster Front zu machen.“ Charkiw liegt im Nordosten und ist nach der Hauptstadt Kiew die zweitgrößte Stadt des Landes.

Zerstörtes Straßenbahn-Depot in Charkiw
Reuters/Vitalii Hnidyi

Klitschko: „Russen müssen aus unserer Heimat gehen“

Der Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko ist sich sicher, dass auch die russische Öffentlichkeit irgendwann erkennen werde, dass ihre jungen Soldaten für nichts anderes als die „Ambitionen“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin sterben. Außerdem betont er, dass die Ukraine bald für Gespräche mit Russland bereit sein werde. Zuvor müssten die russischen Soldaten die Ukraine allerdings verlassen: „Die Russen müssen gehen, gehen aus unserer Heimat“, so Klitschko.

EU: Russland führt Risiko von Hungerkatastrophen herbei

Die EU beschuldigt Russland, bewusst das Risiko einer Hungerkatastrophe in großen Teilen der Welt herbeizuführen. Es sei Moskaus „bewusste politische Entscheidung, Getreideexporte als Waffe und Erpressungsinstrument gegen jeden einzusetzen, der sich gegen seine Aggression in der Ukraine stellt“, schreibt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einem Blogeintrag.

„Russland hat das Schwarze Meer in ein Kriegsgebiet verwandelt, blockiert dabei die Verschiffung von Getreide und Düngemitteln aus der Ukraine und beeinträchtigt auch die russische Handelsschifffahrt“, so Borrell weiter. „Russland erhebt außerdem Quoten und Steuern auf seine Getreideexporte.“

Gouverneur: Sjewjerodonezk unter schwerem Beschuss

Die umkämpfte Industriestadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine liegt unter schwerem russischem Artillerie- und Raketenbeschuss. Die Gebiete um die Brücken seien erneut getroffen worden, teilt der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, mit. Das Asot-Chemiewerk, in dem Hunderte Menschen ausharren, sei zweimal getroffen worden. „Die Situation in Sjewjerodonezk ist sehr schwierig.“

Asow-Stahl-Kommandeure werden in Russland verhört

Zwei gefangen genommene Kommandeure der ukrainischen Einheiten im Asow-Stahl-Werk in Mariupol sind einem Medienbericht zufolge zum Verhör nach Russland gebracht worden. Es handle sich um den stellvertretenden Kommandeur des Asow-Bataillons, Swjatoslaw Palamar, und den Kommandeur der 36. Marinebrigade der ukrainischen Streitkräfte, Serhij Wolynski, meldet die Nachrichtenagentur TASS.

Sie beruft sich auf einen nicht näher bezeichneten Insider der russischen Justiz. Russische Spezialkräfte hätten die beiden Männer aus Donezk nach Russland zu Ermittlungen gebracht. „Weitere Offiziere verschiedener ukrainischer Einheiten seien ebenfalls nach Russland transportiert worden“, zitiert TASS den Insider.

Johnson: Westen muss Kiew dauerhaft unterstützen

Der britische Premierminister Johnson fordert die westlichen Verbündeten der Ukraine auf, das Land langfristig zu unterstützen und warnt vor den Folgen eines möglichen Sieges Russlands im Krieg. In einem Gastbeitrag für „The Sunday Times“ schreibt Johnson, Kiews Unterstützer müssten sicherstellen, dass die Ukraine „die strategische Ausdauer hat, um zu überleben und schließlich zu gewinnen“.

„Zeit ist jetzt der entscheidende Faktor“, schreibt Johnson. Alles werde davon abhängen, „ob die Ukraine ihre Verteidigungsfähigkeit schneller stärkt, als Russland seine Angriffsfähigkeit erneuert“. Aufgabe der Verbündeten sei es „dafür zu sorgen, dass die Zeit für die Ukraine spielt“.

Russische Truppen nahe Krasnopillja zurückgeschlagen

Ukrainische Streitkräfte haben laut einer Mitteilung des ukrainischen Generalstabs russische Truppen in der Nähe der Stadt Krasnopillja zurückgeschlagen. Die russischen Soldaten hätten sich auf einer Aufklärungsmission befunden. Sie hätten schwere Verluste erlitten. Ukrainische Behörden melden zudem, dass Orte weiter westlich in den Regionen Poltawa und Dnipropetrowsk beschossen worden seien.

Selenskyj verspricht Rückeroberung der Südukraine

Nach der Rückkehr von seiner Reise in den Süden der Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den bedrohten Regionen dort Schutz versprochen und die Rückeroberung der bereits von russischen Truppen besetzten Gebiete angekündigt. „Wir werden niemandem den Süden abgeben. Alles, was uns gehört, holen wir zurück“, sagt Selenskyj in einer Videoansprache. Die Ukraine werde dabei auch den sicheren Zugang zum Meer wiederherstellen, versichert er.

Ukrainische Soldaten feuern M777 ab
AP/Efrem Lukatsky

Gouverneur von Luhansk warnt vor weiterer Eskalation

Der Gouverneur der ukrainischen Donbas-Teilregion Luhansk, Serhij Hajdaj, hat vor einer weiteren Eskalation der russischen Kriegsführung in der Region gewarnt und den Westen um zusätzliche Waffen gebeten. „Es ist gut, dass der Westen uns hilft, aber das kommt zu spät“, sagt Hajdaj. In der Region Luhansk gebe es angesichts der russischen Angriffe „keine sicheren Orte mehr“.