Die russische Regierung hatte zuvor zuvor erklärt, dass sie „militärische Infrastruktur“ in der Hafenstadt angegriffen habe, das aber den Getreideexport über das Schwarze Meer nicht behindern würde. Der Hafen war am Samstag beschossen worden – nur einen Tag nachdem Vertreter Kiews und Moskaus in Istanbul zwei getrennte, aber inhaltlich identische Abkommen über die Wiederaufnahme des Exports von ukrainischem Getreide auf dem Seeweg unterzeichnet hatten.
Westliche Staaten verurteilten die Angriffe scharf. Zweifel an einer Umsetzung des Abkommens kommen unter anderem aus den USA – CNN-Angaben zufolge arbeiten US-Beamte zusammen mit ukrainischen Behörden auch weiter an einem „Plan B“. In ukrainischen Häfen sind derzeit bis zu 25 Millionen Tonnen Getreide blockiert. Die Ukraine und Russland gehören zu den weltweit größten Getreideproduzenten.
Weniger Gas über „Nord Stream 1“
Weiter reduziert wird unterdessen das über die Pipeline „Nord Stream 1“ Richtung Westen gelieferte russische Exportgut Gas. Nach Angaben des russischen Gasprom-Konzerns sollen ab Mittwoch nur noch 20 Prozent und damit nur mehr halb so viel wie bisher täglich durch die Pipeline fließen. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte in der vergangenen Woche bereits angedroht, dass es zu einer weiteren Drosselung der Gaslieferungen kommen könnte. So wie Putin verweist auch Gasprom nun auf die anstehende Wartung einer weiteren Turbine.
Aus Sicht der deutschen Regierung liefert die fehlende Turbine nur einen Vorwand für die gedrosselte Gaslieferung. Sie sei lediglich ein Ersatzteil, Russland könne auch ohne die Turbine mehr Gas liefern, wie das deutsche Wirtschaftsministeirum dazu zuletzt mitteilte.
Kiew meldet Schlag gegen Munitionsdepots
Unterdessen werden die Kämpfe im Land mit unverminderter Intensität weitergeführt: Die Ukraine hat eigenen Angaben zufolge einen russischen Gefechtsstand sowie Munitionsdepots in der Südukraine zerstört. Das berichtete das Portal Kyiv Independent unter Berufung auf das ukrainische Einsatzkommando „Süd“. 66 russische Soldaten seien getötet und fünf Panzer, zwei Haubitzen, ein Panzerabwehrraketensystem sowie zwölf militärische Fahrzeuge zerstört worden.
Selenskyj: Nationale Einheit bewahren
Nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist die Bewahrung der nationalen Einheit wichtigste Aufgabe der Ukrainer, um den Krieg zu gewinnen und Mitglied der EU zu werden. „Jetzt die Einheit zu bewahren, gemeinsam für den Sieg zu arbeiten ist die wichtigste nationale Aufgabe, die wir zusammen bewältigen müssen“, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow bestätigte im Gegensatz zu früheren Äußerungen, dass Russland den Sturz der ukrainischen Regierung anstrebe. „Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien.“ Die russische Führung hat in den vergangenen Tagen öffentlich ihre Position im Ukraine-Krieg verschärft. So drohte Lawrow am Mittwoch mit der Besetzung weiterer Gebiete auch außerhalb des Donbas.
Wohin steuert der Krieg in der Ukraine?
Ganze Städte sind dem Erdboden gleichgemacht, und auch abseits der hart umkämpften Front im Osten der Ukraine sterben Zivilistinnen und Zivilisten durch russische Raketen: Auch Monate nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist kein Ende des mitten in Europa tobenden Krieges abzusehen. Was könnte Russland zum Frieden bewegen? Inwieweit hat die Diplomatie derzeit überhaupt Chancen? Wohin steuert der Krieg in der Ukraine?
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