Russland forderte zuvor die umgehende Beseitigung von Hindernissen für seine Agrarexporte und drohte anderenfalls mit dem Scheitern des erst kürzlich mit der Ukraine vereinbarten Abkommens über Getreideausfuhren über deren Schwarzmeer-Häfen. Die Ukraine und Russland hatten am vergangenen Freitag zwei separate, aber inhaltlich identische Abkommen unterzeichnet, welche die Wiederaufnahme der Ausfuhr von Getreide über das Schwarze Meer regeln.
Am Mittwoch nahm gemäß der Einigung auch das Kontrollzentrum für die Getreideexporte im türkischen Istanbul seinen Betrieb auf. Noch diese Woche wird nach Angaben eines türkischen Regierungsvertreters aller Voraussicht nach das erste Schiff beladen mit ukrainischem Getreide in See stechen. Die Türkei glaube, dass das Zentrum einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Nahrungsmittelkrise leisten werde, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar am Mittwoch bei der Eröffnungszeremonie.
Schiffe sollen bei der Durchfahrt durch die Meerenge Bosporus, also bei Ein- und Ausfahrt ins Schwarze Meer, kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen oder Ähnliches geladen haben. Das Koordinationszentrum werde die Handelsschiffe registrieren und deren Bewegungen unter anderem über Satelliten verfolgen, sagte Akar. Das Zentrum ist Teil des am Freitag in Istanbul unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei geschlossenen Abkommens, mit der die Blockade ukrainischer Häfen aufgehoben wurde.
Wichtige Brücke in Cherson erneut im Fokus
Die Gefechte in der Ukraine gehen indes weiter. Im von russischen Truppen besetzten Gebiet Cherson im Süden der Ukraine wurde die einzige Brücke über den Dnjepr nach ukrainischem Beschuss für Zivilistinnen und Zivilisten geschlossen. Der Verkehr über die Antoniwskyi-Brücke sei unterbrochen, teilt die von Russland installierte Stadtverwaltung der Nachrichtenagentur Interfax mit. Der Brücke kommt inmitten der Gefechte eine Schlüsselrolle zu.
Gasfluss über „Nord Stream 1“ sinkt
Unterdessen liefert der russische Gasriese Gasprom seit heute weniger Gas durch die Pipeline „Nord Stream 1“. Gasprom kündigte am Montagabend an, die Gaslieferungen durch „Nord Stream 1“ ab Mittwochfrüh von 40 Prozent auf nur noch 20 Prozent der Kapazität zu drosseln. Gasprom habe nach Angaben des Pipeline-Betreibers Eugas am Mittwoch aber auch deutlich mehr Kapazität bei der Transgasleitung durch die Slowakei gebucht als in den vergangenen Tagen.
Die Buchung deutet darauf hin, dass Gasprom die bei „Nord Stream 1“ ausfallenden Gaslieferungen nach Europa über die Route durch die Slowakei ausgleicht. Transgas ist eine Leitung, die von Russland über die Ukraine in die Slowakei und nach Österreich und Deutschland führt. Die am Mittwoch zusätzlich nominierten Gasmengen entsprechen ungefähr der Drosselung durch die Pipeline „Nord Stream 1“. Die ungewisse Versorgungslage treibt den europäischen Erdgaspreis weiter an.
Was ist für Frieden in der Ukraine nötig?
Monate nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine geht der Krieg mit unverminderter Härte weiter. Eine Friedenslösung auf dem Verhandlungstisch scheint nach wie vor in weiter Ferne. Was kann Europa zur Beendigung des Konflikts beitragen? Welche Rolle spielen die Waffenlieferungen des Westens? Wie effektiv sind die EU-Sanktionen gegen Russland? Was ist für den Frieden nötig?
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