Nach langen Verhandlungen hatten Russland, die Ukraine und die Türkei unter Vermittlung der UNO am vergangenen Freitag ein Abkommen unterzeichnet, das die Wiederaufnahme der Getreideexporte aus ukrainischen Schwarzmeer-Häfen vorsieht. Dort stecken seit Beginn des Krieges rund 25 Millionen Tonnen Getreide der Vorjahresernte fest.
Gouverneur: Russen haben Taktik geändert
Erstmals seit Wochen war indes in der Nacht auf heute wieder Kiew Ziel russischer Raketen. Bei dem Raketenangriff auf die ukrainische Hauptstadt wurden laut dem Gouverneur der Region, Olexij Kuleba, 15 Menschen verletzt. Raketen schlugen in Militäreinrichtungen am Rande von Kiew ein, sagte er auf Telegram.
Russische Angriffe wurden auch aus der Stadt Mykolajiw gemeldet. Nach Angaben des Gouverneurs der Region, Witalij Kim, wurde die Stadt gestern und heute untertags angegriffen, wobei neben Wohnhäusern auch eine Haltestelle der öffentlichen Verkehrsmittel getroffen worden sei. Der Lokalpolitiker ortete in diesem Zusammenhang eine geänderte Taktik der russischen Streitkräfte. „Seien Sie sehr vorsichtig. Denn sowohl gestern als auch heute beschießen sie die Stadt tagsüber, wenn alle Menschen ihren Geschäften nachgehen“, zitierte der „Guardian“ den ukrainischen Gouverneur.
Auch der britische Geheimdienst berichtete von einer geänderten Kriegstaktik: Russland habe der Söldnertruppe Wagner die Verantwortung für einige Frontabschnitte in der Ostukraine übertragen. Das könne ein Anzeichen dafür sein, dass das russische Militär mit einem großen Mangel an Kampfinfanterie konfrontiert sei, teilte das Verteidigungsministerium in London am Freitag auf Twitter mit.
Angriff in Donezk: Über 50 Gefangene tot
Nach dem Beschuss eines Kriegsgefangenenlagers mit mehr als 50 Toten im russisch besetzten Gebiet Donezk geben sich Moskau und Kiew gegenseitig die Schuld. Die russische Seite ortet den ukrainischen „Wunsch, diejenigen Vertreter, darunter des Asow-Regiments, zu vernichten, die angefangen haben, Geständnisse abzulegen“. Der ukrainische Generalstab seinerseits sprach von einer gezielten „Provokation, für die Russland verantwortlich ist“ – um letztlich „Folter und Mord“ an ukrainischen Gefangenen zu vertuschen.
In Moskau hat das Ermittlungskomitee inzwischen ein Strafverfahren „im Zusammenhang mit dem Schlag der ukrainischen Nationalisten“ wegen verbotener Kriegsführung eingeleitet. Die ukrainische Führung wies den Vorwurf zurück. So sprach der Präsidentenberater Michajlo Podoljak von einer „klassischen, zynischen und sehr durchdachten Operation unter falscher Flagge“.
Was ist für Frieden in der Ukraine nötig?
Monate nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine geht der Krieg mit unverminderter Härte weiter. Eine Friedenslösung auf dem Verhandlungstisch scheint nach wie vor in weiter Ferne. Was kann Europa zur Beendigung des Konflikts beitragen? Welche Rolle spielen die Waffenlieferungen des Westens? Wie effektiv sind die EU-Sanktionen gegen Russland? Was ist für den Frieden nötig?
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