„Wir haben das zu tun“, sagte Nehammer. „Sanktionen gegen Russland zu verhängen, ist der friedvollste Weg, um unseren Protest deutlich zu machen. Früher haben wir Krieg geführt“, sagte der Kanzler. Diskutieren könne man höchstens über die Treffsicherheit der Sanktionen. In den vergangenen Tagen hatten führende Landespolitiker der ÖVP die Sanktionen infrage gestellt.
Gast in Alpbach war die Präsidentin von Moldawien, das als Nachbarstaat besonders von einer großen Menge Vertriebener aus der Ukraine gefordert war. Maia Sandu Botschaft war, ganz Europa müsse der Ukraine helfen, denn die Ukraine verteidige ganz Europa. Angesprochen auf die Gefahr, die für ihr Land durch Russland ausgehe, deutete Sandu eine gewisse Machtlosigkeit an.
UNO: Größte Fluchtbewegung seit Weltkrieg
Seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar sind nach UNO-Angaben fast ein Drittel der 44 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Ukraine aus ihrem Zuhause vertrieben worden. „Es ist die größte Fluchtbewegung seit Ende des Zweiten Weltkriegs“, teilte die Flüchtlingshilfe mit.
Die Menschen stünden nun angesichts des ungewissen Fortgangs des Krieges sowie der Sorge vor dem Winter vor einer „enormen Herausforderung“, sagte der Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe, Peter Ruhenstroth-Bauer. „Die Menschen haben ihren Mut dennoch nie verloren – auch dank der Unterstützung und Solidarität der deutschen Zivilgesellschaft.“ Rund 90 Prozent der Geflüchteten in den vergangenen sechs Monaten seien Frauen und Kinder.
Kiew verbietet Unabhängigkeitsfeiern
Aus Furcht vor russischen Raketenangriffen hat Kiew unterdessen alle Großveranstaltungen rund um den Unabhängigkeitstag am Mittwoch verboten. Dieser markiert heuer auch den Beginn des Krieges vor sechs Monaten. Das Verbot betreffe öffentliche Großveranstaltungen, Kundgebungen und andere Zusammenkünfte und gelte von heute bis Donnerstag, erklärten die Behörden.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Wochenende gewarnt, dass Russland zum 31. Jahrestag der Unabhängigkeit von der Sowjetunion am 24. August, der auch auf den Beginn der russischen Invasion vor sechs Monaten fällt, „etwas besonders Bösartiges“ tun könnte.
Kiew: Russland verlor mehr als 45.000 Soldaten
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs sind seit Beginn des russischen Angriffskrieges 45.400 Soldaten Moskaus gefallen. Zudem habe Russland bisher 1.919 Panzer, 4.230 gepanzerte Kampffahrzeuge, 1.032 Artilleriesysteme, 198 Hubschrauber, 234 Flugzeuge, 815 Drohnen und 15 Boote verloren.
Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschnyj sagte indes bei einem Forum in Kiew, ukrainische Kinder bedürften besonderer Aufmerksamkeit, denn ihre Väter seien an der Front und „womöglich unter den fast 9.000 getöteten Helden“. Es ist eine der äußerst seltenen Aussagen der ukrainischen Regierung oder Armeespitze zu den eigenen Verlusten. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig verifizieren.
Moskau macht Kiew für Mordanschlag verantwortlich
Für den Mordanschlag auf die russische Kriegsunterstützerin Darja Dugina machte Moskau Kiew verantwortlich. „Das Verbrechen wurde von ukrainischen Geheimdiensten vorbereitet und begangen“, teilte Russlands Inlandsgeheimdienst FSB mit und veröffentlichte ein Video, das die angebliche Mörderin zeigen soll. Kiew wies zurück, mit der Ermordung der 29-Jährigen etwas zu tun zu haben. Selenskyj warnte Moskau vor Schauprozessen gegen Kriegsgefangene.
Was ist für den Frieden nötig?
Monate nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine geht der Krieg mit unverminderter Härte weiter. Eine Friedenslösung auf dem Verhandlungstisch scheint nach wie vor in weiter Ferne. Was kann Europa zur Beendigung des Konflikts beitragen? Welche Rolle spielen die Waffenlieferungen des Westens? Wie effektiv sind die EU-Sanktionen gegen Russland? Was ist für den Frieden nötig?
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