Sicherheitskräfte an der Unglücksstelle
APA/AFP/Wojtek Radwanski
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NATO und Polen: Rakete wohl aus der Ukraine

Eine Rakete, die im polnischen Dorf Przewodow im Grenzgebiet zur Ukraine eingeschlagen ist, hat die Nacht über weltweit für Alarmstimmung gesorgt. Zwei Menschen wurden getötet, hieß es. Die russische Regierung dementierte einen Beschuss und sprach von einer gezielten Provokation. Laut USA und Polen selbst stammt die Rakete wohl nicht aus Russland, sondern von der ukrainischen Luftabwehr.

Online seit 15. November 2022, 22.47 Uhr
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Russlands Wirtschaft rutscht in Rezession

Russlands Wirtschaft ist in die Rezession gerutscht. Im dritten Quartal von Juli bis Ende September ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,0 Prozent zum Vorquartal geschrumpft, wie die nationale Statistikbehörde Rosstat auf Basis einer ersten Schätzung mitteilt. Im zweiten Quartal ist das BIP um 4,1 Prozent zurückgegangen.

Die Rezession wird definiert als zwei aufeinanderfolgende Quartale mit schrumpfendem BIP. Grund für den Rückgang der Wirtschaftsleistung in Russland sind auch die Sanktionen des Westens.

Kiew: Arbeiten mit Verbündeten an Luftabwehrsystem

Die Ukraine arbeitet nach eigenen Angaben zusammen mit ihren ausländischen Verbündeten an der Entwicklung eines Luftabwehrsystems. Dieses werde „integriert und gestaffelt“ sein, erklärt Verteidigungsminister Oleksii Resnikow auf Twitter. Weitere Einzelheiten dazu nennt er nicht. Bei einem geplanten Treffen mit den Verbündeten in Deutschland werde der „Schutz des ukrainischen Himmels“ Priorität haben.

Litauen erhöht Einsatzbereitschaft

Litauen hat nach dem tödlichen Raketeneinschlag in Polens Grenzgebiet einen Teil seiner Streitkräfte in höhere Einsatzbereitschaft versetzt. Nach Angaben der Sprecherin von Armeechef Valdemaras Rupsys sei der Bereitschaftsgrad der Einheiten zur Luftverteidigung erhöht worden. Damit sei die Reaktionszeit verkürzt worden, um auf potenzielle Bedrohungen zu reagieren und die vorgegebenen Aufgaben auszuführen.

Moskau bestellt polnischen Botschafter ein

Das russische Außenministerium bestellt den polnischen Botschafter ein. Das gibt eine Sprecherin des Ministeriums in Moskau bekannt. Zuvor hat der Kreml Polen vorgeworfen, auf den Raketeneinschlag „absolut hysterisch“ reagiert zu haben.

Duda: Derzeit keine Gefahr für Land und Bürger

Nach dem tödlichen Einschlag einer Rakete in Polens Grenzgebiet zur Ukraine gibt Präsident Andrzej Duda Entwarnung. Es bestehe derzeit keine „eindeutige oder bekannte direkte Gefahr“ für das Land und seine Bürger, sagt Duda nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates. Es gebe außerdem auch keine Signale dafür, dass sich ein derartiges Ereignis wiederholen könnte.

Polnischer Präsident Andrzej Duda während einer Sondersitzung
Reuters/Slawomir Kaminski/Agencja Wyborcza

Ukraine verlängert Kriegsrecht

In der von Russland angegriffenen Ukraine sind das Kriegsrecht und die Mobilmachung der Armee vom Parlament um weitere 90 Tage verlängert worden. Damit gelten die beiden Maßnahmen vorerst bis 19. Februar 2023, berichten örtliche Medien in Kiew. Für die vierte Verlängerung seit dem russischen Überfall am 24. Februar haben demnach jeweils knapp 300 Abgeordnete gestimmt. 226 Stimmen wären notwendig gewesen.

Lawrows Sprecherin scherzt über Raketeneinschlag

Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa hat sich über den tödlichen Raketeneinschlag in Polen lustig gemacht. Die Ukraine habe immer in die NATO eintreten wollen, nun sei sie mit Gewalt eingedrungen – mit einer S-300, greift die Sprecherin von Außenminister Sergej Lawrow auf ihrem Telegram-Kanal einen Witz auf, der zuvor bereits in sozialen Netzwerken kursiert ist. Sacharow fordert zudem Polen zu einer Entschuldigung auf.

Ukraine fordert „sofortigen Zugang“ zu Explosionsort

Nach dem Raketeneinschlag in Polen verlangt die Ukraine „sofortigen Zugang“ zum Explosionsort. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Oleksij Danilow, schreibt auf Twitter, sein Land sei „bereit, den Beweis für die russische Spur zu übergeben“. Er fordert „eine gemeinsame Untersuchung des Vorfalls“.

Analysen aus Polen und Moskau

Nach dem Raketeneinschlag in Polen sind viele Fragen offen. ORF-Korrespondent Robert Zikmund berichtet aus Brüssel, und ORF-Korrespondentin Miriam Beller meldet sich aus Moskau.

Warschau: Rakete stammt aus Flugabwehrsystem S-300

Die im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine eingeschlagene Rakete gehört nach Angaben der polnischen Regierung zum Flugabwehrsystem des Typs S-300. Am Ort der Explosion in dem polnischen Dorf Przewodow seien Trümmer eines solchen Flugabwehrgeschosses gefunden worden, so Polens Justizminister Zbigniew Ziobro auf Twitter. Dieses werde sowohl von der russischen als auch von der ukrainischen Armee eingesetzt. „Vor Ort arbeitet ein Team aus polnischen Staatsanwälten und technischen Sachverständigen. Auch amerikanische Experten waren dort.“ Das Gelände werde mit 3D-Technik gescannt.

Das tschechische Parlament hat das gegenwärtige Regime in Russland als „terroristisch“ eingestuft und Russlands jüngste Attacken gegen die ukrainische Energieinfrastruktur scharf verurteilt.

Zudem erklärt das Unterhaus in der gestern beschlossenen Resolution, dass es die vor Kurzem abgehaltenen Scheinreferenden über den Anschluss von vier okkupierten ukrainischen Regionen zu Russland nicht anerkennt.

Polen: Verfahren zu Artikel 4 nicht nötig

Nach den jüngsten Erkenntnissen zum Einschlag einer Rakete im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine sieht Polen keine unbedingte Notwendigkeit mehr, das Verfahren nach Artikel 4 des NATO-Vertrags einzuleiten. Die meisten bisher gesammelten Beweise deuteten darauf hin, dass „die Auslösung von Artikel 4 dieses Mal vielleicht nicht notwendig sein wird“, sagt Regierungschef Mateusz Morawiecki.

Artikel 4 sieht Beratungen der NATO-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht.

Auch NATO sieht keinen „Angriff“ auf Polen

Auch die NATO geht davon aus, dass die tödliche Explosion in Polen von einer ukrainischen Luftabwehrrakete verursacht worden ist. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagt, nach der vorläufigen Analyse der Allianz wurde „der Vorfall wahrscheinlich durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht“, die zur Abwehr russischer Raketenangriffe abgefeuert worden sei. Es gebe „keinen Hinweis auf einen vorsätzlichen Angriff“ auf Polen.

Das Bündnis habe auch „keinen Hinweis darauf, dass Russland offensive militärische Aktionen gegen die NATO vorbereitet“, so Stoltenberg.

Zahllose Raketeneinschläge am Dienstag

Grafik zu den Angriffen auf die Energieversorgung in der Ukraine
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: ISW/IAE/liveuamap

Polen: Rakete wohl von ukrainischer Luftabwehr

Bei dem Raketeneinschlag in Polen handelt es sich nach polnischen Angaben wohl um eine ukrainische Rakete. Es sei sehr wahrscheinlich, dass es eine Rakete der ukrainischen Luftabwehr gewesen sei, sagt Präsident Andrzej Duda. Es gebe keinen Hinweis für einen Angriff auf Polen.

Der polnische Präsident Andrzej Duda
Reuters/Agencja Wyborcza/Slawomir Kaminski

Der Kreml wirft Polen unterdessen dennoch eine irreführende Informationspolitik zum Raketeneinschlag im Grenzgebiet zur Ukraine vor. Die polnische Führung habe jede Möglichkeit gehabt, sofort zu sagen, dass es um Teile eines Flugabwehrsystems S-300 geht, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. „Dann hätten alle Experten sofort verstanden, dass es keine Rakete sein kann, die etwas mit den russischen Streitkräften zu tun hat.“

Polen überreicht Russlands Botschafter diplomatische Note

Polens Außenminister Zbigniew Rau hat den russischen Botschafter Sergej Andrejew einbestellt und ihm eine diplomatische Note überreicht. „Es war ein sehr kurzes Gespräch ohne jegliche Höflichkeit, nicht einmal ein Händedruck wurde ausgetauscht. Es dauerte vier Minuten“, heißt es.

Russisches Militär rechtfertigt Raketenangriffe

Das russische Verteidigungsministerium hat die schweren Raketenangriffe auf die Energieversorgung der Ukraine mit deren angeblicher militärischer Bedeutung zu rechtfertigen versucht. Ziel der Attacke seien „das militärische Kommandosystem der Ukraine und die damit verbundenen Energieanlagen“ gewesen, sagt Sprecher Igor Konaschenkow. Russland habe die Raketen von Flugzeugen und von Schiffen aus abgeschossen. Das Ziel des Angriffs sei erreicht worden, sagt er.

Feuerwehreinsatz nach Raketenangriff in der Ukraine
Reuters/State Emergency Service of Ukraine

Nach ukrainischer Zählung haben die russischen Streitkräfte mehr als 90 Raketen sowie Kampfdrohnen abgeschossen.

Stromversorgung weitgehend wiederhergestellt

In der Ukraine sind die Probleme bei der Stromversorgung nach den schweren russischen Raketenangriffen weitgehend wieder behoben.

„Die Mehrzahl der Stromkunden sind in den verschiedenen Regionen wieder an das Netz angeschlossen“, sagt Selenskyj in einer Videobotschaft. Reparaturteams der Stromanbieter und des Zivilschutzes hätten die ganze Nacht gearbeitet.

Der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, schreibt auf Telegram, dass es jedoch weiter für mehrere tausend Haushalte in den westukrainischen Gebieten Wolhynien, Schytomyr, Ternopil und Chmelnyzkyj Probleme mit der Stromversorgung gebe.

Oslo: Werden verlässlich Energie liefern

Der norwegische Premierminister Jonas Gahr Store betont, sein Land werde im bevorstehenden Winter ein „verlässlicher“ Energielieferant für Europa sein.

Belgien: Raketen vermutlich von ukrainischer Luftabwehr

Die tödliche Explosion in Polen geht nach Angaben der belgischen Regierung vermutlich auf eine ukrainische Luftabwehrrakete zurück. Die belgische Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder erklärt heute in Brüssel, nach Informationen der Nachrichtendienste Belgiens, die mit den Diensten der NATO-Partner in engem Kontakt stünden, seien die Einschläge „von ukrainischen Luftabwehrsystemen ausgelöst worden, die zur Abwehr russischer Raketen eingesetzt wurden“.

Einsatz in Przewodow
APA/AFP/Wojtek Radwanski

Kreml um Deeskalation bemüht

Der Kreml ist sichtlich um Deeskalation bemüht. Erneut betont ein Sprecher, dass die in Polen eingeschlagenen Raketen nicht von Russland abgefeuert worden seien. Es handle sich um eine Rakete der ukrainischen Luftabwehr. Moskau lobt die zurückhaltende Reaktion der USA und zeigt sich für eine Verlängerung des Abkommens über Getreideexporte offen. Man könne binnen Stunden über eine Verlängerung verhandeln.

Slowakei: NATO berät wohl über Verstärkung der Ostflanke

Die NATO wird auf ihrer Dringlichkeitssitzung nach slowakischen Angaben wahrscheinlich über eine Verstärkung der Luftverteidigung an ihrer Ostflanke beraten. „Es ist logisch, dass wahrscheinlich ein Antrag auf dem Tisch liegen wird, den Luftraum der Länder an der Grenze zu stärken“, sagt der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger.

Papst verurteilt Raketenangriffe auf Ukraine

Papst Franziskus verurteilt im Rahmen seiner Generalaudienz die jüngsten Raketenangriffe auf die Ukraine. Er wiederholt seinen Appell für einen Waffenstillstand, um eine weitere Eskalation abzuwenden.

Papst Franziskus
AP/Alessandra Tarantino

Rheinmetall liefert 15 Kampfpanzer an Slowakei

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall liefert im Zuge eines Ringtauschs zur Unterstützung der Ukraine 15 Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 an die Slowakei. Die nötigen Verträge seien am Dienstag von Vertretern der deutschen Regierung, der Slowakei und des Unternehmens unterzeichnet worden, teilt Rheinmetall mit. Die deutsche Lieferung umfasst auch ein „Munitionspaket“. Die slowakischen Streitkräfte geben dem Plan zufolge ihrerseits militärische Ausrüstung zur Unterstützung an die Ukraine ab.

London: Keine Überschwemmungen durch Schäden an Staudamm

Trotz russischer Zerstörungen am Kachowka-Staudamm in der Ukraine droht nach britischer Einschätzung keine Flutkatastrophe. Drei Spannweiten der Brücke an dem Damm seien zerstört worden, wodurch die Übergänge unpassierbar seien, teilt das Verteidigungsministerium in London heute unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Die Wehren unterhalb dieses Abschnitts seien jedoch weitgehend intakt.

„Das derzeitige Schadensausmaß wird wahrscheinlich nicht zu größeren Überschwemmungen flussabwärts führen“, heißt es weiter. Ukrainische Kräfte hätten die Brücke seit August mit Präzisionsschlägen angegriffen und damit erfolgreich den russischen Nachschub gestört. Am 11. November hätten dann die russischen Truppen beim Rückzug mit kontrollierten Sprengungen weitere erhebliche Schäden angerichtet.

Polen: Luftabwehr kann nicht ganzes Territorium schützen

Der tödliche Raketentreffer hat nach Darstellung des polnischen Generalstabs von der Raketenabwehr des NATO-Landes nicht verhindert werden können. Die Aufgabe der Systeme bestehe darin, kritische Infrastrukturen zu schützen, teilt die Armeeführung mit. „Keine Armee verfügt über ein Luftabwehrsystem, das das gesamte Territorium eines Landes schützt.“

Kiew: Moskau für „jeden Zwischenfall“ verantwortlich

Russland ist nach Darstellung der Ukraine für jeden Zwischenfall mit Raketen verantwortlich. Der Präsidentenberater Mychailo Podoljak erklärt, es könne nur an einer Logik festgehalten werden und die laute, dass der Krieg von Russland begonnen worden sei und von Russland geführt werde. Podoljak sagt weiter, dass Russland die Ukraine massiv mit Marschflugkörpern angreife. „Russland hat den östlichen Teil des europäischen Kontinents in ein unberechenbares Schlachtfeld verwandelt. Absicht, Hinrichtungsmittel, Risiken, Eskalation – all das ist nur Russland. Und anders sind Zwischenfälle mit Raketen nicht zu erklären.“

ORF-Analysen aus Moskau und Brüssel

ORF-Korrespondentin Miriam Beller schildert aus Moskau die Reaktion Russlands nach dem Raketeneinschlag in Polen. ORF-Korrespondent Benedict Feichtner gibt eine Vorschau auf die NATO-Dringlichkeitssitzung in Brüssel.

Litauen: Explosion ändert nicht Niveau der Bedrohung

Der Raketeneinschlag in Polen ändert nach Darstellung des litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda nicht das Niveau der militärischen Bedrohung. Er zeige aber, dass zügiger Flugabwehrsysteme an der Ostflanke der NATO stationiert werden müssten.

„Litauen wird den Einsatz von Luftverteidigung entlang der polnisch-ukrainischen Grenze aktiv unterstützen.“ Das gelte auch für die übrige Ostflanke. Er hoffe, dass bis zum NATO-Gipfel in Vilnius im kommenden Jahr Fortschritte erzielt werden könnten. Die Lage zeige, dass das die richtige Entscheidung sei und eine rasche Umsetzung notwendig sei.

„Washington Post“: CIA-Chef während Angriffen in Kiew

Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, hat sich der „Washington Post“ zufolge während der jüngsten russischen Raketenangriffe auf die Ukraine in Kiew aufgehalten. Dort habe er Selenskyj getroffen, berichtet die Zeitung. Während des Raketenbeschusses am Dienstag habe sich Burns in der US-Botschaft aufgehalten und sei nicht verletzt worden.

Russland hat die Ukraine nach eigener Zählung mit mehr als 90 Raketen und Marschflugkörpern beschossen. Burns hat in Kiew der Zeitung zufolge die Unterstützung der USA für die Ukraine bekräftigt. Zwischen Burns’ Aufenthalt in der ukrainischen Hauptstadt und den russischen Angriffen soll es keinen Zusammenhang geben.

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