Tiger in Gehege
Reuters/Jaime Saldarriaga
Wilde Tiere

Die Suche nach dem Zoo der Zukunft

Die eine Seite spricht von einem wichtigen Beitrag für Bildung, Wissenschaft und den Artenschutz, der Gegenseite zufolge werden in Zoos Tiere aus reinen Unterhaltungs- und Kommerzzwecken in Käfigen eingepfercht. Ansätze zur Imageverbesserung gibt es viele – und diese reichen mittlerweile bis zur virtuellen Realität.

Ein Zoobesuch mit Datenbrille und dank dieser selbst ausgestorbene Spezies bis hin zu Dinosauriern hautnah erleben zu können wird etwa im chinesischen Guangzhou schon versprochen. Dort eröffnete 2018 der laut eigenen Angaben erste „VR Zoo“ der Welt. Mit dem „weltgrößten VR Park“ will unter anderem auch Dubai den Zoobesuch revolutionieren – ob künftig gänzlich auf in Gefangenschaft gehaltene Tiere verzichtet wird, bleibt dennoch fraglich.

Aus Expertensicht bietet das VR-Konzept zwar gänzlich neue Möglichkeiten, um in die Welt der Tiere einzutauchen. Geht es nach dem US-Zooexperten Ben Minteer, ist allerdings das eigentliche, auf reale und in Gehegen gehaltene Tiere setzende Zookonzept nach wie vor „höchst populär“.

VR-Zoo in China
AP/Yang Yaohua
Virtuelle Zoobesuche bieten auch aus Expertensicht gänzlich neue Möglichkeiten, um in die Welt der Tiere einzutauchen

„Fundamentaler Makel“

Es sei die „mächtige und ursprüngliche Transaktion zwischen dem wilden Tier und dem Menschen“, die den eigentlichen Reiz eines Tiergartenbesuchs ausmache, wie Minteer dazu laut „Independent“ sagte. Der Autor des Buches „The Ark und Beyond“, das sich auch mit der künftigen Rolle von Zoos beschäftigt, sieht die Zoobetreiber dennoch gefordert – notwendig sei eine Neuausrichtung für eine „ethischere Generation“ und der Schutz der biologischen Vielfalt als oberste Priorität.

Etliche Zoos haben sich ganz in diesem Sinn schon lange Artenschutz- und Zuchtprojekte auf die Fahnen geheftet. Ganz nach dem Motto mehr Platz für weniger Tiere wird auf eine möglichst artgerechte Haltung und an die die Natur angelehnte Lebensräume gesetzt. „Uns ist es wichtig, dass der Tiergartenbesuch nachhaltig ist, dass die Menschen hier Tiere beobachten, dabei etwas lernen und sich für den Schutz der Tierwelt interessieren“, heißt es etwa beim Wiener Tiergarten Schönbrunn.

Das Ziel sei es, eine „bereichernde und nachhaltige Umwelt für Menschen, Pflanzen und Tiere zu schaffen“, sagt auch der Zooplaner Jon Coe, der bereits Dutzenden Tiergärten seinen Stempel aufgedrückt hat. Der vom „Times“-Magazin als Visionär bezeichnete Landschaftsarchitekt verschweigt aber auch nicht einen „fundamentalen Makel“ seiner Kundschaft, da selbst die besten Zoos auf der „Grundidee von Gefangenschaft und Zwang“ basierten.

Vorzeigeprojekt „Zoo360“

Coe zeigt sich aber davon überzeugt, dass Tieren auch in einem Zoo ein weitgehend natürliches Verhalten ermöglicht werden könne. Als großes Vorzeigeprojekt von Coes Arbeit gilt das in der US-Stadt Philadelphia umgesetzte Projekt „Zoo360“. Seit 2006 gibt es dort für Löwen, Pumas, Leoparden und Jaguare gleich fünf durch mehrere unter- und oberirdische Gänge miteinander verbundene Außengehege.

Zoo in Philadelphia
Reuters/Charles Mostoller
Das in Philadelphia umgesetzte Konzept „Zoo360“

Das mittlerweile auch für andere Tierarten umgesetzte Konzept habe sich laut Philadelphia-Zoo-Geschäftsführer Andy Baker mehr als bewährt. In Medienberichten ist zudem von einer Idee die Rede, die den Zoo der Zukunft prägen könnte.

Zoobesuch als Reise um die Welt

Seit der Neueröffnung im Jahr 2014 in in die fünf „Biozonen“ Madagascar, Amazon-Guyana, Sahel-Sudan, Patagonien und Europa aufgeteilt, wird indes auch der Zoo von Paris immer wieder als Vorzeigeprojekt gehandelt. In Leipzig wurde ein großangelegtes Umbauprojekt schließlich gleich auf „Zoo der Zukunft“ getauft und so wie in vielen anderen Tiergärten, steht auch hier die Umgestaltung der alten Gehege in naturnahe und artgemäße Anlagen im Zentrum eines laufenden Programms.

„Spätestens wenn der Besucher die sogenannte Kiwara-Savanne erreicht, auf der sich neben Straußen auch Zebras, Antilopen und Gazellen tummeln, wird klar: Der Zoo alter Prägung mit Gittern und Zäunen gehört der Vergangenheit an“, heißt es am Beispiel Leipzig im Nachrichtenmagazin „Focus“.

Eisbär in Schönbrunn
Reuters/Leonhard Foeger
Mehr Platz für Tiere samt Mehrwert für Besucher: Auf dieses Rezept setzt auch der Tiergarten Schönbrunn

„Ob Arktis oder afrikanische Savanne, tropischer Regenwald oder heimische Wald- und Wasserlandschaften: Die Tieranlagen ermöglichen eine Reise in die unterschiedlichsten tierischen Lebensbereiche“, heißt es schließlich auch beim Tiergarten Schönbrunn. Der älteste noch bestehende Zoo der Welt kann als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Schönbrunn zwar weiterhin mit seiner Historie beim Publikum punkten – was die Tierhaltung betrifft, befindet sich der Tiergarten aber seit Jahrzehnten im Wandel.

„Artgerechter moderner Lebensraum“

Bereits 1996 wurde die damals „modernste Elefantenanlage Europas“ und rund um den 250. Geburtstag im Jahr 2002 ein Regenwaldhaus eröffnet. Als „weiteren Meilenstein in der stetigen Weiterentwicklung der Qualität des Tiergartens“ folgte 2014 ein neues Eisbärengehege und im August dieses Jahres eine „neue, naturnah gestaltete Wasserlandschaft“, womit nun auch die Schönbrunner Flusspferde „einen artgerechten und modernen Lebensraum“ erhalten haben.

Zoo mitten in Wien

In Wien hat sich mit dem privat und gemeinnützig geführten Wiener Haus des Meeres ein mitten in der Stadt gelegener Zoo schon lange als Besuchermagnet etabliert. Im Vorjahr verbuchte der Aqua Terra Zoo mit 642.459 Besuchen den zwölften Rekord in Serie – mehr dazu in wien.ORF.at.

Hochhauszoo und Safaris

Auf dieses Konzept setzt auch Coe, der in seinem Projekten auf die Schaffung eines optimalen Lebensumfeldes für Zootiere und ein verbessertes Besuchererlebnis setzt. Die Ausrichtung hänge dabei nicht zuletzt auch von der Lage, Größe und Struktur ab, wie das „Time“-Magazin anhand von drei aus Coes Feder stammenden Beispielen untermauert.

Für kleinere und „mittelgroße“ Zoos wäre demnach die Spezialisierung auf eine Tierart wie beispielsweise Großkatzen und in Innenstädten ein „Hochhauszoo“ eine Option. Hier sei laut „Time“ Platz für Aquarien und „ein Stück“ Regenwald.

Auf die im Modell „Elite Mega Zoo“ vorgesehene Möglichkeit, Tiere im Stil von Safaris zu besichtigen, setzt indes bereits der Tierpark Cabarceno nahe der nordspanischen Stadt Santander. Bei der 1990 eröffneten und zuletzt um eine Seilbahn erweiterten 750 Hektar großen Anlage verschmelzen aber ohnehin die Grenzen zwischen Safaripark und klassischem Zoos.

Giraffen
Zootopia
Safaris stehen auch im Givskud Zoo im Angebot

Vom Zoo zu „Zootopia“

„Viel mehr als nur ein klassischer Zoobesuch“ steht auch im dänischen Givskud Zoo im Angebot. Ob nach Safaris und Dinosaurierpark dort nun auch das Projekt „Zootopia“ umgesetzt wird, ist noch offen. Dieses setzt auf noch mehr Freiraum für die Tiere, halbtransparente Glaswände und verspiegelte Fahrzeuge für die Besucherinnen und Besucher sowie mit der Bjarke Ingels Group (BIG) auf ein international renommiertes Architekteteam.

Die BIG steht auch hinter dem bereits im Bau befindlichen Großprojekt im Zoo der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Dort erwartet man mit einem Pandapärchen aus China einen Erfolgsgaranten. Mit einem rund 20 Millionen Euro teuren Gehege will der Kopenhagener Zoo nun offenbar auch mit dem Großen Panda neue Maßstäbe setzen.