Kiernan Shipka aus „Chilling Adventures of Sabrina“
AP/Netflix/Diyah Pera
Von „Charmed“ bis „Sabrina“

Ein Serienherbst voll Untoter

Der „heiße Serienherbst“ in den USA ist wieder eingeläutet. Während bereits in den vergangenen Jahren Retrocharme dominierte, scheint auch heuer wieder das Gebot „Alt ist immer besser“ zu gelten. Die Saison steht im Zeichen der Reboots alter Kultserien – aber auch der starken Frauen an vorderster Front.

Das zeichnet sich heuer vor allem im Mystery-Genre ab, in dem zahlreiche Kultreihen neu aufgelegt werden: Erst wurde ein Reboot von „Buffy“ angekündigt, nun startet im Oktober in den USA ein Aufguss von „Charmed“. Und mit „Sabrina – Total verhext“ wird auch die dritte Serie im Triumvirat der paranormalen Teenie-Klassiker der 90er und frühen Nuller Jahre wiederbelebt. Die auf düster getrimmte und an der Comicvorlage orientierte Neuauflage der Hexen-Sitcom von 1996 startet pünktlich zu Halloween auf Netflix.

Das Mystery-Genre ist aber freilich nicht das einzige, in dem das Reboot weiterhin fröhliche Urständ feiert. Mit der Sitcom „Murphy Brown“ und dem Actionklassiker „Magnum P.I.“ werden in diesem Herbst im US-Sender CBS zwei Kultserien aus den 80ern wiederbelebt. Auch die durch einen rassistischen Tweet der Hauptdarstellerin Roseanne Barr missglückte Wiederkehr von „Roseanne“ ist noch nicht ganz gegessen: Mit „The Conners“ geht die Comedyserie ab Oktober ohne die Namensgeberin weiter.

Die Welt ist böser, aber bunter

Am Wiederkäuen alter Serien, Filme und Spiele scheiden sich die Geister. Fest steht aber: Für Produzierende sind Reboots in der Flut der TV-Neuerscheinungen ein einigermaßen sicheres Geschäft und für viele nostalgische Fans ein Gewinn. Dass die teils jahrzehntealten Serien für die heutige Generation eine Frischzellenkur brauchen, liegt ebenfalls auf der Hand. Dabei zeigen die Neuerscheinungen, dass sich diese wohl vor allem auf zwei Dinge herunterbrechen lässt: TV kann und soll nicht mehr ausschließlich Eskapismus sein. Und: Die Welt ist böser, aber auch bunter geworden.

„Charmed“ vom Sender The CW etwa bezeichnet sich explizit als „feministisches Reboot“ und will mit einer Story über sexuelle Belästigung und der Rache dafür die Stränge der „#MeToo“-Bewegungung aufgreifen. Am Cast zeichnet sich auch das Streben nach einer größeren Vielfalt ab: Während die Hexenschwestern Piper (Holly Marie Combs), Phoebe (Alyssa Milano), Prue (Shannen Doherty) in der Originalfassung alle drei weiß sind, sieht es beim Reboot anders aus. Die Schauspielerinnen, die das neu benannte Trio spielen, haben je einen afrokaribischen, puerto-ricanischen und mexikanischen Hintergrund.

Die Besetzung der Neuauflage von „Charmed“
APA/AFP/Getty Images/Frederick M. Brown
Der Cast der „Charmed“-Neuauflage. Die Hauptrollen spielen Sarah Jeffery, Melonie Diaz und Madeleine Mantock (M.).

Auch bei dem „Buffy“-Reboot – das übrigens erst produziert wird – soll künftig eine dunkelhäutige Frau auf Vampirjagd gehen. Dass der Grundton auch dieser Serie um einiges ernster werden dürfte, ließ Produzentin Monica Owusu-Breen bereits anklingen. Das alte „Buffy“ sei unersetzlich, „nun sind wir aber hier, 20 Jahre später. Und die Welt scheint um vieles beängstigender zu sein.“ Auch „Sabrina“ hat laut ersten Trailern mit dem heiteren Original aus den 90ern nichts mehr zu tun. Statt Lachern vom Band, Slapstick und Erste-Liebe-Herzschmerz herrscht die Devise Düsternis, gelistet wird die Serie von Netflix unter den Kategorien „brutal, düster, furchteinflößend“.

Auch wenn die Kost beim Actionfeuerwerk „Magnum P.I.“ leichter bleibt: Hier gelten dieselben Trends pro Diversität. Der US-amerikanisch-mexikanische Schauspieler Jay Hernandez tritt in die Fußstapfen von Tom Selleck und übernimmt die Rolle des (diesmal schnauzbartlosen) Thomas Magnum. Gehütet wird sein Anwesen auf Hawaii nicht mehr von dem Briten Jonathan Higgins, sondern von dessen weiblicher, Yoga und Kampfsport praktizierender Verkörperung, nun Juliet genannt. Wenn diese Magnum rät, „doch ein Uber zu nehmen“, bleibt vom 80er-Flair nicht mehr viel über.

„Doctor Who“, „House of Cards“ ganz weiblich

Eine Frau dürfte auch dafür sorgen, dass der britische Sci-Fi-Klassiker „Doctor Who“ in diesem Herbst noch einmal hohe Wellen schlägt. Ab November wird mit der Schauspielerin Jodie Whittaker zum ersten Mal in der Geschichte der Kultserie eine Frau die Rolle des „Doktors“ übernehmen. Auch bei der im November startenden sechsten Staffel von „House of Cards“ rückt eine Frau an die vorderste Front: Robin Wright folgt Kevin Spacey nach, der wegen Übergriffsvorwürfen aus der Serie geworfen worden war.

Zwei Mädchen und ihre außergewöhnliche Freundschaft könnten unterdessen auch für den möglichen Serienhit des Herbstes sorgen. Nachdem die vierteilige Neapel-Saga der Autorin Elena Ferrante in den vergangenen Jahren für ein „Ferrante-Fieber“ gesorgt hat, schießt HBO nun die Serienversion „My Brilliant Friend“ nach. Die italienische Produktion mit Margherita Mazzucco und Gaia Girace in den Hauptrollen soll im November starten und erhielt beim Filmfestival in Venedig bereits hymnische Kritiken.

ORF zeigt „Babylon Berlin“

Mit dem Serienevent „Babylon Berlin“ hat sich auch der ORF hochkarätige Kost gesichert. Nach dem Auftakt und der deutschsprachigen Free-TV-Premiere am Sonntag ab 20.15 Uhr zeigt ORF eins jeweils am Donnerstag ab 22.15 Uhr die Serie über das Berlin der 1920er Jahre, in dem rauschhafter Exzess, extreme Armut, Emanzipation und Extremismus grassieren. Dabei blickt das Publikum durch die Augen des jungen Kommissars Gereon Rath auf die Stadt in der Zwischenkriegszeit, der tief in die Unterwelt tauchen muss. Die Serienfassung der Krimibestseller von Volker Kutscher wurde für die aufwendige Produktion und die hochkarätige Besetzung (mit dabei ist auch Karl Markovics) international gelobt und ausgezeichnet.

Daneben steht schon eine zweite internationale Serie in den Startlöchern: Über die Staatsgrenzen hinweg und mit neuer Besetzung kämpft die europäische Polizeieinheit „The Team II“ ab 27. September jeweils donnerstags um 20.15 Uhr in ORF eins erneut gegen die organisierte Kriminalität. Auf deutscher Seite geht mit belgischer und dänischer Unterstützung in der internationalen und vom ORF koproduzierten Krimireihe Jürgen Vogel auf Verbrecherjagd. Manuel Rubey, Nora Waldstätten und Erwin Steinhauer geraten als Mitglieder der österreichischen High Society und Simon Hatzl als deren Handlanger ins Visier der Ermittlungen.

Serien – und kein Ende in Sicht

Abseits der Remakes und Neustarts gibt es auch heuer wieder kaum übersehbare Fülle an Fortsetzungen und neuen Staffeln. Das Spektrum reicht dabei von der vierten Staffel der Drogenkartellserie „Narcos“ über die dritte Staffel der Nazi-Dystopie „The Man in the High Castle“ bis zu neuen Folgen von „Outlander“, „American Horror Story“ (wieder mit Jessica Lange) und der 14. Staffel von „Supernatural“. Im Bereich der Superhelden und Superheldinnen gibt es Neues unter anderem von „Arrow“, „Supergirl“ und „Marvel’s Runaways“.

Szene aus „Babylon Berlin“
ORF/Beta Film/X Filme Creative Pool Entertainment GmbH/Frédéric Batier
Düster, aber auch opulent wird es bei „Babylon Berlin“

An der Comedyfront warten „Modern Family“, die Star-Trek-Parodie „The Orville“ sowie „Will & Grace“ und „Crazy Ex-Girlfriend“ mit neuen Folgen auf. Zwar gibt es eine zweite Staffel des Spin-offs „The Young Sheldon“, die „Mutterserie“ und Marathonsitcom „Big Bang Theory“ geht aber in die zwölfte und letzte Staffel. Keine Ermüdungserscheinungen gibt es hingegen bei „South Park“, „Family Guy“ und den „Simpsons“ – Letztere gehen diesen Herbst in die 30. Runde.