Der mazedonische Präsident Djordje Iwanow
Reuters/Ognen Teofilovski
Mazedonien

Präsident gegen Namensänderung

Der mazedonische Präsident Djordje Iwanow hat zum Boykott des Referendums über die Änderung des Staatsnamens am kommenden Sonntag aufgerufen. Entsprechend einer zwischen dem mazedonischen Regierungschef Zoran Zaev und dessen griechischem Amtskollegen Alexis Tsipras im Juni erzielten Vereinbarung soll Mazedonien künftig den Namen „Nord-Mazedonien“ tragen.

Die Umbenennung des Balkan-Landes „gefährdet die nationale Identität“, begründete Iwanow nach Medienberichten vom Sonntag in der mazedonischen Hauptstadt Skopje nun seine Position. Daher werde er an der Abstimmung über ein entsprechendes Abkommen zwischen Mazedonien und Griechenland nicht teilnehmen.

Die Mazedonier sollen sich am 30. September bei einer Volksabstimmung zu der im Juni mit Griechenland erzielten Namensänderung äußern. In der Referendumsfrage wird auch nach einer EU- und NATO-Mitgliedschaft gefragt. Die Namensänderung ist eine Voraussetzung für weitere Fortschritte im Annäherungsprozess. Nach dem mazedonischen Referendum muss noch das griechische Parlament dem Abkommen zustimmen. In beiden Ländern gibt es große Vorbehalte gegen die Einigung.

Grünes Licht vom Verfassungsgericht

Der Dauerstreit zwischen Griechenland und Mazedonien um den Namen der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik wurde von den Regierungen der beiden Länder an sich bereits im Juni beigelegt. Mehr als ein Vierteljahrhundert nach ihrer Unabhängigkeit verpflichte sich die Republik Mazedonien zur Änderung ihres von Griechenland beanstandeten Namens, sagte damals der griechische Ministerpräsident Tsipras.

Mit Verweis auf die gleichnamige griechische Provinz spricht Griechenland seinem Nachbarn das Recht auf den Namen Mazedonien ab. Das nur von 106 UNO-Mitgliedsländern als Republik Mazedonien anerkannte Land firmiert aus diesem Grund in Internationalen Organisationen und auch bei der UNO selbst bisher unter dem Namen Frühere Jugoslawische Republik Mazedonien.

Nach Angaben des mazedonischen Premiers steht mit der Einigung im Namensstreit für Mazedonien nun auch die Tür zur EU und NATO offen. Allerdings müssen die Bewohner des Landes der Änderung auf den Namen „Nord-Mazedonien“ noch zustimmen – die endgültige Entscheidung liege bei den Bürgern, wie Zaev dazu bereits im Juni sagte. Erst am Mittwoch gab das Verfassungsgericht des Landes schließlich grünes Licht für das Ende nächster Woche anstehende Referendum. Zurückgewiesen wurden damit mehrere Initiativen, mit denen der Urnengang noch gestoppt werden sollte.

Abstimmung mit ungewissem Ausgang

Weil neben dem Staatsoberhaupt auch die oppositionelle VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit) das Referendum ablehnt, bleibt der Ausgang fraglich. Denn wenigstens die Hälfte der 1,8 Millionen Stimmberechtigten muss an der Abstimmung teilnehmen, wenn sie gültig sein soll. Das wäre bei einem – allerdings noch nicht erfolgten – Boykottaufruf der VMRO-DPMNE, die bis zum letzten Jahr zehn Jahre lang die Regierung gestellt hatte, nur schwer möglich, wie Meinungsforscher berichteten.

Verfassungsänderung

Der Weg zur Umsetzung des mazedonischen Abkommens mit Griechenland führt zunächst über das Namensreferendum. Das Resultat ist für die Behörden zwar nicht bindend – von allen Seiten wurde aber bereits betont, keine Entscheidung gegen den Willen der Bürger treffen zu wollen. Für die dann noch notwendige Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig, welche die Regierungsparteien derzeit noch nicht haben.

Nachdem mehrere VMRO-DPMNE-Abgeordnete zuletzt ankündigten, die bei einer Zustimmung beim Referendum noch ausstehende Verfassungsänderung auf keinen Fall zu unterstützen, deutete Oppositionschef Hristijan Mickoski dennoch ein Einlenken an. Sollten die Bürger die Referendumsfrage und damit die Namensänderung mehrheitlich unterstützen, werde seine Partei das demnach beachten. Er werde dann die Abgeordneten seiner Partei auch auffordern, die Verfassungsänderung zu unterstützen, wie Mickoski gegenüber dem TV-Sender 21 ankündigte.

„Schlüssel für Zukunft des Landes“

So wie andere Staats- und Regierungschefs reiste im Vorfeld des Referendums auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach Skopje, um Zaev den Rücken zu stärken. Kurz bezeichnete das mit Griechenland getroffene Abkommen in Skopje als „Meilenstein“. Auch EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn appellierte an die Bürger Mazedoniens, bei dem Referendum die am 17. Juni erzielte Vereinbarung zur Lösung des langjährigen Namensstreits zu unterstützen.

Sollte die bevorstehende Gelegenheit nicht genutzt werden, wäre er ziemlich sicher, dass die Tür in die Europäische Union für Mazedonien jahrzehntelang geschlossen bleiben würde. Das wäre schädlich für die Bürger des Landes, meinte Hahn gegenüber der Presseagentur MIA. „Denken Sie daran, dass Sie am 30. September, wenn Sie beim Referendum abstimmen, den Schlüssel zur Zukunft Ihres Landes tragen“, sagte im Rahmen eines Besuch in Skopje zudem die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.

Russland gegen NATO-Mitgliedsschaft

Unterstützung für die Namensänderung kommt indes auch aus den USA – US-Verteidigungsminister Jim Mattis warnte zuletzt aber auch vor einer Einmischung Russlands.

Mazedoniens Behörden hätten Zaev zufolge bisher allerdings keine Beweise für eine eventuelle Einmischung Russlands in das mazedonische Namensreferendum. Sehr wohl sprach Zaev in diesem Zusammenhang von russischen Bedenken bezüglich einer NATO-Mitgliedsschaft Mazedoniens. „Wir sind bemüht, zu erläutern, dass es für uns keine Alternative zur vollen EU- und NATO-Eingliederung gibt“, wie Zaev dazu sagte. Keinerlei Einwände Moskaus gibt es dem Premier zufolge gegen einen Beitritt Mazedoniens zur EU.

Nach den Worten von US-Verteidigungsminister Mattis sei ein NATO-Beitritt Mazedoniens „einer der schlimmsten Alpträume Russlands“. Das Nachrichtenportal Euractiv verweist zudem auf die nach der Ausweisung von zwei russischen Diplomaten seit 11. Juli deutlich angespannten griechisch-russischen Beziehungen.