„Brexit“: May sieht Neuwahl nicht im britischen Interesse

Die britische Premierministerin Theresa May hat sich angesichts der laufenden „Brexit“-Verhandlungen mit der EU gegen vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen. Sie arbeite daran, im Interesse der Nation eine gute „Brexit“-Vereinbarung mit der EU auszuhandeln, sagte sie gestern auf dem Flug zur UNO-Vollversammlung in New York. „Eine Wahl wäre nicht im nationalen Interesse.“

Medienberichten zufolge hat May angesichts der festgefahrenen „Brexit“-Verhandlungen einen Notfallplan für Neuwahlen im November in Auftrag gegeben. May war zuletzt mit ihrem Austrittsplan bei den Staats- und Regierungschefs der EU auf geschlossene Ablehnung gestoßen.

Zentrale Punkte immer noch ungeklärt

In den Streit über die „Brexit“-Ausgestaltung ist auch auf einem Gipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs in Salzburg Mitte voriger Woche keine echte Bewegung gekommen. Sechs Monate vor dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU herrscht in zentralen Punkten wie der künftigen irischen Grenze und den Handelsbeziehungen Unklarheit.

May drohte indes Brüssel erneut mit einem ungeregelten EU-Ausstieg ihres Landes. Sie habe immer betont, dass „kein Deal besser wäre als ein schlechter“, sagte sie in New York auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen. „Ein schlechter Deal wäre einer, der das Vereinigte Königreich zerreißt.“

Labour will sich alle Optionen offen halten

Die britische Labour-Partei will sich in der „Brexit“-Frage unterdessen alle Optionen offen halten. Auf dem Parteitag in Liverpool stimmten die Delegierten für einen Antrag, der Neuwahlen oder ein zweites Referendum vorsieht. Eine Abstimmung über einen Verbleib in der EU schloss die Partei – anders als noch am Vortag – nicht mehr aus.

„Wenn wir aus der Sackgasse kommen wollen, müssen unsere Optionen auch das Werben für ein zweites Votum beinhalten – und niemand schließt den Verbleib als Option aus“, sagte der „Brexit“-Beauftragte der Labour-Partei, Keir Starmer, in einer Rede vor den Delegierten.

Starmer nannte es „richtig“, dass das britische Parlament als erstes über den möglichen „Brexit“-Deal zwischen May und der EU abstimmen darf. Aber er bekräftigte, dass die Labour-Partei im Unterhaus mit Nein stimmen werde, wenn ihre Forderungen nicht berücksichtigt werden. Dies sei „immer wahrscheinlicher“, sagte Starmer.

Bankenlobby warnt vor ungeordnetem „Brexit“

Die Londoner Bankenlobby warnte indes vor einem ungeordneten „Brexit“. „Ich bin sehr besorgt, weil ein ‚no deal‘ schlecht für uns alle wäre“, sagte Catherine McGuinness, Policy-Chefin der City of London Corporation, dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe) laut Vorausbericht.

Sie warnte davor, dass Millionen Versicherungspolicen und Verträge im Derivatehandel am 29. März 2019 ungültig werden, wenn nicht vorher eine politische Lösung gefunden wird. „Dann ist die Finanzstabilität in Gefahr“, sagte McGuinness. Die europäischen „Brexit“-Unterhändler beharren bisher darauf, dass die Unternehmen das Problem der Vertragssicherheit selbst lösen sollen. Aufgrund der Masse an Kontrakten ist das McGuinness zufolge nicht möglich. „Es bleibt nicht genug Zeit, um alle Verträge umzuschreiben.“