Umweltministerin Elisabeth Köstinger
APA/Roland Schlager
Nationalrat

UVP-Novelle von ÖVP und FPÖ beschlossen

Der Nationalrat hat am Donnerstag die Reform der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verabschiedet, die eine Beschleunigung bringen soll. Kritiker monieren, es würden Rechte von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einschränkt. Dass es hier in letzter Minute noch zu einer leichten Entschärfung kam, konnte die Kritik der Opposition nicht dämpfen.

Damit eine NGO Parteienstellung in einem UVP-Verfahren erhält, muss der Verein künftig aus mindestens hundert Mitgliedern bestehen; ein Verband muss mindestens fünf Vereine umfassen. Ursprünglich war auch vorgesehen, dass die NGOs 100 Mitglieder namhaft machen müssen, um im Verfahren entsprechend anerkannt zu werden. Dem ist zwar auch gemäß einem am Abend eingebrachten ÖVP-FPÖ-Abänderungsantrag so, doch sind die Namen nun nicht der Behörde zu nennen, sondern dieser ist nur die Anzahl „glaubhaft zu machen“.

Das heißt, man kann die Namen auch Notaren, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern oder Rechtsanwälten nennen, die dann eine entsprechende Zertifizierung vornehmen. Diese Entschärfung ließ die Kritik der Opposition in der Debatte allerdings nicht verstummen, die Novelle wurde letztlich nur mit Stimmen der Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ angenommen. SPÖ-Abgeordneter Klaus Uwe Feichtinger fragte sich etwa, ob der Entwurf aus der Industriellenvereinigung (IV) oder der Wirtschaftskammer (WKÖ) gekommen sei.

ÖVP verteidigte UVP-Novelle

ÖVP-Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager verteidigte die Novelle. Man habe die datenschutzrechtlichen Bedenken mit dem Abänderungsantrag eingearbeitet, die Vorwürfe seien auf das Schärfste zurückzuweisen. Es gehe aber um die Frage der Transparenz, diese sei eine ganz wesentliche: „Was für die Politik gilt, sollte auch für NGOs gelten.“ Dem widersprach NEOS-Mandatar Michael Bernhard: Bis zu zwei Drittel der NGOs könnten an Verfahren nicht mehr teilnehmen, da sie weniger als 100 Mitglieder stark seien, sagte er.

Grundsätzlich seien die NEOS positiv gestimmt gewesen, die UVPs zu beschleunigen, betonte Bernhard – die Abänderungsanträge könne man aber nicht mittragen, gab er zu verstehen. „Ich habe persönlich den Eindruck, das Nachhaltigkeitsministerium hat durchaus solide Vorschläge gemacht“, das Hohe Haus habe sich allerdings dann dazu verstiegen, Änderungen zu machen, „die ganz offensichtlich gegen die Zivilgesellschaft, gegen Bürgerbeteiligung gerichtet sind“, sagte der NEOS-Mandatar.

Liste Pilz: Schikane gegen NGOs

Bruno Rossmann von der Liste Pilz (LP) sah in der Verpflichtung, die Stärke von 100 Mitgliedern glaubhaft zu machen, „nichts anders als eine Schikane von Umwelt-NGOs“. Diese habe keinen anderen Zweck, als zur Einschüchterung von Aktivisten beizutragen. „Sie wollen nichts anderes tun als Wirtschaftsinteressen vor Umweltinteressen stellen“, so Rossmann in Richtung ÖVP und FPÖ.

Eindrücke aus dem Nationalrat
ORF.at/Roland Winkler
Die Fronten im Parlament waren am Donnerstag verhärtet

Als einen „Sturm im Wasserglas“ bezeichnete FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch die Oppositionskritik. Der Beschluss sei keinesfalls ein Angriff auf NGOs, es gehe vielmehr um Transparenz. Auch Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) konnte die Kritik nicht nachvollziehen. „Was wir beschließen, ist eine Stärkung der Umweltorganisationen, keine Schwächung“, sagte sie. Es sei auf die Empfehlungen der NGOs eingegangen worden – „nämlich, dass Namen und Personendaten zu keinem Zeitpunkt im Besitz der Behörden sein werden“, sondern dass es eben andere Möglichkeiten wie etwa jene über einen Notar gibt.

Neben den Einschränkungen für die NGOs sieht die Novelle vor, dass bei Einzelfallprüfungen die Frist zur behördlichen Entscheidung mit sechs Wochen begrenzt wird. Zur Wahrung öffentlicher Interessen ist überdies die Beiziehung eines Standortanwalts – zusätzlich zum Umweltanwalt – vorgesehen. Für Vorhaben mit erheblichen negativen Umweltauswirkungen ist jedenfalls die UVP-Pflicht sicherzustellen, wobei die Projektwerbenden auch Maßnahmen zur Schadensvermeidung vorzulegen haben.

Rückschlag für ÖVP-FPÖ-Regierung

Die Regierung musste für den Beschluss der UVP-Novelle auch ihre erste Niederlage bei ihren Vorhaben einstecken. Denn NEOS hat schon vor der Abstimmung bekanntgegeben, dass man der Verankerung der Wirtschafts als Staatsziel nicht zustimmen werde, wenn die UVP-Novelle den Nationalrat passiert. Für die neue Staatszielbestimmung bräuchten ÖVP und FPÖ eine Zweidrittelmehrheit, also die Zustimmung von NEOS oder SPÖ. Beide Oppositionsparteien haben dem Regierungsvorhaben bereits im Verfassungsausschuss eine Absage erteilt.

Dementsprechend irritiert zeigte sich die ÖVP. Der NEOS-Schritt sei „verwunderlich“, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Die Verknüpfung mit einer anderen Thematik sei alter Politikstil. NEOS sei „mitverantwortlich, dass auch in Zukunft zehnjährige Verfahren wie bei der dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat möglich sind“, so ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.

Kritik an UVP-Novelle reißt nicht ab

Von den Umweltschützern und Umweltschützerinnen gab es trotz der Änderung weiterhin scharfe Kritik. „Auch mit dem geänderten Abänderungsantrag zur UVP-Novelle beharren die Regierungsparteien auf einer EU-rechtswidrigen Vorgehensweise, die Rechtsunsicherheit für den Umweltschutz und Schikanen für Umweltschutzorganisationen bringen wird“, sagte etwa Global-2000-Geschäftsführerin Leonore Gewessler. „Ausgerechnet die Umweltministerin tut alles dafür, damit kritische Großprojekte in Zukunft schlechter geprüft werden können als bisher“, hieß es in einer Aussendung des WWF.

„Wesentliche Teile der Novelle sind eine Auftragsarbeit für Wirtschafts- und Industrielobbys“, sagte Hanna Simons, WWF-Naturschutzleiterin. Anerkannte Umweltorganisationen, die weniger als 100 Mitglieder haben, wolle die Bundesregierung künftig aus Umweltverfahren ausschließen. Greenpeace hatte am Vormittag eine Protestaktion auf einem Baukran vor dem historischen Parlament lanciert. Man warf der Koalition vor, mit der Regelung Umwelt- und Bürgerrechte zu beschneiden und für Rechtsunsicherheit bei Bauprojekten zu sorgen.

Protestaktion von Greenpeace
APA/Greenpeace/Astrid Schwab
Die Protestaktion von Greenpeace sorgte für Aufmerksamkeit

Das Ökobüro sah seine Kritik gemildert: „Das datenschutzrechtliche Problem wäre damit gegenüber dem ursprünglichen Textierungsvorschlag entschärft, eine Entwicklung, die wir als klaren Verhandlungserfolg verbuchen.“

Lob von der Wirtschaft

Zustimmung kam von Wirtschaftsvertretern: So erwartet die WKÖ eine deutliche Erleichterung und Beschleunigung der derzeit schwerfälligen Genehmigungsverfahren für Großprojekte. „Das stärkt den Wirtschaftsstandort und ermöglicht die zügige Modernisierung veralteter Infrastruktur“, sagte WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf.

Ähnlich die IV: „Mit dem für heute erwarteten Nationalratsbeschluss der UVP-Novelle wird ein wesentlicher Schritt zu effizienteren Genehmigungsverfahren gesetzt – freilich bei vollem Erhalt des Umweltschutzniveaus“, sagte IV-Vizegeneralsekretär Peter Koren. „Es bedeutet einen echten Fortschritt, wenn die mündliche Verhandlung Klarheit über alle Für und Wider eines Vorhabens bringt.“