Flüchtlinge in einem kleinen Boot vor dem Rettungsschiff „Aquarius“
AP/Darko Bandic
Aus für „Aquarius“-Einsatz

Seenotretter hoffen auf neues Schiff

Die Hilfsorganisation SOS Mediterranee hofft, nach dem Aus für den Einsatz des Flüchtlingsrettungsschiffs „Aquarius“ mit einem anderen Schiff in See zu stechen. Für das Ende des „Aquarius“-Einsatzes machte die NGO am Donnerstagabend in Berlin „eine Reihe von gezielten politischen Angriffen“ verantwortlich.

SOS Mediterranee, das die „Aquarius“ gemeinsam mit Ärzte ohne Grenzen (MSF) betrieb, will so schnell wie möglich mit einem neuen Schiff weitermachen. „Also 2019 wird es ganz sicher sein. Wir hoffen einfach so früh wie möglich“, sagte Verena Papke, Direktorin von SOS Mediterranee Deutschland, am Freitag in Paris. „Wir sind dabei, nach neuen Schiffen zu gucken, und sind mit einigen Reedereien im Gespräch“, so Papke weiter.

„Wir haben den Höhepunkt der Kriminalisierung von humanitärer Hilfe auf See erreicht. Dass wir jetzt dazu gezwungen sind, den Betrieb der ‚Aquarius‘ einzustellen, während europäische Mitgliedsstaaten ihrer Verantwortung, Menschen im Mittelmeer zu retten, nicht gerecht werden, ist ein Armutszeugnis für Europa“, sagte Papke bereits Donnerstagabend. Die Kampagne sei von „Italien und Österreich“ angeführt worden, so Laura Leyser, Geschäftsführerin der Hilfsorganisation in Österreich, gegenüber der Tageszeitung „Der Standard“.

Salvini: „Weiter so“

„Weniger Migrantenabfahrten, weniger Landungen und weniger Tote. Weiter so“, schrieb Italiens Innenminister Matteo Salvini daraufhin auf Facebook. Amnesty International bedauerte in einer Aussendung, dass MSF und SOS Mediterranee gezwungen worden seien, den Einsatz der „Aquarius“ zu stoppen.

„Der Standard“ hatte am Donnerstag berichtet, dass der Betrieb der „Aquarius“ eingestellt wird. Die „Aquarius“ war seit Februar 2016 im Einsatz und rettete etwa 30.000 Menschen aus dem Meer. Die von den NGOs gemeinsam betriebene „Aquarius“ liegt derzeit im französischen Marseille vor Anker. Zweimal wurde dem Schiff die Flagge entzogen.

Rettungsschiff „Aquarius“ im französischen Marseille vor Anker
Reuters/Jean-Paul Pelissier
Die „Aquarius“ rettete seit 2016 30.000 Menschen

Die italienische Regierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega wehrt sich seit ihrem Amtsantritt im Juni gegen die Aufnahme von auf See geretteten Flüchtlingen. Weltweit Beachtung fand die Blockade des Schiffs im Sommer mit Hunderten Geflüchteten an Bord. Damals ließ der italienische Innenminister das Boot nicht in Italien anlegen. Es musste nach Spanien ausweichen.

Italien drohte mit Beschlagnahmung

Zuletzt warfen italienische Behörden MSF vor, illegal Müll in Italien entsorgt zu haben, und drohten mit der Beschlagnahmung des Schiffs. Schweizer Abgeordnete hatten die Regierung in Bern daraufhin aufgefordert, die „Aquarius“ aus humanitären Gründen unter Schweizer Flagge fahren zu lassen. Die Schweizer Regierung lehnte das vor wenigen Tagen aber ab und sagte, für die Seenotrettung im Mittelmeer sei ein koordinierter und langfristiger Ansatz aller europäischen Staaten erforderlich.

„Aquarius“ beendet Mittelmeer-Mission

Etwa 30.000 Menschen hat die Crew des Rettungsschiffs „Aquarius“ auf dem Mittelmeer vor dem Ertrinken gerettet. Jetzt wird die Mission beendet – der politische Druck sei zu groß, sagen die Hilfsorganisationen.

Die Vorwürfe der illegalen Müllentsorgung trafen auch das Schiff „Vos Prudence“, das von Ärzte ohne Grenzen betrieben wird. Die Staatsanwaltschaft warf den Betreibern vor, insgesamt 24 Tonnen mutmaßlichen Sondermülls als normalen Müll ausgegeben zu haben. Es handle sich um Hygieneartikel, Kleidungsstücke von Flüchtlingen und Lebensmittelreste. Die italienische Regierung hat die Häfen des Landes seither für Seenotretter weitgehend geschlossen. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich kritisch zu den Einsätzen von Seenotrettern geäußert. Ärzte ohne Grenzen wies die Vorwürfe stets vehement zurück.