Kurz offen für Brexit-Verschiebung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich unter jene Politiker und Politikerinnen in Europa eingereiht, die unter Bedingungen bereit wären, den EU-Austritt Großbritanniens über den 29. März hinaus zu verschieben. „Wenn London eine ordentliche Strategie und einen Plan vorlegt, dann wäre eine Verschiebung des Austrittstermins um ein paar Monate vorstellbar“, sagte Kurz der deutschen Zeitung „Welt am Sonntag“.

„Großbritannien ist jetzt am Zug, seine Vorstellungen zu präzisieren“, sagte der Kanzler. Kurz betonte, dass alle Seiten von einem Verhandlungsergebnis nur profitierten. „Ein harter, ungeordneter Brexit würde uns allen schaden“, sagte er. Daher verfolge man in der EU die Strategie, ein „No Deal“-Szenario zu vermeiden. „Aber auch darauf sind wir vorbereitet.“

Das britische Unterhaus hatte am Dienstag den von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Einen „harten“ Brexit ohne Vereinbarung mit der EU schließt die Regierungschefin mittlerweile nicht mehr aus.

Merkel wirbt für Kompromiss mit Großbritannien

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ermahnte die EU unterdessen, einen Kompromiss mit Großbritannien zu finden. Man werde respektieren, dass Großbritannien nicht mehr Mitglied der EU sein wolle, sagte Merkel auf dem CDU-Landesparteitag in Mecklenburg-Vorpommern in Rostock.

„Aber auch wir haben eine Verantwortung, diesen Trennungsprozess so verantwortlich zu gestalten, dass man nicht in 50 Jahren über uns den Kopf schüttelt und sagt: ‚Warum waren die nicht in der Lage, einen Kompromiss zu finden‘“, sagte sie in Anspielung auf die Gefahr eines ungeordneten EU-Austritts Großbritannien. Sie werde deshalb bis zum letzten Tag für einen geordneten Brexit arbeiten.

Merkel hatte zuletzt gefordert, dass die britische Regierung sagen müsse, was sie nach der gescheiterten Ratifizierung des ausgehandelten Austrittsvertrags im britischen Unterhaus machen wolle. Dann könne die EU reagieren. „Ich werde dafür arbeiten, dass wir danach beste Beziehungen haben“, sagte sie. Großbritannien bleibe Teil Europas und solle auch in Zukunft ein enger Partner der EU bleiben. Es gebe heute eine „wunderbare Zusammenarbeit gerade in Sicherheitsfragen“.