Probe zur Cosi fan Tutte – Blick in den Orchestergraben
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Halber Meter mehr

Mehr Sicherheitsabstand für deutsche Orchester

Teil des heurigen Festspielsommers in Salzburg sind nicht nur die Opern- und Schauspielinszenierungen, sondern auch das umfangreiche Konzertprogramm, das nebst einem Beethoven-Schwerpunkt auch einige Spezialitäten bietet. Etwa, dass unterschiedliche Orchester unterschiedliche Sicherheitsabstände auf der Bühne einzuhalten haben.

Bei diesen Jubiläumsfestspielen ist alles anders. Im Publikum, bei den Künstlerinnen und Künstlern und nicht zuletzt auf der Bühne: Wenn im Festspielsommer 50 Konzerte stattfinden, so liegt ein Fokus auf Soloklavierabenden. Wo Orchester auf der Bühne stehen, gibt es neben der Programmbeschränkung auf zwei Stunden einige weitere Besonderheiten. Diese betreffen den Abstand der Musiker zueinander auf der Bühne.

Noch komplizierter wird es, wenn ein Chor mit auf der Bühne ist, etwa bei Beethovens Neunter, die am 14. August unter Riccardo Muti mit den Wiener Philharmonikern und der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor zur Aufführung gelangt: Zwischen Chor und Orchester wird es eine Sicherheitsplexiglaswand geben. Als Abstand zwischen den Musikern ist die Sicherheitsdistanz von einem Meter vorgesehen.

Feine Abstandsunterschiede zwischen den Orchestern

Wenn die Berliner Philharmoniker am Ende der Festspiele zwei Auftritte unter der Leitung von Kirill Petrenko absolvieren, dann gilt der in Deutschland vorgeschriebene Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern zwischen den Musikern. Dass diese Regel auch auf Reisen des Orchesters gilt, erklärte der Konzertchef der Salzburger Festspiele, Florian Wiegand, gegenüber Ö1 mit den Vorschriften der deutschen Unfallkasse: „Wir haben die merkwürdige Situation, dass morgens die Philharmoniker unter Gustavo Dudamel mit einem Meter Abstand spielen und abends die Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko kommen und mit eineinhalb Meter Abstand sitzen müssen.“

Ausschnitt aus der Aufführung der Elektra. Blick in den Orchestergraben der Wiener Philharmoniker, von hinten Franz Welser-Möst
Barbara Gindl / APA
Für die Wiener Philharmoniker gelten andere Sicherheitsregeln (hier unter Franz Welser-Möst bei der „Elektra“) als etwa für die Berliner Philharmoniker

Empfehlung der Berliner Charité als Maßstab

Für die Regeln in Deutschland, die dann noch je nach Bundesland und Theater unterschiedlich ausfallen können, ist im Orchesterbereich eine Empfehlung des Berliner Krankenhauses Charité vom Mai zum Maßstab geworden. So wird in dieser Empfehlung ein „Streicher-Stuhlabstand“ von anderthalb Metern empfohlen, für Bläser sogar von zwei Metern. Blechbläser sollen mit zusätzlichem Plexiglasschutz ausgestattet werden. Der Abstand der Dirigenten zum Orchester soll zwei Meter bei der Probe und eineinhalb Meter beim Konzert betragen.

Insgesamt vier Forscher der Charité haben die Eigenheiten verschiedener Instrumente wie Streicher, Bläser, Harfe, Tasteninstrumente sowie Schlagwerke und Pauken analysiert. Berücksichtigt habe man dabei Kriterien wie Bewegungen, Sitzordnung und Atemfrequenz. Bei den Bläsern sei zudem darauf geachtet worden, wie die Luftströme bei den Instrumenten verliefen und wo sich Kondenswasser etwa bei Blechbläsern bildet.

Das insgesamt 13-seitige Papier ist auf Initiative der Orchestervorstände der sieben Berliner Orchester entstanden.