Ausschnitt aus der Aufführung der Elektra. Blick in den Orchestergraben der Wiener Philharmoniker, von hinten Franz Welser-Möst
Barbara Gindl / APA
„Times“

„Philharmoniker wie Premier League“

Mit Argusaugen wurden und werden die Salzburger Festspiele gerade vom Ausland verfolgt. Das Festival wird weltweit als eine Art Benchmark für den Ablauf von Kulturfestivals gesehen. Bereits ab München regiert ein sehr kritischer Blick. Umso erstaunter ist andernorts, wie man das erste Premierenwochenende gelaufen ist. Was dem einen der Fußball, ist den anderen die Kultur, findet etwa die britische „Times“ und vergleicht den Umgang mit den Philharmonikern hierzulande mit dem Verhältnis, das die Briten zur Premier League hätten.

Jedes Land hat seine Prioritäten. Das gelte wohl auch für Österreich, findet die britische „Times“ in ihrer Auseinandersetzung mit der ersten Premiere der Salzburger Festspiele, der „Elektra“ in der Regie von Krzysztof Warlikowsi mit den Philharmonikern unter Franz Welser-Möst, die eine Serie überschwänglicher Besprechungen eingeheimst hat.

Die Salzburger Festspiele habe man im Versuch gegründet, all das zu reflektieren, was eine europäische und eine genuin österreichische Kultur nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ausmache, schreibt „Times“-Kritiker Neil Fisher. Ein triumphales Fest habe man sich in Salzburg für die Hundertjahrfeier vorgenommen – nun liege der Triumph ja schon darin begründet, „dass das Festival überhaupt stattfindet“.

Bild des Raumes der Elektra-Inszenierung
Barbara Gindl / APA
Die „Times“ staunt über die Prioritäten Österreichs, was große Events betrifft

Auch wenn es rund um die Premiere fast wie „Business as usual“ ausgesehen habe (in eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Kollege der „New York Times“, was den Ablauf nach außen anlangt), dürfe man nicht vergessen, wie viele Coronavirus-Tests im Hintergrund stattgefunden hätten – und welch strenge Zonierung es für die Mitarbeiter der Festspiele gegeben habe.

„Sie haben ihre Prioritäten und wir unsere“

„Österreich“, so schreibt Fisher, präsentiere seine Philharmoniker mit genau der gleichen Vorsicht, wie man in Großbritannien die Fußballer der Premier Legue behandelt. „Sie haben ihre Prioritäten, und wir haben unsere.“

Für das Publikum, das den Mund-Nasen-Schutz „wie die Masken der klassischen Tragödie getragen“ habe, sei diese Premiere „die perfekte Katharsis“ geworden. „Monate sind vergangen, bevor ich irgendetwas vom Gewicht der Musik von Strauss in Fleisch und Blut hören konnte“, so Fisher schließlich, der gerade die musikalische Leistung dieses Abends als „sensationell gut“ beschreibt.