Ex-US-Präsident George H. W. Bush
APA/AFP/John Macdougall
1924–2018

George H. W. Bush ist tot

Ein starker Gestalter in der Außenpolitik, weniger erfolgreich im Inneren: George H. W. Bush lenkte die Geschicke des Weißen Hauses 1989 bis 1993 durch eine wechselvolle Periode. Seine Popularität überdauerte seine Amtszeit. In der Nacht auf Samstag verstarb Bush im Alter von 94 Jahren.

Bush wurde 1924 in Milton im US-Bundesstaat Massachusetts geboren. Gesundheitlich angeschlagen war er schon seit Längerem. Im November 2012 wurde er wegen Bronchitis erstmals in ein Krankenhaus in Houston eingeliefert. Seitdem wurde er die gesundheitlichen Probleme nicht mehr los.

Der allgemeine Zustand des Ex-Präsidenten war bereits seit Jahren instabil – er litt an einer bestimmten Form von Parkinson, seine Mobilität war dadurch bereits stark einschränkt. Bushs Tod kommt nur wenige Monate nach dem seiner Frau Barbara. Die beiden waren 73 Jahre verheiratet gewesen. Das Paar hinterlässt fünf Kinder und 17 Enkelkinder.

Ronald Reagan gratuliert seinem Nachfolger George Bush bei der Angelobung
AP/Bob Daugherty
Hofübergabe im Jänner 1989: Vorgänger Ronald Reagan gratuliert Neo-Präsident Bush – flankiert von Barbara Bush (l.) und Nancy Reagan

„Read my lips: No new taxes“

Unter Präsident Richard Nixon wurde Bush 1970 UNO-Botschafter des Landes, von 1976 bis 1977 war er Direktor des Geheimdienstes CIA. Seinem Vorgänger Reagan diente er zwei Amtsperioden lang als Vizepräsident, bevor er sich im Rennen um das Weiße Haus 1988 schließlich deutlich gegen seinen demokratischen Konkurrenten Michael Dukakis durchsetzte. Auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner versprach er, sich als Präsident gegen Steuererhöhungen zu stellen. „Read my lips: No new taxes“ (Lest es von meinen Lippen: Keine neuen Steuern, Anm.), versprach Bush damals. Eine Vorgabe, die Bush während der folgenden Amtszeit zwischen 1989 und 1993 äußerst streitbar machte.

Ex-US-Präsident Barack Obama hängt dem ehemaligen US-Präsidenten George Bush senior einen Orden um den Hals
AP/Charles Dharapak
Im Februar 2011 wurde Bush die „Presidential Medal of Freedom“ verliehen, die höchste zivile Auszeichnung der USA

Seine innenpolitischen Manöver waren vom Gerangel um die Reduzierung des US-Haushaltsdefizits gezeichnet. Bush wollte – gemäß seines Wahlkampfversprechens – Steuererleichterungen durchsetzen, während der Kongress (er war damals von den Demokraten dominiert, Anm.) Steuererhöhungen anstrebte. Schließlich musste Bush einen Kompromiss eingehen – damit stimmte er Steuererhöhungen zu, womit er sein Wahlversprechen von 1988 gebrochen hatte. Diese innenpolitischen Fauxpas konnte Bush zu keiner Zeit überwinden, er blieb farblos und hinsichtlich der Lösung dringender innenpolitischer Probleme weitgehend tatenlos.

Populär durch außenpolitisches Geschick

Während Bush innenpolitisch nicht punkten konnte, spielte er dafür außenpolitisch geschickte Schachzüge. Er hatte sein Amt in einer Zeit dramatischer weltpolitischer Veränderungen angetreten, in der die westliche Führungsmacht USA gefordert war wie lange nicht mehr. Als er das Erbe Reagans zu verteidigen hatte, musste sich Bush in seiner eigenen Partei stets vorwerfen lassen, ein „Weichling“ und kein „echter Konservativer“ zu sein.

George H. W. Bush ist tot

Mit dem Ende des Kalten Krieges fiel Bushs Präsidentschaft in außenpolitisch turbulente Zeiten. Sein Vermächtnis im Inland blieb indes durch wirtschaftliche Krisen getrübt.

Doch mittels seiner außenpolitischen Erfahrung, die Bush als UNO-Botschafter und CIA-Chef gesammelt hatte, konnte er rasch punkten. Als Befürworter der deutschen Wiedervereinigung blieb er Europa in Erinnerung. Auch die damals von vielen geforderte „harte Hand“ spielte Bush in der Folge aus. Mit der Invasion in Panama 1989 zeigte er diese Härte.

Als Höhepunkt galt die von den USA angeführte internationale Militäraktion zur Befreiung Kuwaits aus irakischer Hand – der Golfkrieg im Jahr 1991. Durch den Sieg über die Armeen Saddam Husseins wurde aus der Sicht vieler Amerikaner endgültig das Vietnam-Trauma ausgelöscht, und Bushs Popularität erreichte bei seinen Landsleuten Werte von über 80 Prozent. Damit übertraf er sogar noch seinen Vorgänger Ronald Reagan.

Von Problemen eingeholt

Am Gipfel der Popularität angelangt, wurde er rasch von der Realität der US-Innenpolitik eingeholt. Das Straucheln Bushs deutete sich 1991 an, als die Amerikaner immer deutlicher die Folgen der Rezession zu spüren bekamen. Immer lauter wurde die Forderung, der Präsident solle sich weniger um die internationale Politik und mehr um die Probleme in den USA selbst kümmern. Bush schaffte es zu keiner Zeit, die Staatsverschuldung – eine Erblast von Reagan – in den Griff zu bekommen.

1990 vom „Time“-Magazin auf der Höhe seines Wirkens noch zum „Mann des Jahres“ gekürt, konnte er seinen Popularitätsschwund beim Präsidentschaftswahlkampf 1992 nicht mehr ausgleichen. Zwar wurden von den meisten Amerikanern in Umfragen seine außenpolitischen Erfolge anerkannt, doch mit dem Ende des Kalten Krieges war er für viele Amerikaner in Außen- und Sicherheitspolitik nicht mehr wahlentscheidend. Der Bush-Nachfolger Bill Clinton nutzte das mit dem Slogan „It’s the economy, stupid“, womit er auf die ökonomische Untätigkeit seines Konkurrenten anspielte.

Völliger Rückzug aus der Politik

Nach dem Ende seiner Laufbahn als aktiver Politiker schaltete sich Bush kaum mehr ins politische Geschehen ein. Das überraschte durchaus, schließlich war er Angehöriger einer langjährig stark involvierten republikanischen Politdynastie. Bereits sein Vater Prescott Bush war Mitglied des US-Senats und ein bekannter Unternehmer. Sein Sohn George W. brachte es als US-Präsident zwischen 2001 und 2009 sogar zu noch mehr politischem Einfluss als er.

Sein Sohn Jeb Bush war 43. Gouverneur des US-Bundesstaates Florida und außerdem Präsidentschaftkandidat der Republikaner im Jahr 2016, schied aber früh aus. Nicht zuletzt aufgrund der dauerhaften Verflechtung der Familie Bush in die US-Politik verschwand der nun verstorbene Bush nie ganz von der Bildfläche, obwohl das Ende seiner Amtsperiode zuletzt bereits über 20 Jahre zurücklag.

Vorwürfe in „MeToo“-Affäre

In den Jahren vor seinem Tod absolvierte Bush noch Auftritte bei Gedenkveranstaltungen – etwa anlässlich des beendeten Kalten Krieges. Im November 2009 nahm Bush zusammen mit Michail Gorbatschow und Helmut Kohl an den Feierlichkeiten zum 20. Jahrestages des Mauerfalls in Berlin teil. Am 15. Februar 2011 verlieh ihm der damalige US-Präsident Barack Obama die „Presidential Medal of Freedom“ – die höchste zivile Auszeichnung der Vereinigten Staaten. Seit dem Tod von Gerald Ford 2006 war er der älteste lebende US-Präsident.

Im Zuge der „#MeToo“-Bewegung in den USA sah sich Bush 2017 mit mehreren Vorwürfen der sexuellen Belästigung konfrontiert. So soll der damals 93-Jährige die Schauspielerin Heather Lind vom Rollstuhl aus angegriffen und ihr einen schmutzigen Witz erzählt haben. Der Ex-Präsident entschuldigte sich im Anschluss für diesen und auch für weitere Vorfälle.

Familie und Politik gedenken

In einer Erklärung seines Sohnes George W. Bush hieß es, er sei der beste Vater gewesen, den man sich als Sohn oder Tochter habe wünschen können. Die gesamte Familie sei zutiefst dankbar für dessen Leben. Der zweitälteste Sohn Jeb Bush schrieb auf Twitter, nichts habe seinem Vater mehr Freude bereitet, als anderen zu helfen.

Trump ruft nationalen Trauertag für Bush aus

US-Präsident Donald Trump lobte die „unerschütterliche Führung“ des Verstorbenen. Er habe „Generationen von Amerikanern“ inspiriert, so Trump. Bush habe immer einen Weg gefunden, die Messlatte höher zu setzen. Er habe die Grundlagen für einen jahrzehntelangen Wohlstand geschaffen. Trump nimmt an dem Staatsbegräbnis für Bush teil. „Der Präsident wird Mittwoch, den 5. Dezember, zu einem nationalen Trauertag bestimmen“, teilte Trump-Sprecherin Sarah Sanders am Samstag mit.

Trump erklärte überdies den kommenden Mittwoch zum nationalen Trauertag. Er rief die Amerikaner und Amerikanerinnen in einer amtlichen Bekanntmachung am Samstag dazu auf, „sich an diesem Tag in ihren jeweiligen Gotteshäusern zu versammeln und dort dem Andenken von Präsident George H. W. Bush Ehre zu erweisen“

Dem Historiker Mark Updegrove zufolge hatte George H. W. Bush keine gute Meinung von Donald Trump und wählte ihn im November 2016 auch nicht – obwohl Trump der Kandidat seiner republikanischen Partei war.

Obama: Amerika habe einen „Patrioten“ verloren

Der demokratische Ex-Präsident Barack Obama zeigte sich bestürzt über Bushs Tod. Amerika habe einen „Patrioten und bescheidenen Diener“ verloren, hieß es in einer Erklärung von Barack und Michelle Obama. Bill Clinton dankte seinem Amtsvorgänger und Konkurrenten bei der Wahl 1992 für dessen Freundschaft.

Auch der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow sprach den USA sein Beileid zum Tod von Ex-Präsident George H. W. Bush aus. Er habe mit Bush in einer „dramatischen Zeit“ zusammengearbeitet, sagte der 87-Jährige am Samstag in Moskau. „Das Ergebnis war die Beendigung des Kaltes Krieges und des Rüstungswettlaufs.“ Der am Freitag gestorbene Bush sei ein „echter Partner“ gewesen, sagte Gorbatschow der Agentur Interfax. Der französische Präsident Emmanuel würdigte den Verstorbenen als „großen Anführer“, Österreichs FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl sprach von einem „wahren analytischen Geist“.