Anfang September feiert das mittlerweile von der Garagenfirma im Silicon Valley zum Weltkonzern unter der Dachmarke Alphabet aufgestiegene Unternehmen seinen 20 Geburtstag. Der Name Google ergab sich – so die Legende – bei der Eintragung aus einem Rechtschreibfehler, gemeint war der englische Ausdruck Googol für einen Einser mit 100 Nullen. Er sollte auf den Umfang der von der Suchmaschine indexierten Seiten hinweisen.
Die heutigen Multimilliardäre Larry Page und Sergey Brin, damals Studenten an der US-Universität Stanford, meldeten am 4. September 1998 ihre Suchmaschine Google als Firma an. Gleich danach ging die Testversion der Suchmaschine online, kurz darauf folgte die erste Vollversion.
Dem Test waren drei Jahre intensiver Forschungsarbeit am Computer Science Department der Stanford University vorausgegangen. Laut „Times“ hat Google derzeit Hunderte Milliarden Seiten und mehr als 100 Millionen Gigabyte indiziert.
Andere Suchmaschinen ausgebremst
Der Start wurde dank des Hypes und des Rufes des Coolen und Neuen zum Erfolg und forderte die damals schon etablierten Suchmaschinen wie Yahoo, Altavista, Metacrawler und andere, die heute bereits in Vergessenheit geraten sind, heraus. Der Clou bei Google, der voll aufging, war und ist, Websites nach ihrer Relevanz aufgrund der Häufigkeit der Verlinkung anzuzeigen. In den zwei Jahrzehnten wurde der Algorithmus verfeinert und mit Hunderten weiteren Kriterien angereichert. Doch auch bezahlte Anzeigen sind möglich, diese sind allerdings seit geraumer Zeit auch als solche gekennzeichnet.
Zum Wachstum fehlte Google zu Beginn allerdings das Geld. Investoren und Investorinnen waren erst bereit, im größeren Stil einzusteigen, als die beiden jungen Männer mit Eric Schmidt einen gestandenen Manager quasi als Aufpasser und zur Beruhigung der Geldgeber und Geldgeberinnen an Bord holten. 2004 folgte der Börsengang. Die Aktie wurde zu einem vollen Erfolg. Nach rund zehn Jahren zog sich Schmidt zurück und überließ wieder Page und Brin die offizielle Leitung des Unternehmens.
Rennen um Technologien der Zukunft
Haupteinnahmequelle ist seit der Gründung die Onlinewerbung. Dieses Geld will gut reinvestiert werden. Google begann sich weiter auszudifferenzieren und neue Unternehmungen zu entdecken. Unter der Konzernmutter Alphabet sind so unterschiedliche zukunftsträchtige Geschäftsfelder wie Mail- und Cloud-Dienste, künstliche Intelligenz und Sprachassistenten für selbstfahrende Autos, das Handybetriebssystem Android und der Gesundheitsbereich vereint. Dabei schläft auch die Konkurrenz nicht. Vor allem Amazon und Facebook fordern Google im Rennen um die Technologien der Zukunft heraus.
Sorgenfalten nicht nur bei Konkurrenz
Googles marktbeherrschende Stellung ruft Kritiker und Kritikerinnen sowie die Wettbewerbsbehörden regelmäßig auf den Plan. Über 90 Prozent aller Suchanfragen laufen über Google, Googles Browser Chrome hat längst etwa Microsofts Internet Explorer abgelöst und beherrscht rund 60 Prozent des Browsermarktes, wie die britische „Times“ schreibt.
Google ist Branchenprimus in Sachen Onlinewerbung. Von einem Umsatz von 32,6 Milliarden Dollar im letzten Quartal des Mutterkonzerns Alphabet stammen rund 28 Milliarden von Werbeerlösen von Google und der dazugehörenden Videoplattform YouTube. Diese marktbeherrschende Stellung bereitet nicht nur der Konkurrenz Sorgenfalten, de facto sei jedes Unternehmen von der kleinen Firma bis zu großen Konzernen von Google in Sachen Onlinewerbung so gut wie abhängig, so die „Times“.
Sicht auf Welt buchstäblich geändert
Auch in der Navigation geht ohne Google fast nichts mehr. Google Maps und Google Earth sind bei der Orientierung etwa im Urlaub, auf dem Land oder in einer fremden Stadt so gut wie nicht mehr wegzudenken. Auch hier gibt es Werbeschaltungen von Restaurants, Geschäften, Shoppingcentern, Handwerkern und Ähnlichem. Google hat damit auch die Sicht auf die Welt verändert. So übernahmen etwa Hollywood-Produktionen das Nahzoomen vom Weltall aus zu diversen Orten von Google als Abänderung des Zoomens von klassischen Karten.
Vier Milliarden aus der Portokassa
Das Unternehmen konnte seinen Umsatz seit zwei Jahren in jedem Quartal um mehr als 20 Prozent steigern. Auch eine EU-Rekordstrafe von über vier Milliarden Dollar konnte der Konzern locker wegstecken. Die EU-Wettbewerbshüter hatten dem kalifornischen Unternehmen vorgeworfen, seine Dominanz bei Software für Mobilgeräte auszunutzen, und eine Strafe von 4,3 Milliarden Euro verhängt.
Das Unternehmen habe Smartphone-Herstellern und Mobilfunknetzbetreibern seit 2011 unzulässige Vorschriften für die Verwendung von Android gemacht und verlangt, bestimmte Google-Apps vorzuinstallieren. Damit habe Google Android dazu verwendet, die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zu festigen, hatte die EU-Kommission argumentiert. Laut „Times“ verwenden fast 90 Prozent aller Smartphones Googles offenes Betriebssystem Android.
Schon im vergangenen Jahr hatte eine Strafe der EU-Kommission von 2,4 Milliarden Euro das Ergebnis von Google belastet. Ein dritter Fall wegen des Anzeigendienstes Adsense ist noch anhängig. Allerdings verfügt Google über Finanzreserven von 89 Milliarden Euro.
User zahlen mit persönlichen Daten
Google weiß nicht nur, was seine User und Userinnen wollen, sondern auch, was sie tun. Die kostenlose Verwendung von Google ist allerdings nur vermeintlich gratis. Sie kostet persönliche Daten. So werden alle Suchanfragen, sei es in der Suchmaschine mit allen ihren Untergruppen selbst, sei es auf YouTube, sowie die Standortdaten der Android-Smartphones mitgelesen – wie jüngst bekanntwurde selbst dann, wenn man glaubt, die Standortfunktion ausgeschaltet zu haben – alles für die Werbebranche interessante Daten.
Der Mensch wird damit zur Ware, wie die „Times“ schreibt. Das gilt allerdings nicht nur für Google, sondern für alle Unternehmen, die persönliche Daten der Nutzerinnen und Nutzer direkt oder indirekt verkaufen. Jährlich soll das allein Alphabet laut „Times“ rund 90 Mrd. Dollar bringen.
Die Zerstreuung der Aufmerksamkeit
Doch nicht nur wegen Datensammelns und seiner marktbeherrschenden Position steht Google in der Kritik. Neben Facebook ist es wahrscheinlich das Unternehmen, das die Gewohnheiten und Aktivitäten von Menschen in der jüngsten Zeit am stärksten verändert und die Informationswelt verstärkt geöffnet hat. „So ist es mittlerweile wahrscheinlicher, dass Menschen kurze Artikel im Netz oder Videos auf YouTube konsumieren, als ein Buch zu lesen oder einen Film zu schauen“, so Alan Woodward von der Universität Surrey in der „Times“. Kulturpessimistische Kritikerinnen und Kritiker sehen in dieser Zerstreuung der Aufmerksamkeit auch eine Verdummung am Werk – mit noch nicht erforschten Auswirkungen.
Lieber Menschen oder Google fragen?
Durch die starke Smartphone-Nutzung gehe auch die Gedächtnisleistung zurück, so ein Argument. Man müsse sich nichts mehr merken, sondern schaue einfach auf der Suchmaschine nach, eben auch unterwegs. Die menschliche Interaktion werde durch das Wegfallen von Fragen an andere Menschen etwa nach dem Weg geringer, so eine weitere These.
Auch das Nutzen der durch Google auffindbaren Informationen wird oft als oberflächlich kritisiert, eine eingeschränkte Sichtweise der Welt sei die Konsequenz. Es fehle das Hinterfragen und das genauere Graben nach den tieferen Informationsgehalt, so die Kritiker und Kritikerinnen.