Heinz-Christian Strache
APA/Herbert Pfarrhofer
„Sommergespräche“

Landbauer für Strache „voll rehabilitiert“

Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat am Montag zum insgesamt zwölften Mal Platz beim ORF-„Sommergespräch“ genommen – doch nun erstmals in Regierungsfunktion. Dort sprach er sich für eine Rückkehr von Udo Landbauer (FPÖ) in Niederösterreichs Landtag aus.

In der Funktion als Vizekanzler gehe es nicht um Eitelkeiten, so Strache, auch nicht darum, ob er Kanzler hätte werden wollen. „Als Vizekanzler hat man den Kanzler ja im Namen.“ Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und er „leben diese Verantwortung gemeinsam", beide stünden zusammen in erster Reihe“, so Strache. „Wir alle werden älter, reifer und da und dort gelassener.“ Die Funktionen seien ohnehin immer nur geliehen.

„Kein Hintertürl“ beim Streitthema Lehre

Schnell kam das Gespräch am Montag zum bestimmenden Thema: der Migration. „Gerade wenn man Herz hat und auch konsequent politische Fehlentscheidungen erleben musste“, sei es notwendig, diese abzustellen. Die Regierung habe daher eine eigene Grenzschutzeinheit eingerichtet, es gebe ein neues Fremdenrecht und neue Planstellen bei der Exekutive. Man müsse trennen zwischen jenen, die Schutz brauchten, und jenen, die aus anderen Gründen nach Österreich kämen.

Strache über seine Funktionen

Vizekanzler und Minister: Strache fühlt sich mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gemeinsam in der ersten Reihe stehend.

Das gelte auch für die Lehre für Asylwerbende, über die derzeit öffentlich debattiert wird. „Zurzeit gibt es 60.000 junge Menschen unter 25, die in der Mindestsicherung sind“, sagte der FPÖ-Chef. Diese suchten entweder eine Lehrstelle oder einen Job. „Hier haben wir eine Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass diese 60.000 Menschen unter 25 Jahren in Österreich eine Lehrausbildung und einen Job erhalten. Es kann ja nicht sein, dass jemand, der zu uns kommt und einen Asylantrag stellt und sich im Prüfungsverfahren befindet, und gar nicht feststeht ob das positiv oder negativ ausgeht, dass er, wenn er kein Bleiberecht hat, eine Lehre beginnen soll“, sagte Strache.

Nur noch Menschen, die ein Bleiberecht haben oder anerkannte Flüchtlinge sind, sollten eine Lehrstelle haben, so Strache. Asylwerbende, die sich derzeit in der Lehre befinden, sollten diese aber abschließen können. Wenn in der Zwischenzeit ein negativer Asylbescheid komme, „werden wir rechtlich prüfen, ob es die Möglichkeit gibt“, die Lehre weiterzuführen, so Strache. Gebe es keine rechtliche Möglichkeit, müsse die betroffene Person aber das Land verlassen – ohne Ausnahme. Bei einer rechtskräftigen Asylablehnung dürfe es „kein Hintertürl“ geben, sagte Strache. Künftig werde man aber ohnehin dafür sorgen, „dass nach sechs Monaten jeder Antrag rechtskräftig abgearbeitet ist, dann kommt es gar nicht mehr zu solchen Situationen“.

Gegenangriff auf die SPÖ

Nicht nur für die Abschaffung der Lehre für Asylwerbende hatte die Regierung zuletzt viel Kritik eingesteckt. Auch auf die Arbeitszeitflexibilisierung hatten besonders FPÖ-Anhängerinnen und -Anhänger in Sozialen Netzwerken empört reagiert.

Bürgerstimmen zu Heinz-Christian Strache

Die eingefangenen Meinungen über Strache waren geteilt.

Für Strache sind das „Spielchen“, „journalistisch oder vom politischen Mitbewerber“ betrieben. Am gesetzlichen Achtstundentag und der 40-Stunden-Woche ändere sich nichts, sagte er. Nun habe man aber freiwillig die Möglichkeit, flexibler zu arbeiten und Freizeitblöcke oder Abgeltung zu wählen. Und Strache konterte am Montag mit einem Angriff auf die „unehrliche“ SPÖ: Ihm lägen Gehaltszettel eines Mitarbeiters einer Wiener Magistratsabteilung vor, der 15 Stunden am Tag habe arbeiten müssen und nicht habe wählen dürfen zwischen Bezahlung oder Zeitausgleich. „Das stellen wir ab mit diesem Gesetz.“ Der Bedienstete werde sich zudem demnächst auch öffentlich äußern und seinen Namen nennen, kündigte Strache an.

Mindestsicherung neu für Herbst geplant

Kritik an der FPÖ hatte es auch in puncto Mindestsicherung, in die die Regierung die Notstandshilfe integrieren will, gegeben. Für Strache allerdings gegenstandslos: Man kürze nicht die Mindestsicherung, „im Gegenteil, wir werden dafür Sorge tragen, dass die Mindestsicherung nicht gekürzt wird“, gerade Alleinerzieherinnen würden mehr bekommen. Die neuen Regeln dazu würden im Herbst in den Ministerrat eingebracht und beschlossen werden.

Auch für die geplante Steuerreform gibt es laut Strache einen Zeitplan: Diese solle 2019 beschlossen werden und ab 2020 eine „deutliche Entlastung“ bringen, besonders für Pensionistinnen und Pensionisten sowie bei den Lohnnebenkosten. Das geplante Volumen, das dafür im Budget definiert sei, betrage 3,5 Milliarden Euro.

BVT-Kooperationen „hoch korrekt und aufrecht“

Auch in der Causa BVT sah Strache keinen Anlass zur Kritik. Die unabhängige Justiz gehe Vorwürfen nach, das falle nicht in die Verantwortung des Innenministeriums. Mit anderen Ländern und Regierungen sei die Zusammenarbeit auch in den Agenden des BVT „hoch korrekt und aufrecht“, sagte der Vizekanzler. FPÖ-Innenminister Herbert Kickl habe sich nicht falsch verhalten, die Razzia im BVT sei aufgrund einer Anweisung der Staatsanwaltschaft erfolgt. Zudem seien, anders als dargestellt, „Personen in Zivilkleidung mit eingesteckter Waffe, und nicht gezogen“ bei der Hausdurchsuchung des BVT zugegen gewesen.

Heinz-Christian Strache bei den Sommergesprächen 2018
ORF/Hans Leitner
Strache im Gespräch mit Hans Bürger und Nadja Bernhard in der Wachau

„Ich sage ganz offen, wir haben den besten Innenminister der Zweiten Republik“, so Strache. Seitdem Kickl im Amt sei, werde „endlich“ etwas für die Sicherheit unternommen, sagte Strache, der erneut die Grenzschutzeinheit und neue Planstellen ins Treffen führte.

Kneissl und die „Tanzdiplomatie“

Die per FPÖ-Ticket in die Regierung gelangte Außenministerin Karin Kneissl verteidigte der Vizekanzler ebenfalls gegen Kritik. Kneissl hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit in die Steiermark eingeladen und mit ihm bei dieser Gelegenheit getanzt. „Das ist gelebte Hochzeits- und Tanzdiplomatie“, sagte Strache. Putins Besuch sei ein Ausdruck der Wertschätzung gewesen. Es sei „schäbig“, Kneissls Knicks nach dem Tanz als Geste der Unterwürfigkeit zu deuten. „Das ist ein gutes Benehmen“, zumal auch Putin sich verbeugt habe. Man habe „fast den Eindruck, dass mancher neidig ist, dass wir wieder Bedeutung auf weltdiplomatischer Bühne haben“, meinte Strache.

Vorwürfe gegen Landbauer „falsch“

Strache ergriff zudem das Wort für den niederösterreichischen FPÖ-Politiker Landbauer. Dieser war Spitzenkandidat bei der Landtagswahl, trat jedoch vier Tage nach dem Urnengang wegen der NS-Liederbuchaffäre zurück. Vergangene Woche wurden die Ermittlungen gegen Landbauer eingestellt. Landbauer sei im letzten Landtagswahlkampf in Niederösterreich „mit unglaublichen Dingen“ konfrontiert worden.

Heinz-Christian Strache bei den Sommergesprächen 2018
ORF/Hans Leitner
Strache verteidigte Kickl und Landbauer vehement

„Sie müssen eines wissen, Udo Landbauer war elf Jahre jung, als dieses zutiefst abzulehnende Liederbuch irgendwo gedruckt worden ist, er kannte es nicht einmal“, so Strache. „Nach der Wahl hat er von sich aus, persönlich, die Entscheidung getroffen, er zieht sich bis zur endgültigen Klärung der falschen Vorwürfe zurück.“ Das sei nun erfolgt. Landbauer „ist voll rehabilitiert“, sagte Strache, „er wird daher selbstverständlich seiner Verantwortung gegenüber dem Wähler nachkommen und auch wieder in den Landtag gehen“.

Auf eine Stimme dürfte die FPÖ in Niederösterreich aber nicht zählen können: jene von Austropopmusiker Wolfgang Ambros. Dieser hatte der FPÖ jüngst „braune Haufen“ attestiert. Kritik müsse erlaubt sein, auch an der FPÖ, sagte Strache. Aber auch Künstler sollten sich nicht im Ton vergreifen. Zudem plädierte Strache für mehr Gelassenheit. Auch er sei „ein großer Wolfgang-Ambros-Fan“, er kenne viele Texte auswendig.

„Noch viel von dieser alten FPÖ drinnen“

In der an das „Sommergespräch“ anschließenden ZIB2 analysierten erneut die Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle und der Politikberater Thomas Hofer das Gesagte. Für Hofer hat die FPÖ in den langen Jahren fern von der Regierungsbank „ein Oppositionsgen“ entwickelt,damals sei sie „auf Krawall gebürstet“ gewesen. Nun der Regierungsrolle zu entsprechen sei schwierig für Strache. Es sei aber „noch viel von dieser alten FPÖ drinnen“.

ORF-Sommergespräch: Die Analyse

Wie hat Strache im ORF-„Sommergespräch“ abgeschnitten? Dazu im Studio: Politologin Kathrin Steiner-Hämmerle und Politikberater Thomas Hofer.

Auch für Stainer-Hämmerle sind Straches Töne leiser geworden, wenn auch die „klassische Oppositionsrhetorik“ nicht verschwunden sei. Der neue „Hauptfeind“ der FPÖ seien nun die Sozialdemokraten, diese seien heftig attackiert worden. Die nun wohl wichtigste Zielgruppe für die Freiheitlichen seien Pensionistinnen und Pensionisten: Hier sei noch viel an Wählerpotenzial von der SPÖ zu holen – wolle die FPÖ auf den zweiten Platz kommen, wäre das von großer Bedeutung so Stainer-Hämmerle.