Seit Dienstagvormittag läuft der von der Opposition beantragte Ausschuss über die Vorgänge bei der Hausdurchsuchung Ende Februar im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Und gleich der erste Zeuge, der Wachebeamte, gab interessante Einblicke, was am Vormittag des 28. Februar passierte.
Den Aussagen des Beamten zufolge, dessen Name nicht medienöffentlich wird, kamen plötzlich 35 Beamte der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) zum Eingang. Dabei sei ihm zunächst nicht gesagt worden, dass es um eine Hausdurchsuchung geht. Vielmehr habe EGS-Leiter Wolfgang Preiszler gesagt, man habe einen Termin im BVT. Erst als er die Beamten nicht gleich einließ, sondern zuerst intern nachfragen wollte, habe Preiszler gesagt, das sei eine Hausdurchsuchung.
Kein schriftlicher Durchsuchungsbefehl
Der befragte Mitarbeiter der Sicherheitszentrale im BVT, der auch einen Aktenvermerk über die Hausdurchsuchung angelegt hat, betonte, er sei von Preiszler mit der Suspendierung bedroht worden, sollte er nicht kooperieren und den Auftritt der EGS intern kommunizieren. Preiszler habe zudem EGS-Beamte angewiesen, Gewalt anzuwenden, sollte er das versuchen. Die Auskunftsperson gab zu Protokoll, dass er sich in „gewisser Weise“ genötigt gefühlt habe und aufgrund der EGS-Einheit orientierungslos gewesen sei.
Auf entsprechende Fragen der Ausschussmitglieder gab der Beamte zudem an, sein Eindruck sei gewesen, dass Preiszler die Hausdurchsuchung leitete, nicht die ebenfalls anwesende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer. Der Chef der EGS-Einheit sei der „Aktive“ gewesen, so die Auskunftsperson, zumindest zu der Zeit, als die EGS-Beamten in der Sicherheitszentrale waren.
Auf seine Frage hin, ob es einen schriftlichen Durchsuchungsbefehl gebe, habe sie ihm geantwortet worden, nein, nur mündlich. Laut eigenen Angaben wies er darauf hin, dass es dafür bestimmter Dokumente bedürfe. Zudem habe er sowohl Preiszler als auch Schmudermayer angeboten, sie bei der Razzia zu begleiten. Das sei aber abgelehnt worden.
EGS tauchte in Zivil auf
Da die Eingangstür entsichert worden sei, damit die vielen Beamten durchgehen konnten, sei das BVT etwa eine halbe Stunde lang ungesichert gewesen. Die EGS-Beamten kamen laut dem Zeugen zudem in Zivil – und zogen sich erst im BVT-Gebäude Polizeijacken über. Die 35 Polizisten wurden – wie es üblicherweise ist – nicht mehr überprüft, sagte der BVT-Wachbeamte. Als Begründung führte er die Razzia im BVT an.
Beobachtungen im BVT-Ausschuss
Andreas Mayer-Bohusch mit einem vorläufigen Resümee des ersten Befragungstages.
In der Sicherheitszentrale seien für gewöhnlich zwei Beamte tätig. Ausgestattet sind sie laut Auskunftsperson mit einer Pistole und einem Sturmgewehr. Der Vorfall am 28. Februar habe gezeigt, dass es „Verbesserungsbedarf“ gibt, so der Zeuge vor dem Ausschuss. Es müsse künftig schneller die Rechtsabteilung informiert werden, und jemand müsse bei Hausdurchsuchungen dabei sein.
Alle beteuern zu Auftakt Aufklärungswillen
Mit einem gemeinsamen Auftritt der vorsitzführenden Präsidentin Doris Bures (SPÖ) und der fünf Fraktionsvorsitzenden war der erste Befragungstag im BVT-Untersuchungsausschuss zuvor gestartet. Die Vertreter aller Parteien beteuerten dabei ihren Aufklärungswillen, Bures versprach ein Bemühen um solide und seriöse Ausschussarbeit.
Laut OLG unzulässig
Die Durchsuchungen im BVT und an Privatadressen von Mitarbeitern wurden mittlerweile vom OLG Wien für unzulässig erklärt.
Wie die Zweite Nationalratspräsidentin betonte, handle es sich beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung um eine der wichtigsten Sicherheitseinrichtungen des Landes. Daher habe die Öffentlichkeit das Recht darauf, dass offene Fragen einer Klärung zugeführt werden.
Zur Erinnerung: Im Ausschuss sind 18 Abgeordnete vertreten, sechs der ÖVP, je fünf von SPÖ und FPÖ, sowie je einer von NEOS und Liste Pilz. Geleitet wird das Gremium von Bures, da Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wegen seiner früheren Tätigkeit als Ressortchef im Innenministerium verzichtet hat. Verfahrensrichter ist Eduard Strauss, Verfahrensanwalt Arthur Mikesi.
Berlin: Kooperieren weiter mit BVT
Die deutsche Regierung sieht unterdessen die Zusammenarbeit mit dem BVT nicht gefährdet. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervor, über die das Nachrichtenportal Netzpolitik.de am Dienstag berichtete.
Hintergrund der Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Die Linke) ist, dass bei der mittlerweile als illegal eingestuften Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) am 28. Februar auch Daten des deutschen Verfassungsschutzes beschlagnahmt worden waren.
Hunko hat nun nachgefragt, welche Konsequenzen aus der Causa gezogen wurden. Die Antwort des Innenministeriums in Berlin: Auf Grundlage der aktuell vorliegenden Informationen sei kein Schaden für das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) entstanden. „Das BfV betrachtet den Vorgang als erledigt und arbeitet daher weiterhin mit dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zusammen.“
Der ehemalige Chef des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, hatte dagegen im August zur Vorsicht bei der Zusammenarbeit mit den österreichischen Kollegen gemahnt: „Bei einem Dienst, der seine sensiblen Geheimnisse, Informationen und Quellen von Partnerdiensten nicht schützen kann, ist Vorsicht geboten.“