Labour berät nach Antisemitismusstreit über Kurskorrektur

Die Führungsspitze der oppositionellen Labour-Partei in Großbritannien berät nach der heftigen parteiinternen Antisemitismusdebatte über eine Kurskorrektur. Im Zentrum der Beratungen, zu denen das Exekutivkomitee unter Führung von Parteichef Jeremy Corbyn gestern zusammenkam, steht die Frage einer genauen Definition von Antisemitismus.

Definition soll in Statuten festgeschrieben werden

Diese Definition soll im Verhaltenskodex für die Mitglieder festgeschrieben werden. Bisher weigerte sich die Partei, die gängige Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance zu übernehmen. Das ist ein Zusammenschluss von 31 Staaten, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus und Holocaustleugnung verschrieben haben. Sie kooperiert unter anderem mit der UNO. Österreich ist seit 2001 aktives Mitglied.

Die Parteiführung hat diese Definition bisher nicht komplett in ihren eigenen Statuten festgeschrieben, weil sie diese für zu weitreichend hält. Es gibt die Befürchtung, dass damit auch reine Kritik an der Politik Israels als antisemitisch eingestuft werden könnte. Die Parteiführung berät nun darüber, die internationale Definition doch noch in Gänze zu übernehmen.

Antisemitismusvorwürfe gegen Parteichef

An der Definitionsfrage hatte sich ein heftiger parteiinterner Streit entzündet. Befeuert wurde er auch dadurch, dass sich Parteichef Corbyn wegen früherer Äußerungen, Taten und Kontakte immer wieder dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt sah. Corbyn zählt zum Linksaußenflügel der Partei, er gilt als propalästinensisch.

Im März hatten führende Vertreter der jüdischen Gemeinden in einem Brief an Labour offenen Antisemitismus beklagt. Besonders Corbyn ergreife „immer wieder“ Partei für antisemitische Positionen, hieß es. Der Parteichef sei „ideologisch so sehr auf seine weit links stehende Weltsicht fixiert, dass er den jüdischen Gemeinschaften der Mitte instinktiv feindselig gegenübersteht“.

Corbyn gibt Problem zu

Daraufhin hatte Corbyn im August zugegeben, dass es ein „echtes Problem“ mit Antisemitismus in seiner Partei gebe. Labour arbeite daran, sagte er zu. Corbyn wies einen Teil der jüngst gegen seine Partei erhobenen Vorwürfe aber auch als „überhitzte Rhetorik“ zurück. So könne er die Aussage nicht akzeptieren, Labour sei eine „Bedrohung“ für Juden.