Das Weiße Haus in Washington
Getty Images/Frederick Bass
„New York Times“

„Widerstand“ in Trump-Regierung

Die Kritik an US-Präsident Donald Trump ebbt nicht ab. Nur einen Tag nach dem Enthüllungsbuch des Journalisten Bob Woodward sorgte am Mittwoch (Ortszeit) ein anonymer Gastbeitrag in der „New York Times“ für Wirbel.

„Ich bin Teil des Widerstands innerhalb der Trump-Regierung“, schrieb der Autor oder die Autorin. Die Identität des oder der Schreibenden ist der Zeitung bekannt. Es war ein außergewöhnlicher Schritt der „New York Times“ („NYT“), einen anonymen Gastbeitrag zu veröffentlichen. Die Anonymität werde gewahrt, weil sonst die Stelle des hochrangigen Regierungsmitglieds in Gefahr sei, so die Zeitung: „Wir glauben, dass die anonyme Veröffentlichung dieses Essays die einzige Möglichkeit ist, unseren Lesern eine wichtige Sichtweise zu übermitteln.“

Dem Beitrag zufolge arbeiten ranghohe Mitglieder der Trump-Regierung aktiv daran, die Politik des Präsidenten zu untergraben. „Das Dilemma – welches er (Trump, Anm.) nicht ganz begreift – ist, dass viele ranghohe Beamte seiner eigenen Regierung unablässig daran arbeiten, Teile seiner Politik und seiner schlimmsten Einfälle zu vereiteln“, schrieb der Autor oder die Autorin. „Ich sollte das wissen, ich bin einer/eine von ihnen.“

„Wir versuchen, das Richtige zu tun“

Er/Sie stehe weiterhin auf der Seite der Republikaner, aber die erste Verpflichtung gelte den USA, und der Präsident handle in einer Weise, „die der Gesundheit unserer Republik schadet“. Dem Bericht zufolge diskutierten einige US-Beamte bereits kurz nach Trumps Amtsantritt die Anwendung des 25. Verfassungszusatzes, wonach ein US-Präsident abgesetzt werden kann, der als für die Ausübung des Amtes ungeeignet befunden wird.

„Aber niemand wollte eine Verfassungskrise herbeiführen, also werden wir tun, was wir können, um die Regierung in die richtige Richtung zu steuern, bis es – auf die eine oder andere Weise – vorbei ist“, so der Beitrag. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bemühten sich, sich von Trumps „ungestümem, feindlichem, kleinlichem und ineffektivem“ Führungsstil abzugrenzen. Die Wurzel des Problems sei „die Amoralität des Präsidenten“.

„Sind Erwachsene im Raum“

Auch Woodward schreibt in seinem am Dienstag erscheinenden Buch „Fear“, dass ein Großteil der Trump-Mitarbeiter und -Mitarbeiterinnen damit beschäftigt sei, den Präsidenten abzuhalten, das Welthandelssystem zu zerstören, die nationale Sicherheit zu untergraben und Kriege anzuzetteln. Der „NYT“-Beitrag deutet an, dass dieser Widerstand offenbar noch deutlich stärker ist als von Woodward beschrieben.

Es sei ein schwacher Trost, „aber die Amerikaner sollten wissen, dass Erwachsene im Raum sind. Wir erkennen in vollem Umfang, was passiert. Und wir versuchen, das Richtige zu tun, selbst wenn Donald Trump es nicht tut“, heißt es in dem „NYT“-Beitrag. Daraus resultiere eine zweigleisige Präsidentschaft, bei der die Verwaltung anders als Trump handle. Die beiden neuen Texte dürften jedenfalls bei den Demokraten die Debatte anheizen, ob sie nach einem etwaigen Sieg bei den Kongresswahlen im November ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstrengen sollen.

Trump spricht von „Verrat“

Der US-Präsident reagierte mit Gegenvorwürfen auf die Kritik. Woodward warf er die gezielte Verbreitung von Unwahrheiten vor. Auf den „NYT“-Beitrag reagierte er auf Twitter mit dem in Großbuchstaben geschriebenen Wort „Verrat?“ Und er forderte die Zeitung auf, aus „nationalen Sicherheitsgründen“ die Identität des Autors oder der Autorin, „der feigen anonymen Person“, wenn sie tatsächlich existiere, der Regierung zu übergeben.

Zudem soll Trump persönliche Berater dazu aufgefordert haben, den Enthüller oder die Enthüllerin zu identifizieren, berichten zwei Insider gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Trumps Sprecherin Sarah Huckabee Sanders nannte den Beitrag hingegen „erbärmlich, unverantwortlich und selbstsüchtig“ und forderte die „NYT“ auf, sich zu entschuldigen. Der Autor hintergehe den gewählten Präsidenten, statt ihn zu unterstützen, kritisierte Sanders. „Dieser Feigling sollte das Richtige tun und zurücktreten.“

Pence und Pompeo distanzieren sich

US-Außenminister Mike Pompeo und Vizepräsident Mike Pence haben bestritten, hinter dem anonymen Gastbeitrag über Präsident Trump in der „New York Times“ zu stecken. Pence habe den Artikel nicht verfasst, erklärte sein Sprecher Jarrod Agen am Donnerstag auf Twitter. Der Vizepräsident schreibe grundsätzlich seinen Namen unter seine Kommentare.

„Die ‚New York Times‘ sollte sich schämen, genau wie die Person, die diesen falschen, unlogischen und feigen Gastbeitrag geschrieben hat“, erklärte Agen. Einige Beobachter vermuten Pence hinter dem brisanten Meinungsstück, da darin das Wort „lodestar“ (Leitstern) auftaucht, das der Vizepräsident offenbar regelmäßig in seinen Reden verwendet.

Auch Außenminister Pompeo dementierte, für die Enthüllungen verantwortlich zu sein. Er nannte die Veröffentlichung „traurig“. Falls es sich bei dem Verfasser tatsächlich um einen Mitarbeiter im Weißen Haus handle, sei dieser ein „schlechter Schauspieler“, der unzufrieden und illoyal sei.