Wieder Demonstrationen in Chemnitz

Knapp zwei Wochen nach dem Beginn aggressiver Proteste haben sich in Chemnitz gestern erneut Hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten versammelt. Zu einem Aufzug der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz kamen gestern Abend nach Angaben der Polizei rund 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Teilnehmerzahl auf der Gegendemonstration des Bündnisses Chemnitz nazifrei bezifferte eine Polizeisprecherin auf etwa 500. Die Lage blieb zunächst friedlich. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz.

Demonstranten in Chemnitz
APA/AFP/John McDougall

Die Polizei trennte am Freitagabend die beiden Versammlungen mit Gittern ab. Zur Unterstützung der sächsischen Polizei waren Beamte aus sechs Bundesländern sowie die Bundespolizei im Einsatz. Ein Polizeihubschrauber kreiste über der Stadt.

Hunderte skandierende Teilnehmer

Die Teilnehmer der Pro-Chemnitz-Demo skandierten immer wieder „Wir sind das Volk“ und „Das ist unsere Stadt“. Mit diesen Rufen waren die Menschen auch schon auf die Straße gegangen, nachdem am Rande des Stadtfestes vor zwei Wochen ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden war. Als tatverdächtig gelten drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Zu den ersten Demos hatten unter anderem Hooligan-Gruppen mobilisiert, die mit ihrer Aggressivität laut sächsischem Verfassungsschutz den Ton angegeben hatten.

Demonstranten in Chemnitz
APA/AFP/John McDougall

Ein Sprecher auf der Demonstration des Bündnisses Chemnitz nazifrei sagte, es gehe jetzt darum zu zeigen, dass Antifaschismus und Antirassismus nicht nur ein Event seien. Am Montag waren zum „#wirsindmehr“-Konzert gegen rechtsextreme Gewalt nach Angaben der Stadt 65.000 Menschen gekommen. Auf dem Gratiskonzert hatten unter anderem Kraftklub, Die Toten Hosen und Marteria gespielt.

Konzert von Beethovens 9. Sinfonie

Parallel zu den Demonstrationen setzten die Kulturbetriebe der Stadt mit einem Open-Air-Konzert von Beethovens 9. Sinfonie ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, Hetze und Gewalt. Augenscheinlich waren auf dem Theaterplatz mehr Menschen als auf beiden Demos zusammen. Auch ein heftiger Wolkenbruch hielt die Besucher nicht vom Bleiben ab.

Zeitung: Attacke auf jüdisches Restaurant

Am Rande der teils fremdenfeindlichen Proteste soll sich nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ auch eine schwere antisemitische Attacke ereignet haben. Am Abend des 27. August sei das koschere Restaurant „Schalom“ von etwa einem Dutzend schwarz gekleideter Vermummter angegriffen worden. Sie hätten „Hau ab aus Deutschland, du Judensau“ gerufen und das Lokal mit Steinen, Flaschen und einem abgesägten Stahlrohr beworfen. Der Eigentümer sei an der Schulter getroffen und verletzt worden, eine Fensterscheibe zu Bruch gegangen und die Fassade beschädigt worden.