Asyl-Erstaufnahmestelle Ost Traiskirchen
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Schutz von Geflüchteten

UNO-Prüfteams sollen nach Österreich

Seit 1. September ist die Ex-Präsidentin Chiles, Michelle Bachelet, neue UNO-Kommissarin für Menschenrechte. In ihrer Antrittsrede war am Montag auch Österreich ein Thema: Bachelet will UNO-Teams ins Land entsenden, um den Schutz von Geflüchteten überprüfen zu lassen.

In Österreich sollen „jüngste Entwicklungen auf diesem Gebiet“ bewertet werden, heißt es im Redetext. Ausführlicher kommentierte Bachelet im UNO-Menschenrechtsrat (UNHRC) in Genf die Lage in Italien: Das Land habe Schiffen mit Flüchtlingen das Anlegen verweigert, so Bachelet. Außerdem gebe es Berichte, wonach Gewalt und Rassismus gegenüber Einwanderinnen und Einwanderern aus Afrika sowie Minderheiten wie Roma in Italien stark zugenommen hätten.

Der Menschenrechtsrat kann, wie bereits die Menschenrechtskommission, mit absoluter Mehrheit die Entsendung von Beobachtern zur Überwachung der Menschenrechtslage in einem UNO-Staat beschließen. In ihrer Rolle als UNO-Kommissarin beschäftigt sich Bachelet mit der weltweiten Situation der Menschenrechte und setzt sich für deren Einhaltung ein.

Kurz „begrüßt angeordnete Überprüfung“

Das Büro von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte per Aussendung, die „angeordnete Überprüfung“ der „ehemaligen sozialistischen Politikerin zu begrüßen“. „Schnell“ werde man sich aber bewusst werden, dass Österreich pro Kopf nach Schweden die zweitmeisten Menschen aufgenommen habe. Verwiesen wurde in der Aussendung auf den „ausgeprägten Sozialstaat“ und die „Lebensbedingungen für Migranten“, die so gut seien wie „kaum in einem anderen Land“.

Auch sei die Überprüfung eine Chance, „Vorurteile und gezielte Falschinformationen über Österreich richtigzustellen“. Man hoffe, „dass nach dieser Prüfung die UNO wieder Zeit und Ressourcen hat, um sich jenen Ländern zu widmen, wo Folter und Todesstrafe auf der Tagesordnung stehen und Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Religionsfreiheit mit Füßen getreten werden“, so der Kanzler.

„Allfällige Missverständnisse ausräumen“

Das Außenministerium reagierte ähnlich: Österreich habe „in vorbildlicher Weise Flüchtlinge aufgenommen“. „Wenn es in diesem Zusammenhang sachliche Kritik geben sollte, wird sich Österreich damit auseinandersetzen“, hieß es in einer Stellungnahme. Man werde das Gespräch mit Bachelet suchen, um „allfällige Missverständnisse auszuräumen“.

Das Außenministerium wies auch darauf hin, dass die Äußerungen Bachelets zu Österreich „so nicht“ gefallen seien. Sie stünden lediglich in dem im Voraus veröffentlichten Redetext. Nach dpa-Informationen war die tatsächlich gehaltene Rede eine Zusammenfassung des Textes. Österreich sei bei der Rede zwar erwähnt worden, die Ankündigung, ein Team zu entsenden, befinde sich allerdings nur im online abrufbaren Redetext.

„Ausländerfeindliche Hassreden in Deutschland“

In ihrer Rede zeigte sich Bachelet ebenso besorgt über „ausländerfeindliche Hassreden in Deutschland“. Neben den drei EU-Ländern Österreich, Deutschland und Italien hob Bachelet auch China kritisch hervor: Die UNO-Kommissarin forderte die Führung in Peking auf, wegen des Umgangs mit der Minderheit der Uiguren Beobachter ins Land zu lassen. Berichte über Umerziehungslager in der Provinz Xinjiang seien „zutiefst verstörend“.

UNO-Kommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet
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Bachelet bei ihrer Rede in Genf

Auch die Lage in den USA war Thema in Bachelets Rede: 500 Einwandererkinder seien von ihren Eltern nach wie vor getrennt. Sie kritisierte die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump von vergangener Woche, wonach die US-Regierung illegal ins Land gekommene Migrantenfamilien künftig länger als bisher erlaubt festhalten will – bis zum Ende des Verfahrens. Bis jetzt dürfen Kinder nicht länger als 20 Tage inhaftiert werden.

Bei Migrationspolitik „nicht an Panik orientieren“

Angesichts der Problemfälle in den genannten Ländern forderte Bachelet weltweit ein Umdenken in der Migrationspolitik. „Es ist im Interesse aller Staaten, eine Migrationspolitik zu verfolgen, die sich an der Realität orientiert – und nicht an Panik“, sagte sie. Eine solche Migrationspolitik müsse Möglichkeiten für eine sichere und reguläre Überfahrt beinhalten, statt Menschen auf eine Flucht voller tödlicher Risiken zu schicken.

Mauern aufzustellen, Angst und Schrecken zu erzeugen und Flüchtlingen ihre fundamentalen Rechte zu versagen seien keine langfristigen Lösungen. „Das erzeugt nur mehr Feindseligkeit, Not, Leiden und Chaos.“ Bachelet rief zudem zu einer engeren Zusammenarbeit unter den Staaten auf – auch wenn manche untereinander mit politischen Differenzen zu kämpfen hätten. Schließlich sei das Aufrechterhalten der Menschenrechte im Interesse aller Staaten.

Bachelet wurde Anfang August zur neuen Hohen Kommissarin für Menschenrechte gewählt. Sie ist Nachfolgerin des Jordaniers Said Raad al-Hussein, der den Posten am 31. August abgegeben hatte. Bachelet musste selbst als junge Frau wegen der Diktatur von Augusto Pinochet aus ihrer Heimat flüchten und wurde in der DDR aufgenommen.