Frau mit einem Hilfsgüter-Sack
AP/Charles Atiki Lomodong
UNO schlägt Alarm

Mit Klimakrise steigt Zahl der Hungernden

Erklärtes Ziel ist es, den Hunger weltweit bis 2030 zu besiegen – die Hürden werden aber allein durch die Folgen der Klimakrise immer höher. Das geht aus einem am Dienstag in Rom vorgestellten UNO-Bericht hervor, demzufolge die Zahl der hungerleidenden Menschen wieder auf das Niveau vor rund einem Jahrzehnt angestiegen ist.

Den UNO-Zahlen zufolge hatten im Vorjahr 821 Millionen Menschen und damit etwa jeder neunte Erdbewohner zu wenig zum Essen. Im Jahr davor waren es 804 Millionen Menschen. Wie aus dem UNO-Bericht weiter hervorgeht, haben 2017 zudem 151 Millionen und damit rund 22 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren ernährungsbedingte Wachstumsverzögerungen. Explizit wird in dem UNO-Bericht darauf verwiesen, dass neben Konflikten und Wirtschaftskrisen auch das sich verändernde Klima eine Schlüsselrolle beim Anstieg der weltweiten Hungerproblematik beitrage.

Die Zahl und der Anteil unterernährter Menschen seien dem Bericht zufolge in jenen Ländern deutlich höher, die extremes Klima erlebten – etwa mehr Dürreperioden oder unregelmäßige Regenzeiten. Aber auch militärische Konflikte wie im Jemen und in Syrien seien für den Anstieg der Hungernden verantwortlich. So seien im Jemen 35 Prozent der Bevölkerung unterernährt, hieß es in dem Bericht.

Rückschlag für „Zero Hunger Challenge“

Vor dem mittlerweile dritten Jahr, in dem die Zahl der Hungerleidenden wieder ansteigt, wurden für mehrere Jahre sinkende Zahlen verzeichnet. Der von der Landwirtschaftsorganisation (FAO) zusammen mit dem UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF), der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Welternährungsprogramm (WFP) und dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) erarbeitete neue Bericht verdeutlicht nun einen weiteren Rückschlag für die 2012 vom damaligen UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon ins Leben gerufene „Zero Hunger Challenge“.

Grafik zu Unterernährung weltweit
Grafik: ORF.at; Quelle: FAO

Erklärtes Ziel war und ist nach wie vor, das gesellschaftliche Engagement für Hungerbekämpfung und den Ausbau eines nachhaltigen Ernährungssystems zu mobilisieren und zu beschleunigen – und den Hunger in der Welt bis 2030 zu besiegen. Ganz im Gegensatz zu den gesteckten Zielen nehme der Hunger „wieder zu“ und „stieg in den letzten drei Jahren an und erreicht wieder Werte wie vor einem Jahrzehnt“, hieß es dazu im neuen UNO-Welternährungsbericht.

Lage in Südamerika und Afrika verschlechtert

Die Lage verschlimmere sich unter anderem in Südamerika – vor allem in Venezuela – und in den meisten Regionen Afrikas. Südlich der Sahara war 2017 jeder vierte Mensch von chronischem Hunger betroffen. Kritik äußern die am Bericht beteiligten UNO-Organisationen dabei auch daran, dass viele Länder zwar humanitäre Hilfe verstärken. Es werde aber nach wie vor zu wenig unternommen, um die tieferen Ursachen zu beheben.

Was den Klimawandel betrifft, wird in dem UNO-Bericht schließlich auf die gehäufte Zahl von Hitzeperioden und „Temperaturanomalien“ der vergangenen Jahre verwiesen. Als direkte Folge werden zudem früher bzw. später beginnende Regenzeiten und eine ungleiche Verteilung von Niederschlägen als weitere Folgen ausgemacht. Die Auswirkungen bekämen vor allem jene Bevölkerungsgruppen zu spüren, die von landwirtschaftlichen Systemen abhängig seien, „die sehr empfindlich auf Niederschläge und Temperaturschwankungen reagieren“.

„Klimaveränderungen spielen heutzutage so eine gewaltige Rolle, dass wir zurückfallen, dass wir die positiven Entwicklungen, die wir bisher gesehen haben, zurückdrehen“, sagte dazu FAO-Direktor Jose Graziano da Silva. „Der Kampf gegen den Hunger wird mit den Klimaveränderungen definitiv komplexer und schwieriger“, warnte zudem der Leiter der Klima- und Katastrophenpräventionsabteilung beim WFP, Gernot Laganda.

Guterres warnt vor „desaströsen Konsequenzen“

Ein Appell für ein entschlosseneres Handeln im Kampf gegen den Klimawandel kam erst am Montag auch von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. „Wenn wir das Ruder bis 2020 nicht herumreißen, riskieren wir es, den Zeitpunkt zu verpassen, zu dem wir einen außer Kontrolle geratenen Klimawandel verhindern können“, sagte Guterres in einer Rede im UNO-Hauptquartier in New York.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres
Reuters/United Photos/Toussaint Kluiters
UNO-Chef Guterres fordert ein entschlosseneres Handeln im Kampf gegen die Klimakrise

Der UNO-Chef warnte vor „desaströsen Konsequenzen für die Menschen und alle natürlichen Systeme, die uns tragen“. Der Klimawandel sei Guterres Worten zufolge „schneller als wir“, sagte Guterres. Um die „Lähmung zu durchbrechen“, sei eine stärkere Führung von Politikern, Unternehmen, Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit notwendig. Gutteres zufolge weigern sich zu viele Staats- und Regierungschefs weiterhin „zuzuhören“, und „viel zu wenige haben mit der Vision gehandelt, welche die Wissenschaft erfordert“.