Hauptquartier der türkischen Zentralbank in Ankara
Reuters/Umit Bektas
Lira-Krise

Türkische Zentralbank setzt sich durch

In der Türkei hat sich die Zentralbank in Ankara am Donnerstag dazu entschlossen, den Leitzinssatz deutlich zu erhöhen, und sich damit gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan gestellt. Die Zinsentscheidung galt als Test für die Unabhängigkeit der türkischen Währungshüter. Die Türkei steckt seit Monaten tief in einer Währungskrise.

Die Notenbank Türkiye Cumhuriyet Merkez Bankasi (TCMB) erhöhte den Leitzinssatz nun sogar deutlich: von 17,75 auf 24 Prozent bzw. um 625 Basispunkte. Die Erhöhung fiel stärker aus als erwartet. Zuvor war mit 22 Prozent gerechnet worden. Die Zinspolitik sorgte in den letzten Monaten immer wieder für Differenzen zwischen der Zentralbank und Staatspräsident Erdogan.

Erdogan attackiert erneut Zentralbank

Nur wenige Stunden vor ihrer Sitzung am Donnerstag hatte Erdogan die Notenbank nochmals attackiert. Er wies ihr die Schuld an steigenden Preisen im Land zu und forderte eine Senkung des Leitzinssatzes. Die Folge war vorerst ein neuer Kursrutsch der Landeswährung Lira. Die Zinsen seien „der Grund und die Inflation die Folge“, sagte Erdogan. Wer das Gegenteil glaube, habe „nichts verstanden“.

Zinsen als „Instrumente der Ausbeutung“

Ökonomen drängen seit Monaten auf eine deutliche Anhebung der Leitzinsen, um den Anstieg der Inflation und den Verfall der Währung zu stoppen, doch Erdogan war bisher immer strikt dagegen. Am Donnerstag bezeichnete er Zinsen generell als „Instrumente der Ausbeutung“. Seine Vorbehalte gegen Zinsen blieben, allerdings sei die Zentralbank unabhängig und treffe ihre eigenen Entscheidungen, versicherte Erdogan. Die Sorge, er könnte sich in die Währungspolitik einmischen, hatte die Krise der Lira in den letzten Monaten noch verschärft.

Die Sitzung der TCMB Donnerstagmittag galt folglich als eine Art Nagelprobe, die britische „Financial Times“ („FT“) nannte sie einen „Test“ für deren Unabhängigkeit von der Politik. Der Grund: Dass die Notenbank angesichts der rasanten Talfahrt der Landeswährung und einer Inflationsrate von zuletzt beinahe 18 Prozent lange „nichts unternommen“ habe, sei ein mögliches Indiz dafür, dass der Präsident die Währungshüter an die Kandare genommen habe. Erdogan regiert – besonders seit dem gescheiterten Putschversuch im Sommer 2016 – zunehmend autoritär.

Eine Frage der Unabhängigkeit

Mit der aktuellen Zinsentscheidung hat die Zentralbank in Ankara ihre Glaubwürdigkeit zumindest zum Teil wiederhergestellt. Deutlichstes Indiz dafür: Der Kurs der Lira legte in einer ersten Reaktion deutlich zu, der Dollar verlor gegenüber der türkischen Landeswährung fast sechs Prozent an Wert. Trotzdem zeigten sich internationale Investoren auch nach der Leitzinserhöhung noch skeptisch, wie Rundrufe der Nachrichtenagentur Reuters zeigten.

Die „FT“ verwies auch auf die Folgen der türkischen Währungskrise (und der in Argentinien) für andere Schwellenländer bzw. Emerging Markets. In deren Fahrwasser sei es zu einem „Abverkauf“ in Ländern wie Südafrika und Indonesien gekommen. In der Türkei könnte es in den nächsten Monaten für Banken und Unternehmen kritisch werden. Die Auslandsverschuldung ist hoch, je mehr die Lira an Wert verliert, desto schwieriger wird es für sie, Darlehen zurückzuzahlen.