Die Ausstellung „Pink: The History of A Punk, Pretty, Powerful Color“ im Museum des New Yorker Fashion Institute of Technology (FIT) versucht anhand von Modellen der Haute Couture aus der Modegeschichte -gegenwart den Farbton in ein anderes Licht zu rücken.
„Nur zwei Prozent der befragten Personen in Europa mögen den Farbton. Es ist die zweitunbeliebteste Farbe nach Braun“, sagte Valerie Steele, Direktorin des FIT-Museums. Pink sei nicht seriös, lenke von der Realität ab, sei etwas für Träumer. Die Gegner und Gegnerinnen des Pinken mögen viele Gründe haben, sich von der Farbe abzuwenden. Steele ist jedoch überzeugt, dass die Farbe häufig missverstanden wird.

Überholte Weiblichkeit
„Ich möchte den Menschen klarmachen, dass es keine einheitliche Vorstellung von Pink gibt“, erklärte Steele. Wir befänden uns in einer Periode, in der die Verknüpfungen mit dem Rosafarbenen überholt, und das alte, „schön-feminine“ Pink der 50er bis 80er Jahre für unsere Generation nicht mehr angemessen sei, so die Direktorin weiter. Die Künstlerin, Kunstprofessorin und Autorin des Buches „Rosa – die entblößte Farbe“, Barbara Nemitz, die sich bereits seit 1972 mit dem Farbton beschäftigt, ist ähnlicher Meinung. Es sei wichtig, der Farbe mehr zugestehen als bisher.
„Im Titel (der Ausstellung, Anm.) wurde Rosa mit ausgesuchten Attributen versehen. Sie zeigen die Seiten der Farbe, die ihr eher nicht zugetraut wurden. Sie war lange eine verschmähte Farbe und galt als schwach, naiv, kindlich, proletarisch. Niemand möchte sich mit diesen Eigenschaften identifizieren", erklärte Nemitz gegenüber ORF.at. Diese Konnotationen von Rosa seien jedoch weiterhin nicht verloren gegangen. Rosa sei immer noch eine ambivalente Farbe, die herausfordernd wirkt. „Damit wird jetzt ein Spiel getrieben“, so die Autorin.
Mehr als nur weiblich
Um die Entwicklung der Farbe in der Mode besser verstehen zu können, widmen sich zunächst 35 der 80 Ausstellungsstücke dem traditionell Femininen. Sie stammen aus dem 19. Jahrhundert, einer Zeit, in der die Verweiblichung der Farbe ihre Anfänge nahm. Mit dezentem Rosa versehene Rokoko-Gewänder sollen illustrieren, wie die unterschiedlichen Schattierungen von Rosa immer wieder in Mode und aus der Mode kamen und dabei unterschiedliche Vorstellungen von Weiblichkeit hervorriefen.
Zur Schau treten noch Cocktailkleider aus den 1920ern, Abendroben aus den 50ern und ein 1980 geschneiderter neonpinker Power-Suit von Claude Montana an. Zusätzlich erwarb das Museum viele zeitgenössische Stücke aus Kollektionen der letzten Jahre, von Designern und Designerinnen wie Comme des Garcons, Dior, Gucci und Elsa Schiaparelli. Nicht wenige davon wurden dem Museum auch kostenlos zur Verfügung gestellt.
Eine Haube für die Gleichberechtigung
Zwischen Kleidern und Roben befindet sich im FIT auch ein „Pussyhat“. Diese pinkfarbene Strickhaube wurde jüngst gezielt als Zeichen des Widerstands eingesetzt. Tausende Demonstranten und Demonstrantinnen trugen letztes Jahr beim „Marsch der Frauen“ in Washington diese Haube, um für Frauenrechte einzustehen und auf die sexistischen Äußerungen von US-Präsident Donald Trump anzuspielen. Die Schau widmet sich aber nicht nur der Mode – sondern fokussiert sich auch auf besonders stark gegenderte Gegenstände wie Puppen und andere Spielsachen.
International zeigen sich allerdings große Unterschiede, wie Rosa wahrgenommen wird, erklärt Steele. Im Gegensatz zu Europa stehe Rosa etwa in Japan an dritter Stelle der beliebtesten Farben. In Indien werde der Farbton traditionell sowohl von Frauen als auch von Männern getragen. Und auch dort wird Rosa als Protestfarbe eingesetzt. Ein Zusammenschluss indischer Frauen, der sich für Frauenrechte und gegen soziale Ungerechtigkeit einsetzt, nennt sich „Gulabi Gang“. „Gulabi“ bedeutet rosa und wurde von der Gründerin gewählt, da sie nicht von einer politischen Gruppe oder Partei verwendet wird.
„Keine Farbe der harten Fakten“
„Die Ambivalenz der Farbe entsteht durch den Widerspruch, die gesellschaftlichen Normen mit persönlichen Empfindungen in Einklang zu bringen“, schildert Nemitz. Denn Rosa löse intensive Gefühle aus, aber es sei keine Farbe der harten Fakten. „In einer Geschäftswelt, in der Seriosität dargestellt werden soll, sucht man sie vergebens – sie wirkt nicht vertrauenserweckend.“
Außerdem komme der Farbton nur selten in der Natur vor. „Das Exotische ist das Besondere, das uns fesselt und fasziniert.“ Die Farbe sei flüchtig: „Rosa Wolken sind nur kurz zu sehen, rosa Blüten welken schnell. Wir können diese Momente nicht festhalten – es sind vergängliche Momente des ‚zu schön, um wahr zu sein‘“, resümiert die Kunstprofessorin.
Ausstellungshinweis
„Pink: The History of A Punk, Pretty, Powerful Color“, Museum des Fashion Institute of Technology, New York, bis 5. Jänner 2019
Pretty in Pink
Trotz seiner generellen „Unbeliebtheit“ beherrschte Pink die Mode der vergangenen Saisonen. Bereits 2016 bezeichnete der Fashion-Blog des „New York Magazine“, „The Cut“, die Instagram dominierenden Pinkschattierungen als „Millennial Pink“. Kleider, Schuhe, Taschen und vieles mehr in Lachs- und Pfirsichrosa überschwemmten Geschäfte und Soziale Netzwerke, vom Hype um die Farbe waren nicht einmal Toilettensitze ausgenommen.
Ein Jahr später widmete sich „The Cut“ der Frage, warum das „Millennial Pink“ sich immer noch halte. Pink lasse sich gut verkaufen, erläutert Lauren Schwartzberg in ihrem Artikel; außerdem sei es ein anderes Pink, eines, das sich von der Last des mädchenhaften befreit habe und in eine genderneutrale Modewelt passe. Auch Steele glaubt, dass Pink in Erscheinung trat, weil „viele junge Menschen die Klischees, die mit der Farbe verbunden sind, ablehnen“. Sie würden sich von der Vorstellung entfernen wollen, Pink sei eine dumme, unseriöse, übersexualisierte oder infantile Farbe.
„Das Ghetto ist größer geworden“
Trotz der unbestrittenen Präsenz des „Millennial Pink“ werde die Farbe immer noch unterschätzt, ist Nemitz überzeugt: „Die Gesellschaft findet immer eine Leerstelle, die zu ihr passt. Rosa, das immer da war, wurde aus dem Nischendasein einer belächelten Farbe herausgezogen. Aber wohl gemerkt vor allem für die weiblichen Mitglieder der Gesellschaft. Das sollte zu denken geben. Das Ghetto ist also größer geworden, mehr nicht“, argumentiert Nemitz.
Die Akzeptanz von Rosa sei zwar gestiegen, nach wie vor existierten aber die alten Vorurteile. Pinke Kleidung finde in der Männerwelt beispielsweise weiterhin keinen Zuspruch. Nemitz: „Jeder sollte verschieden sein können, jedoch nicht die anderen gering schätzen. Mir kommt es auf die Wertschätzung mehrerer Rosa zugesprochenen Eigenschaften an. Konnotationen wie schwach, niedlich und verletzlich sind nicht nur negativ zu bewerten, sondern gehören zum Leben und sind an manchen Stellen sinnvoll.“