Flüchtlinge
Reuters/Yiannis Kourtoglou
„Schutz ausgehöhlt“

NGOs warnen vor EU-Asylplänen

Die fünf großen österreichischen Hilfsorganisationen Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe warnen angesichts der Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform des europäischen Asylsystems vor einer Aushöhlung des Flüchtlingsschutzes.

Die Pläne dürfen „nicht dazu führen, dass der Flüchtlingsschutz in Krisen- und Transitstaaten außerhalb der EU verlagert wird“, sagte BAG-Vorsitzender und Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter am Donnerstag. Die fünf großen Hilfsorganisationen sind in der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) zusammengeschlossenen. Sie haben ihre Forderungen in einem bereits im Juli ausgearbeiteten Positionspapier zusammengestellt, das am Donnerstag bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten präsentiert wurde.

„Wir wollen verbessern, nicht verschlechtern“

Anlass für die Initiative sei der derzeitige österreichische EU-Ratsvorsitz, erörterte Wachter. Er verwies auch auf den informellen EU-Gipfel am 19. und 20. September in Salzburg, bei diesem werde das Thema Asyl im Mittelpunkt stehen. Die Vorschläge der EU-Kommission zu einem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) könnten zwar zu einer Vereinheitlichung, aber auch zu einer Verschlechterung der Asylstandards führen, so die Befürchtung der BAG.

Es müsse aber ein „Günstigkeitsprinzip“ gelten, sagte Wachter. „Wir wollen verbessern, aber nicht verschlechtern.“ Darüber hinaus verwies er auf die Forderung der NGOs nach einem Ausbau der Umsiedelungsprogramme von Flüchtlingen (Resettlement) in Europa. An die Verantwortlichen in Österreich appellierte er, dass das bestehende Programm weitergeführt werde.

Gegen Schubhaft für Kinder und Jugendliche

Volkshilfe-Chef Erich Fenninger kritisierte vor allem die Kommissionsvorschläge im Bereich der Minderjährigen: Diese würden vorsehen, dass Kinder und Jugendliche in Schubhaft genommen und unbegleitet in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können, „auch dann, wenn dort keine Familie auf sie wartet“. Das sei ein „unglaublicher Eingriff in die Kinder- und Jugendrechte“ und „letztlich ein Verbrechen an Kindern und Jugendlichen“. „Wir sind mehr als besorgt ob der Entwicklung, die wir in Europa sehen“, sagte er.

Ein dezidiertes Nein der BAG gibt es zum Vorschlag der Kommission, dass bei jedem Asylantrag als Erstes und vorrangig (und verpflichtend) geprüft werden soll, ob nicht schon auf der Fluchtroute ausreichender Schutz in einem „sicheren Drittstaat“ oder einem „ersten Asylstaat“ gewährt werden kann. Ein solches „Zulässigkeitsverfahren“ würde verhindern, dass Schutzsuchende schnell den benötigten Schutz erhalten.

„Hotspots“-Konzept „gescheitert“

Schließlich müssten dann alle eingereisten Asylwerber und -werberinnen an den EU-Außengrenzen untergebracht werden, heißt es im Papier: „Im schlimmsten Fall ist zu befürchten, dass die Unterbringung in geschlossenen Aufnahmeeinrichtungen oder in Haftzentren erfolgt.“

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser sagte dazu, ein Blick auf die Lage auf der griechischen Insel Lesbos zeige, dass das Konzept derartiger Zentren („Hotspots“) gescheitert sei. Moser äußerte auch die Sorge, dass die Liste der „sicheren Drittstaaten“ ausgeweitet werden könnte. Ein Staat sei aber nur dann sicher, wenn er Menschen Schutz im Rahmen der Genfer Konvention bieten kann, betonte sie.

Auch die Pläne, scharfe Sanktionen bei Weiterwanderung von Geflüchteten (Sekundärmigration) anzuwenden, kritisiert die BAG. Die Betroffenen würden dennoch weiterreisen und dann „dauerhaft als U-Boote“ leben, was wiederum die Gefahr weiterer Ausbeutung bringen würde, so Moser. Hier fordert die BAG gleichwertige, existenzsichernde Aufnahme-, Verfahrens- und Integrationsstandards in allen Mitgliedsstaaten.

Recht auf Familienzusammenführung verteidigt

Außerdem brauche es ein Verteilungssystem, das „auf persönliche Bedürfnisse und Anknüpfungspunkte“ Rücksicht nimmt, heißt es im Positionspapier. Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer verwies in diesem Zusammenhang auf das Recht auf Familie: Das Recht auf Familienzusammenführung im Rahmen des Dublin‐Verfahrens müsse innerhalb der EU „vollumfänglich umgesetzt werden“, so die Forderung der Hilfsorganisationen.