Hohe Wellen an einem Kai in North Carolina
AP/Observer/Travis Long
Fluten, Stromausfälle

Hurrikan „Florence“ trifft US-Ostküste

Die US-Ostküste befindet sich im Alarmzustand: Der Hurrikan „Florence“ ist am Freitag mit voller Wucht auf die Südostküste der USA getroffen. Vorboten des Hurrikans waren starke Windböen, heftige Regenfälle und erste Überschwemmungen. In mehr als 490.000 Haushalten fiel bereits der Strom aus. Zwei Menschen wurden getötet.

Einsatzkräfte bemühten sich am Freitag, Hunderte Menschen aus von Wasser umschlossenen Häusern zu retten. Videoaufnahmen etwa aus der Küstenstadt New Bern im Bundesstaat North Carolina zeigten Parkplätze, die sich in Seenlandschaften verwandelt hatten. Am Neuse-Fluss in New Bern wurde dem US-Hurrikan-Zentrum (NHC) zufolge eine Überflutung von drei Meter Tiefe gemessen. Zwischen 150 und 200 Menschen wurden in der Stadt aus den Überschwemmungszonen befreit, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Weitere 150 Menschen warteten dort noch auf ihre Rettung.

Mutter und Kleinkind starben

In der US-Stadt Wilmington forderte der Wirbelstrum zwei Menschenleben. Nach dem Sturz eines Baumes auf ein Wohnhaus starben eine Frau und ihr Kleinkind, wie die Polizei in Wilmington am Freitag mitteilte. Der Vater des Kindes wurde mit erheblichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Anderen Medienberichten zufolge sind bereits vier Menschen ums Leben gekommen.

„Florence“ traf mit Windgeschwindigkeiten von 150 km/h auf die Küste und schleuderte bei seiner Ankunft nahe der US-Stadt Wrightsville Beach im Bundesstaat North Carolina Straßenschilder und Müll durch die Luft. Nach Angaben von US-Medien wurden in der im selben Bundesstaat gelegenen Stadt Jacksonville mehr als 60 Menschen aus einem Hotel gerettet, das unter der Wucht des Sturms einzustürzen droht. „Der Sturm richtet Verwüstungen in unserem Staat an“, sagte Gouverneur Roy Cooper bei einer Pressekonferenz. „Wir sind zutiefst besorgt, dass ganze Ortschaften ausradiert werden könnten.“

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Freiwillige Helfer evakuieren Personen mit einem Boot
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In der Stadt James City, nahe New Bern, werden Menschen aus den Fluten gerettet
Feuerwehrleute auf der Ladefläche eines Lastwagens, der auf einer überschwemmten Straße fährt
APA/AFP/Getty Images/Chip Somodevilla
Am Neuse-Fluss bei New Bern wurde eine Überflutung von drei Meter Tiefe gemessen
Satellitenaufnahme des Hurrikans Florence
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Satellitenaufnahme des Hurrikans, der sich nur sehr langsam vorwärts bewegt
Frau mit wehenden Haaren
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Bewohnerinnen und Bewohner bekommen mit Windböen bereits erste Vorboten des Hurrikans zu spüren
Beschädigte Markise eines Diners in Myrtle Beach (North Carolina)
APA/AFP/Getty Images/Joe Raedle
Windböen sorgten für Verwüstung in der Küstenstadt Myrtle Beach
Zwei Männer beladen ein Auto auf einer überschwemmten Straße
APA/AFP/Getty Images/Chip Somodevilla
Aufgrund der Fluten mussten Menschen in der Nacht ihre Häuser verlassen

Schwach, aber gefährlich

„Florence“ schwächte sich zwar zum Hurrikan der Stärke eins ab, wurde aber keineswegs weniger gefährlich. Mit nicht einmal zehn km/h bewegte er sich extrem langsam vorwärts, so das Hurrikan-Zentrum. Das bedeutet aber, dass das Zentrum des Sturms mit starkem Wind und ergiebigen Regenfällen besonders lange über der Küstenregion bleiben dürfte. Das NHC stufte „Florence“ zum Tropensturm herunter, nachdem die Geschwindigkeit auf unter 120 km/h nachgelassen hat.

In einigen Regionen könne bis zu ein Meter Regen fallen, erklärte das NHC. Damit drohten „katastrophale Springfluten und lang anhaltende Hochwasserstände in den Flüssen“. Die Katastrophenschutzbehörde (FEMA) warnte, „Florence“ werde in den kommenden 24 bis 36 Stunden eine „bedeutsame Bedrohung“ bleiben. Die Situation werde sich in den nächsten Stunden und Tagen drastisch verschlechtern, sagten die Meteorologinnen und Meteorologen. Mehr als 1.300 Flüge wurden laut dem US-Sender CNN bereits gestrichen.

Zwei Personen überqueren in New Bern (North Carolina) eine überschwemmte Straße
Reuters/Eduardo Munoz
Ausläufer des Hurrikans „Florence“ haben die Ostküste erreicht und erste Fluten gebracht

Fünf Millionen Menschen in Gefahr

Als eine der ersten Gegenden wurde der Nationalpark Outer Banks getroffen, eine dem Festland vorgelagerte Insel im Bundesstaat North Carolina. In Emerald Isle in North Carolina stand das Wasser nach Angaben des NHC in der Nacht auf Freitag bis zu zwei Meter hoch.

Karte vom Verlauf des Hurrikans „Florence“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/NOAA

Insgesamt könnten fünf Millionen Menschen in einem riesigen Einzugsgebiet im gesamten Südosten der USA von Überschwemmungen betroffen sein. Sturmfluten, die vom Ozean in die Flüsse und damit ins Hinterland drängen, sowie ergiebiger Regen könnten gemeinsam große zerstörerische Kraft entfalten. In einigen Regionen könne bis zu ein Meter Regen fallen, erklärte das NHC zuvor. In Teilen North Carolinas werden zudem Tornados erwartet.

Der TV-Kanal Weather Channel präsentierte im Vorfeld eine Augmented-Reality-Grafik, die hinter dem Moderator den virtuell ansteigenden Wasserpegel zeigte. Darin ist zu sehen, dass Menschen etwa bereits bei einer Wasserhöhe von 91 Zentimetern von den Wassermengen mitgerissen werden.

Hunderttausende verließen Häuser

Während einige teils auch auf Inseln ausharrten und mit Hilfe von Notstromaggregaten und Vorratshaltung durchzukommen versuchen, verließen Hunderttausende in den vergangenen Tagen bereits ihre Häuser. In der Hauptstadt Washington wurden wichtige politische Entscheidungen im Senat und im Abgeordnetenhaus verschoben.

In der Nähe der Stadt Wilmington nahm der Stromversorger Duke Energy ein Kernkraftwerk vorsorglich vom Netz. Das Energieunternehmen erwartete für North und South Carolina Stromausfälle in einem bis drei Millionen Haushalten. Es könne Tage oder gar Wochen dauern, bis das Stromnetz wiederhergestellt sei.

Trump: „Spielt keine Spielchen mit ihm“

Mit Georgia, South Carolina, North Carolina, Virginia und Maryland haben fünf US-Bundesstaaten sowie der District of Columbia um die Hauptstadt den Notstand ausgerufen. „Spielt keine Spielchen mit ihm. Er ist groß“, hatte US-Präsident Donald Trump in einer Videobotschaft an die Küstenbewohnerinnen und -bewohner über den Wirbelsturm gesagt.

Überschwemmungen an der US-Ostküste

Windböen und Überschwemmungen suchen die Küste der US-Bundesstaaten Virginia und North Carolina heim.

Die Gebiete entlang der südlichen US-Atlantikküste gleichen schon seit Mittwoch Geisterstädten. Fenster und Türen wurden verbarrikadiert, Geschäfte und Supermärkte geschlossen, Hotels schickten ihre Gäste zurück. US-Medien verglichen „Florence“ schon vor seiner Ankunft mit dem Sturm „Katrina“, der 2005 Tod und Schrecken über die Südstaaten gebracht hatte.