Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
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Deutscher Verfassungsschutz

Zeitung: Merkel für Maaßen-Rücktritt

Laut einem Bericht der deutschen „Welt“ hat sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu entschieden, dass Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen gehen muss. Die Zeitung beruft sich dabei auf Regierungskreise. Merkel sei der Auffassung, der Behördenleiter sei nicht mehr tragbar, weil er sich in die Tagespolitik eingemischt habe.

Die deutsche Kanzlerin habe führenden Mitgliedern ihrer Koalition am Wochenende in Telefonaten signalisiert, dass sie Maaßens Ablösung erreichen wolle, berichtete die Zeitung am Montag unter Berufung auf Koalitionskreise weiter. Die Ablösung des Geheimdienstchefs solle in jedem Fall erfolgen, unabhängig davon, wie sich sein Dienstherr, der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU), dazu stelle.

SPD sieht Merkel auf ihrer Seite

Die deutsche Regierung lehnte am Montag eine Stellungnahme zu dem „Welt“-Bericht ab. In Regierungskreisen hieß es in Berlin lediglich, nach wie vor gelte die Position Merkels vom Freitag. Dabei hatte sie auf ein Spitzengespräch, das am Dienstag stattfinden soll, verwiesen und betont, dass an der Personalie eines Präsidenten einer nachgeordneten Behörde die Große Koalition nicht zerbrechen werde.

Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen
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Der deutsche Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen

„Es ist ein gutes Signal, wenn die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende der CDU diese Haltung der SPD offenkundig teilt“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner der „Welt“. Auch der Linke-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch nannte eine Entlassung „überfällig“ und „absolut notwendig“.

Umstrittene Äußerungen Maaßens als Auslöser

Maaßen hatte mit umstrittenen Äußerungen zu den Vorkommnissen in der ostdeutschen Stadt Chemnitz für Aufregung gesorgt. Er hatte in einem Interview gesagt, seinem Amt lägen keine belastbaren Informationen über rechte Hetzjagden bei den Ausschreitungen in der Stadt vor. Auch gebe es keine Belege dafür, dass ein im Internet kursierendes Video dazu authentisch sei. Merkel hatte hingegen sehr wohl von Hetzjagden gesprochen.

Demonstration in Chemnitz
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Die erste Demonstration von Rechtsgerichteten, Rechtsextremen und Neonazis in Chemnitz am 27. August

In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylberber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat war es zu Demos von Rechtsgerichteten, Neonazis, Gegnern der Flüchtlingspolitik sowie zu Gegenprotesten gekommen. Dabei kam es auch zu fremdenfeindlichen Übergriffen.

Seehofer sprach Maaßen das Vertrauen aus

Merkels Große Koalition ist derzeit wegen des Streits über Maaßen erneut in der Krise. Während die Sozialdemokraten (SPD) einen Rücktritt Maaßens fordern, steht Seehofer bisher auf der Seite des Spitzenbeamten. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte am Wochenende gesagt: „Herr Maaßen muss gehen, und ich sage euch, er wird gehen.“ Seehofer hatte dagegen am Samstag betont, er sehe keinen Grund für eine Entlassung des Verfassungsschutz-Präsidenten. Die „Welt“ berichtete unter Berufung auf Unionspolitiker nun, Maaßen habe diesen gesagt, dass Seehofer seinen eigenen Sturz für den Fall erwarte, dass Maaßen gehen müsse.

Wie die dpa aus Koalitionskreisen erfuhr, wird derzeit noch nach einer Kompromisslösung gesucht, die auch Seehofer zufriedenstellt. Medienberichte, wonach die SPD im Gegenzug zum Maaßen-Abgang im deutschen Bundesrat weitere Stimmen für den Gesetzesentwurf zur Einstufung von Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien als sichere Herkunftsländer für Asylwerber organisieren könnte, entbehrten allerdings jeder Grundlage, hieß es.