Abschaffung juristischer Privilegien in Spanien

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez will die in der Verfassung des Landes verankerten rechtlichen Privilegien von Politikern und Politikerinnen, Mitgliedern der königlichen Familie und hochrangigen Beamten und Beamtinnen abschaffen, die sie vor Korruptionsanschuldigungen schützen können. Die Maßnahme sei notwendig, „um das Vertrauen der Leute in die Politik wiederherzustellen“, sagte Sanchez heute in Madrid.

Die Reform könnte bereits 60 Tage nach ihrer Verabschiedung in Kraft treten, fügte der Regierungschef hinzu. Für eine Änderung der Verfassung bräuchte Sanchez’ sozialistische Partei PSOE allerdings eine Drei-Fünftel-Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Seine Minderheitsregierung verfügt aber nur über 84 Sitze im 350 Mandate umfassenden Unterhaus.

Der Ministerpräsident brauchte für seine Reform also die Stimmen der konservativen Partido Popular (PP), die er im Juni mit einem Misstrauensvotum gegen seinen Vorgänger Mariano Rajoy von der Macht verdrängt hatte.

250.000 Menschen durch „Aforamiento“ geschützt

Das „Aforamiento“ (Verleihung von Sonderrechten) genannte System juristischer Privilegien soll Spaniens Parlamentarier sowie Parlamentarierinnen und andere Amtspersonen vor falschen Beschuldigungen schützen. Sie können nur von Spaniens Oberstem Gerichtshof verurteilt werden. Ursprünglich galt die Regelung nur für den Ministerpräsidenten und eine Handvoll anderer Beamter.

Über die Jahre wurde ihr Geltungsbereich auf Richter und Richterinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, die Polizei und weitere Amtspersonen ausgeweitet. Nach Angaben von Spaniens Oberstem Richter Carles Lesmes schützt das System derzeit rund 250.000 Menschen vor allgemeiner Strafverfolgung.

In Spanien wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe von Bestechungsskandalen aufgedeckt, von denen unter anderem politische Parteien, die königliche Familie, Fußballer und Gewerkschaften betroffen waren.